Philip Schückle bestreitet am Samstag gegen den TSV Schmiden sein letztes Spiel für den SV Leonberg/Eltingen – der Kreisläufer ist auf dem Spielfeld ein unangenehmer Gegenspieler, aber sonst ein angenehmer Zeitgenosse.
Typisch Schückle. Diese zwei Worte sind ganz bestimmt nicht nur einem Handball-Fan des SV Leonberg/Eltingen durch den Kopf gegangen. Kurz davor hatte Philip Schückle im Spiel gegen den TSV Wolfschlugen die Rote Karte gesehen, nachdem er sich drei Zeitstrafen gesammelt hatte. „Ich spiele immer am Limit“, erklärt er, „in 80 Prozent der Fälle geht es in den Zweikämpfen gut, in 20 Prozent eben nicht.“
Besonders blöd nur, dass die Partie am vergangenen Samstag das letzte Heimspiel des Philip Schückle war, sein letzter Auftritt im Wohnzimmer der Leonberger Handballer – und dass sein Abschied vom Spielfeld damit schon 17 Minuten vor der Schlusssirene passierte und vor allem dass er unfreiwillig gewesen ist. „Das war so nicht geplant“, sagt der 34-Jährige, „aber so ist der Sport eben.“ Unberechenbar. So wie Schückle auch.
Das verwundert niemanden, der den Handball kennt und liebt. Der Mann ist Kreisläufer, und als solcher darf man weder psychisch noch physisch zartbesaitet sein – und einen weichgespülten Charakter besitzen, das geht gar nicht. „Zugegeben“, sagt Philip Schückle, „auf dem Spielfeld benehme ich mich manchmal wie ein kleines Arschloch.“ Soll heißen: Da wird körperlich wie verbal schon mal (auch unter der Gürtellinie) ausgeteilt, da wird gelegentlich provoziert, kurzum: Es wird mit allen Mitteln gearbeitet. „Aber ich kämpfe fair“, betont der Wühler am Kreis. Ob seine Gegenspieler in der Württembergliga diesen Satz unterschreiben würden, darf zumindest bezweifelt werden.
Trainer Cicione schätz den Kreisläufer
Der Mann ist ein bisschen wie Dr. Jekyll und Mister Hyde, und er weiß das sehr wohl. „Sobald ich im Spiel bin, wird bei mir ein Schalter umgelegt“, beschreibt er seine Verwandlung zum Handballer, denn als Mensch, das versichert er glaubhaft, sei er ein absolut umgänglicher Zeitgenosse, der nicht mit jedem aneckt, nur weil er ihn nicht freundlich grüßt. „Ich kann mich mit einem Gegenspieler bis aufs Messer bekriegen“, erzählt Schückle, „und nach dem Schlusspfiff ein Bier mit ihm trinken.“
Oliver Cicione weiß, was er an Philip Schückle hat und was er mit ihm als Spieler verliert. „Er ist ein Führungsspieler“, sagt der Chefcoach der Leonberger, „man spürt, ob er auf dem Feld ist oder nicht.“ Cicione schätzt die Einsatzbereitschaft seines Kreisläufers und gibt offen zu: „Jeder, der sich das antut, ist selber schuld. Kreisläufer sind eine besondere Spezies wie die Torhüter.“ Dass die Chemie zwischen beiden stimmt, belegt die Vereinbarung, dass der SV Philip Schückle nach dem Rücktritt als Co-Trainer für die neue Saison verpflichtet hat. „Er kennt das Team, er kommt dort gut an“, sagt Trainer Oliver Cicione, „und auch wir ticken gleich.“
Ein Spiel gegen den SC Magdeburg
Mit den Jahren hat Philip Schückle in Leonberg eine Handball-Heimat gefunden. Im Sommer 2018 tauchte er erstmals im Wohnzimmer im Sportzentrum auf, davor hatte er mit der SG Pforzheim/Eutingen einige Erfolge gefeiert – in der Jugend wurde er süddeutscher Vizemeister, mit den Aktiven stieg er zweimal in die dritte Liga auf. Einer der sportlichen Höhepunkte: Das Spiel im Deutschen Handball-Pokal gegen den SC Magdeburg am 20. Oktober 2010 in der dritten Runde. Der Bundesligist siegte 37:24. Nach Leonberg lotste ihn Tobias Müller. Der war als Trainer aus Pforzheim zum SV gestoßen und brachte Schückle quasi im Schlepptau mit. „Ich hatte erwogen, aufzuhören“, sagt er, „das wollte Tobias nicht zulassen, er hat mich überzeugt zu wechseln.“
Knieprobleme stoppen Schückle
Nun ist die Zeit gekommen, als Kreisläufer adieu zu sagen. Schückle ist sechs Jahre älter geworden, und vor allem ist sein rechtes Knie das auch – in diesem Jahr quälte sich der Routinier durch die Partien, die Schmerzen waren ein steter Gast. In der vergangenen Saison hatte sich der 34-Jährige einen Knorpelriss samt beschädigtem Meniskus bei seinen aufreibenden Handball-Gefechten eingehandelt. Zuvor war er im November 2021 schon einmal am Knie operiert worden.
Das Spiel an diesem Samstag (17.30 Uhr) beim TSV Schmiden wird das Abschiedsspiel für Philip Schückle, beim letzten Heimspiel am 4. Mai (20 Uhr) gegen die SF Schwaikheim ist der Kreisläufer beruflich verhindert. Es wird so manchem Leonberger Handball-Fan fehlen, dieses: „Typisch Schückle!“