Nicht zu halten: Domagoj Duvnjak aus Kroatien (links) Foto: AFP

Der kommende deutsche WM-Gegner Kroatien hat herausragende Handballer in seinen Reihen. Dennoch wird die Mannschaft vor dem Spiel gegen Deutschland umgebaut, um den Kopf der Mannschaft Domagoj Duvnjak zu schonen. Eine sinnvolle Maßnahme?

Köln - Kresimir Kozina gehört gewiss nicht zu den Spielern, die einen Zweikampf scheuen. Der Kroate von Frisch Auf Göppingen ringt um jeden Zentimeter Raum, wirft sich stets mit voller Leidenschaft in die oft wüsten Schlachten am Kreis. Doch wenn er aber über seinen Nationalmannschaftskollegen Domagoj „Dule“ Duvnjak spricht, dann klingt das fast so, als wären er selbst und die anderen muskelbepackten Handballer auf diesem Planeten nur halb so kampferprobt. „Dule hat ein so unglaublich großes Herz, er hat überall am Körper blaue Flecken, weil er immer dahin geht, wo es wehtut. Doch mit dem Anpfiff des nächsten Spiels ist er wieder ein neuer Mann.“

Wie lange hält Duvnjak durch?

Das klingt wie eine Drohung. Denn das nächste Spiel der Kroaten geht an diesem Montag (20.30 Uhr/ZDF) gegen WM-Gastgeber Deutschland über die Bühne. Der Ausgang dieses Hauptrunden-Knallers wird wesentlich von einer Frage abhängen: Wie lange hält Dule Duvnjak durch? Der 30-Jährige ist ja nicht nur das kämpferische Vorbild im Team, der unangefochtene Anführer und „der Coach auf dem Spielfeld“ (Kozina). Er ist auch die Seele des kroatischen Spiels. Er gibt den Rhythmus vor, setzt seine Mitspieler gekonnt in Szene und übernimmt beim Abschluss Verantwortung.

„Sein Wurfrepertoire ist faszinierend. Er kann aus jeder Lage werfen. Und wenn er mit seiner Athletik gegen die Hand in die Deckung geht, ist er kaum zu stoppen. Auch im erweiterten Gegenstoß ist sein Timing sensationell“, sagt Daniel Stephan, der deutsche Welthandballer von 2008, über Duvnajk, den Welthandballer von 2013.

Knie-OP zwang ihn bei der Heim-EM zur Aufgabe

Aber wie lange hält Duvnjak durch? Eigentlich ist er ein Typ, der nur schwer Nein sagen kann. Als bei der Heim-EM im vergangenen Jahr in Kroatien der Dienst am Vaterland rief, meldete er sich fit. Dabei hatte er noch mit den Nachwirkungen einer Knie-Operation aus dem Frühjahr 2017 zu kämpfen und war alles andere als austrainiert.

Die Folge: Schon in der Vorrunde humpelte das Rückraumass mit einer Wadenverletzung vom Feld. Kroatien landete nur auf einem enttäuschenden fünften Platz, und sein Verein THW Kiel spielte mit einem formschwachen Duvnjak eine unbefriedigende Rückrunde, kam nur auf Platz fünf und qualifizierte sich erstmals nicht für die Champions League. Die Belastungen im zweitklassigen EHF-Pokal sind weitaus geringer, davon profitiert Duvnjak, davon profitiert der THW, davon profitiert die kroatische Nationalmannschaft. Das kommt aber auch seinen Kieler Vereinskollegen Andreas Wolff, Patrick Wiencek, Hendrik Pekeler und Steffen Weinhold entgegen, auf die Duvnjak an diesem Montag trifft.

Das Team wird extra für den Star umgebaut

Keiner der vier Deutschen trägt aber so viel Verantwortung im Nationalteam wie Duvnjak. Weshalb der 1,97-Meter-Mann auch versichert, seine Kräfte besser einzuteilen: „Ich bin keine 20 mehr. Ich werde mehr auf meinen Körper hören. Ich werde also nicht ständig 60 Minuten durchspielen.“ Damit das hehre Vorhaben auch umgesetzt wird, gab es vor dem ersten Hauptrundenspiel gegen Brasilien (bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht beendet) auch einen Wechsel im Kader, zumal der zweite Spielmacher Luka Cindric (Vive Kielce) leicht angeschlagen ist: Für Kozina (einer von drei Kreisläufern im Team) nominierte Trainerlegende Lino Cervar (68) den Rückraumspieler Ivan Sliskovic (27) nach, den Mannschaftskollegen von Kozina beim Bundesligisten Frisch Auf Göppingen.

Natürlich löste dies bei Kozina keine Begeisterungsstürme aus, doch der 28-Jährige räumt auch ein: „Es ist keine Zeit für Egoismen, dieser Tausch im Kader ergibt durchaus Sinn.“ Schließlich geht es darum, Dule Duvnjak zu entlasten, den einzig Unverzichtbaren im Team der Kroaten.