Kampf um jeden Zentimeter: Balingens Christoph Theuerkauf (li.) gegen Niclas Barud (Göppingen) Foto: Baumann

Tag der Handball-Derbys: An diesem Mittwoch sind die vier baden-württembergischen Bundesligisten unter sich. Aufsteiger TVB 1898 Stuttgart empfängt Spitzenreiter Rhein-Neckar Löwen (19 Uhr/Porsche-Arena), Frisch Auf Göppingen den HBW Balingen-Weilstetten (20.15 Uhr/EWS-Arena).

TVB 1898 Stuttgart: Ein weiteres, kleines Kapitel der Erfolgsgeschichte wird fortgeschrieben. Erstmals wird ein Spiel des TVB im frei empfangbaren Fernsehen auf Sport 1 live übertragen. „Das ist für einen Aufsteiger nicht selbstverständlich“, sagt Geschäftsführer Jürgen Schweikardt und freut sich über die bundesweite Aufmerksamkeit: „Das bringt uns Reichweite und ist ein wichtiger Faktor für Sponsoren.“ Die Porsche-Arena wird gegen die Löwen ausverkauft sein, es gibt nur noch wenige Restkarten. Es ist das klassische Duell David gegen Goliath. Das belegen auch zwei Auftritte in dieser Saison: Im DHB-Pokal (18:27) und im Bundesliga-Hinspiel (20:31) hatte das TVB-Team um Spielmacher Michael Schweikardt gegen das internationale Star-Ensemble aus Mannheim nicht den Hauch einer Chance.

„Wir haben nur ein Ziel, das ist, den Abstieg zu verhindern“, stellt Jürgen Schweikardt klar, „dann wollen wir uns die nächsten drei bis fünf Jahre in der Liga etablieren.“ Und danach? „Wenn wir das geschafft haben, können wir über alles reden.“ Jetzt aber darüber zu philosophieren, irgendwann an die Rhein-Neckar Löwen ranzukommen, hält Schweikardt für „nicht realistisch“ – trotz der guten infrastrukturellen Voraussetzungen in der Landeshauptstadt. Rhein-Neckar Löwen: Uwe Gensheimer hat ein großes Ziel. Der Linksaußen der Löwen und Kapitän der Nationalmannschaft möchte sich mit dem erstmaligen Gewinn der deutschen Meisterschaft am Saisonende zu Paris St. Germain verabschieden. Die Chancen stehen punktgleich mit dem THW Kiel (38:6 Punkte) und der um neun Treffer besseren Tordifferenz an der Tabellenspitze gut. Der Vorteil der Löwen: Sie haben jeweils beide Spiele gegen Kiel, gegen die SG Flensburg-Handewitt (Dritter mit 36:8 Punkte) und gegen die MT Melsungen (Vierter mit 34:12 Punkten) bereits hinter sich. Hohe Hürden sind von der Papierform her nur noch die Spiele in Berlin und Wetzlar. Doch Vorsicht: 2013/14 hatte das Team um seinen überragenden Spielmacher Andy Schmid eine ähnliche Ausgangsposition und musste am Ende wegen zwei Toren dem THW zum Titel gratulieren. Deshalb geht es am Mittwoch in Stuttgart nicht nur um die Punkte, sondern auch um jedes Tor.

Bei den Löwen, die auch noch im DHB-Pokal-Final-Four und im ChampionsLeague-Achtelfinale vertreten sind, weiß jeder: Ohne Gensheimer werden die Erfolgschancen künftig nicht größer – auch wenn in Gudjon Valur Sigurdsson (FC Barcelona) ein starker Ersatz bereits feststeht. Dagegen muss ein Nachfolger für „Goldgas“ noch gefunden werden. Der Hauptsponsor steuerte eine Million Euro zum 5,8-Millionen-Euro-Etat bei und steigt zum Saisonende aus. Genauso wird nach einem neuen Geschäftsführer gefahndet: Lars Lamadé erhielt einen noch reise- und zeitintensiveren Job bei SAP, wo er auch bisher schon neben seiner Handball-Tätigkeit beschäftigt war. Frisch Auf Göppingen: Das Team von Trainer Magnus Andersson steht vor zwei sehr wichtigen Partien. Im Prestigeduell mit Balingen darf am Mittwoch (20.15 Uhr/es gibt noch Stehplatztickets) im Kampf um die Europacup-Plätze nichts schiefgehen. Genauso wenig an diesem Samstag (19.30 Uhr/EWS-Arena) im EHF-Pokal-Gruppenspiel gegen das dänische Team Tvis Holstebro, wenn die Chance aufs Viertelfinale gewahrt werden soll. „Wir sind in unserem Zielkorridor“, sagt Geschäftsführer Gerd Hofele. Doch auch er hat eine „reservierte Haltung“ beim Anhang ausgemacht. Woran das liegt? „Die Erwartungshaltung ist nach den EHF-Cup-Siegen 2011 und 2012 nach oben geschnellt“, findet Hofele. Anderseits sind die Ansprüche in Anbetracht des 5,0-Millionen-Euro-Etats auch berechtigt. Die Rolle von Frisch Auf im Feld hinter den großen Drei der Liga hält Hofele für „nicht zementiert“. „Wir befinden uns in einer strukturstarken Region; wenn wir unseren Etat auf sechs Millionen Euro erhöhen können, ist sicher mehr möglich“, sagt der Manager. An seiner Philosophie will der Traditionsclub festhalten: Ein Drittel des Kaders soll aus Spielern aus Württemberg bestehen, ein Drittel aus weiteren deutschen Spielern, und ein Drittel sollen internationale Größen sein. Ob der Vertrag mit Spielmacher Michael Kraus verlängert wird, ist sehr fraglich. Hofele: „Die Tür ist noch nicht komplett zu.“ HBW Balingen-Weilstetten: Der Club hat ein großes Problem. Die heimische Sparkassenarena fasst nur 2350 Zuschauer. Deshalb stellt Geschäftsführer Wolfgang Strobel klar: „Wenn wir keine neue Halle bekommen, können wir uns mittelfristig nicht in der Liga halten.“ Die Gespräche laufen auf Hochtouren. Nicht nur mit der Stadt Balingen. Auch mit den Nachbargemeinden Albstadt und Hechingen. Wo auch immer die größere Arena entstehen soll, auf Kosten von rund 15 Millionen Euro wird der Hallenneubau beziffert. „Ende April setzen sich alle an einen Tisch“, sagt Strobel. Ein Umzug nach Stuttgart kommt weiter nur für ein Heimspiel in der Weihnachtszeit infrage. So lange gilt es durchzuhalten. Ein Punktgewinn im Derby in Göppingen wäre für das Team um Europameister Martin Strobel ein Meilenstein in Sachen Ligaverbleib.