Der Laden Ascawo (li.) an der Hirschstraße fühlt sich von der Stadt im Stich gelassen. Foto: Martin Haar

Der Möbelhändler Ascawo in der Hirschstraße klagt, dass sein Laden nicht beliefert werden könne. Im Gegensatz zur Königstraße darf auf der unteren Hirschstraße nicht be- und entladen werden. Das beträfe demnächst auch das Outlet von Zalando.

Stuttgart - Die gute Seele des Ladens ist in Rage. Und doch versteht man sie kaum. Der Presslufthammer, der sich seit etlichen Monaten in das ehemalige Europahaus in den Beton frisst, erstickt die Klage der Verkäuferin von Ascawo an der Hirschstraße 24. Als der Lärm kurz pausiert, meint sie: „Als ob wir und unsere Kunden nicht schon genug wegen des Baulärms leiden, schmeißt die Stadt uns auch noch Knüppel zwischen die Beine.“

Seit elf Jahren betreibt Benedict Ireland das Einzelhandelsgeschäft Ascawo mit Möbeln und Accessoires in der City. „Aber mir wird zunehmend das Leben schwer gemacht, meinen eigenen Laden mit Ware zu beliefern.“

Hintergrund: Auf der unteren Hirschstraße, in der sich Irelands Laden befindet, ist zu keiner Tages- und Nachtzeit der Lieferverkehr freigegeben. Weil der Laden über eine schmale Gasse an der Neuen Brücke von hinten angefahren werden kann, darf die Fußgängerzone nicht genutzt werden. Das Problem ist nur: Die Zufahrt zum Hinterausgang des Ladens verläuft durch eine schmale Häuserschlucht. Und der Hof ist meistens zugeparkt. „Wenn Sie da mit einem Sprinter rein- und wieder rauskommen, wären Sie der Erste“, scherzt die Ascawo-Verkäuferin. Ihr Chef Ireland ergänzt: „Noch können die Waren nicht fliegen und müssen irgendwie in den Laden gelangen.“

Ladezone ist ständig zugeparkt

Weil die Stadt vor Monaten doch Verständnis für die Nöte des Händlers hatte, installierte sie vor einigen Monaten eine Zone zum Be- und Entladen an der Ecke Hirschstraße/Neue Brücke. „Doch diese Zone ist permanent und ausnahmslos zugeparkt“, sagt der Einzelhändler. „Die Mitarbeiter der Verkehrsüberwachung sind zwar ständig am kontrollieren und verteilen fleißig Strafzettel, was uns aber wenig hilft.“

Und selbst wenn die Zone nicht von Autos zugeparkt wäre, so Ireland, hätte er nichts davon: „Paradoxerweise handelt es sich bei der Lieferzone um einen Bereich mit eingeschränktem Halteverbot, was bedeutet, dass Be- und Entladen unter drei Minuten erlaubt ist. Es ist schlichtweg nicht machbar, in einer solch kurzen Zeit einen voll beladenen Transporter zu entladen und die Ware zum Laden zu tragen.“ Erschwerend käme hinzu: „Ein Schwerpunkt unseres Sortiments sind auch Möbel, welche bis zu 150 Kilogramm wiegen. Hier ist es ausgeschlossen, dass diese durch die halbe Hirschstraße getragen werden.“

Nicht zuletzt ist für Benedict Ireland nicht nachvollziehbar, warum beispielsweise auf der Königstraße und in anderen Fußgängerzonen der Lieferverkehr bis 11 Uhr Zufahrt habe, es aber auf der Hirschstraße selbst spät in der Nacht Strafzettel in Höhe von 30 Euro gebe. Ireland: „Es kann nicht angehen, dass einem Einzelhändler, der ohnehin keinen leichten Stand hat, mit solchen Maßnahmen das Leben unnötig schwer gemacht wird.“

„Dramatisch“ gesunkene Passantenfrequenz

Auf der Hirschstraße, deren Bild von Baustellen dominiert wird, kämpft nicht nur Ireland ums Überleben. Auch andere Händler klagen über „dramatisch“ gesunkene Passantenfrequenzen. „Die Stadt Stuttgart sollte froh sein, dass es überhaupt noch kleine Einzelhändler gibt, die gewillt sind, in der Innenstadt ein Geschäft betreiben, was zur Individualität und Attraktivität einer Stadt beiträgt“, sagt der Einzelhändler. „Heute ist es doch wesentlich einfacher, ein Geschäft auf der grünen Wiese zu betreiben oder ins Internet abzuwandern.“

Benedict Ireland ist nun gespannt, was passiert und wie sich die Stadt Stuttgart zur Sache äußert. Denn Ende Juni eröffnet Zalando als Nachbar sein Outlet an der Hirschstraße. Gut möglich, dass der große Onlinehändler mehr Macht hat, als das kleine Ascawo und bei der Stadt eine Verbesserung der Situation für den Handel erwirkt.