Amelie Berger Foto: dpa/Carmen Jaspersen

Trotz eines Corona-Falls bei den rumänischen Handballerinnen soll der EM-Auftakt des deutschen Teams an diesem Donnerstag wie geplant stattfinden. Die Unsicherheit ist allen Beteiligten anzumerken.

Stuttgart - Es gab schon dankbarere Aufgaben für Amelie Berger. Am Mittwochnachmittag war die Handball-Nationalspielerin des Bundesligisten SG BBM Bietigheim die Auserwählte, beim digitalen Medientermin Rede und Antwort zu stehen. Das meisterte die 21-Jährige passabel und versicherte tapfer: „Der Kopf ist beim Spiel.“

Doch vor dem Auftaktspiel der Europameisterschaft in Kolding gegen Rumänien an diesem Donnerstag (18 Uhr/Sportdeutschland.TV) drehte sich im Teamhotel der deutschen Handball-Frauen so gut wie alles um das Thema Corona. Zwar gab die Europäische Handball-Föderation (EHF) trotz eines positiven Falls im Team der Osteuropäerinnen grünes Licht für die Partie, doch die Angst vor einer Ansteckung bleibt – zumal es schon zuvor weitere Corona-Erkrankungen bei den Rumäninnen gab.

Schlechtes Gefühl

„Natürlich sehen wir die Gefahr, dass die Infektionen innerhalb eines Teams weitergereicht werden“, sagte Axel Kromer, der Sportvorstand des Deutschen Handballbundes (DHB). Der Verband stellt den Spielerinnen daher die Teilnahme am Auftaktspiel frei. „Wenn jemand ein schlechtes Gefühl hat und sagt, er möchte nicht zur Verfügung stehen, werden wir das akzeptieren und es auch niemandem übel nehmen“, betonte Kromer. „Jede Spielerin muss für sich entscheiden, ob sie spielen will“, ergänzte Co-Trainer Alexander Koke. Er vertritt weiter den zuhause in den Niederlanden festsitzenden Bundestrainer Henk Groener. Der 60-Jährige wartet auf ein negatives Testergebnis, um nach Dänemark einreisen zu können.

Spätestens bis zur Abschlussbesprechung erwartete Koke eine „ehrliche Rückmeldung“ von jeder Spielerin, „damit wir handeln können.“ Diese kam noch am Mittwochabend. Alle Spielerinnen haben sich für einen Einsatz entschieden, teilte der DHB mit. Grundvoraussetzung dafür sei jedoch, dass alle weiteren Tests bei den Rumäninnen negativ ausfallen. „Das Bubblesystem, wie es uns versprochen worden ist, ist ein bisschen kaputt“, sagte Amelie Berger. Weshalb sich auch der Blick von Torsten Nick, dem Geschäftsführer ihres Clubs SG BBM, voller Sorgen Richtung Dänemark richtet: „Die Situation ist diffus und nebulös. Es ist immer schwierig zu sagen, wie und wie oft in Osteuropa getestet wird.“ Für ihn wäre es ein „schwarzer Klecks auf die EM“, wenn gleich zum Auftakt ein Spiel ausfallen würde oder gar ein Team aus dem Turnier genommen werden müsste.

Negative Tests

48 Stunden vor der Partie hatte die EHF mitgeteilt, dass sich Rumäniens Rechtsaußen Laura Moisa mit dem Virus infiziert hat. Zuvor hatte es bereits Kreisläuferin Crina Pintea und zwei Masseurinnen erwischt, die aber alle nicht mit nach Dänemark gereist sind. Die am Dienstag erfolgten Corona-Tests beim EM-Vierten von 2018 fielen wie bei den deutschen Spielerinnen alle negativ aus, teilte Kromer mit und betonte: „Der Auftakt wird wie geplant stattfinden.“

Deutliches Unbehagen schwang in seinen Worten aber mit. Zumal der DHB am Dienstagabend eine Verlegung der Partie beantragt hatte, der EM-Ausrichter das aber am Mittwochmittag ablehnte. „Sie wollen mit einer hohen Testfrequenz bis zum Spielbeginn dafür sorgen, dass wir uns sicher fühlen“, sagte Kromer. Man habe die Entscheidung der EHF „zur Kenntnis“ genommen: „Wir sehen die Gefahr, dass die Infektionen innerhalb der Mannschaft weitergereicht worden sind.“

Holpriger Start

Angesichts des – vorsichtig ausgedrückt – holprigen Starts des ersten Handball-Großturniers unter Corona-Bedingungen muten neue Aussagen des Weltverbandspräsidenten befremdlich an: Hassan Moustafa plant, das sagte er erneut in einem Interview, die Männer-WM im Januar in Ägypten „mit Zuschauern zu organisieren“. Nicht mit voller Auslastung, „natürlich“ nicht, „sondern abhängig von der Arena und der Covid-19-Situation“. Zweifel an der WM-Austragung hegt der 76-jährige Ägypter keine, „weil ich volles Vertrauen in unsere Akteure, also die Nationalverbände, Spieler, Trainer, Offiziellen habe“. Moustafa zeigte zwar Verständnis dafür, dass manche „Angst vor dem Risiko“ hätten. Aber er versicherte, „dass bei der Weltmeisterschaft strenge Regeln gelten werden“.

Genauso wie bei der EM der Frauen. „Doch vor dem Virus ist keiner gefeit“, sagt Torsten Nick. Er kann nur hoffen, dass seine Bietigheimer Spielerinnen körperlich und mental gesund zurückkehren. Damit Amelie Berger auch nach der EM mit Blick auf das erste Bundesligaspiel am 27. Dezember gegen den VfL Oldenburg sagen kann: „Der Kopf ist beim Spiel.“