Dänemarks Superstar Mikkel Hansen: Verdient sein viel Geld bei Paris St. Germain Foto:  

Die deutsche Handball-Nationalmannschaft ist weitgehend ein Team der Namenlosen. Die absoluten Weltstars tummeln sich bei der EM in Polen in den Teams der anderen Nationen. Auch der Bundesliga kehren immer wieder Topleute den Rücken – aus verschiedenen Gründen.

Stuttgart - Gegnerische Torhüter attestieren Uwe Gensheimer Handgelenke aus Gummi. Weil die von ihm geworfenen Bälle sich scheinbar über die Gesetze der Physik hinwegsetzen. Doch ausgerechnet der Linksaußen der Nationalmannschaft fehlt bei der EM wegen einer Wadenverletzung. Und damit auch der einzige deutsche Spieler, dessen Weltklasseformat vollkommen außer Frage steht. Der Rest der Truppe besteht zum großen Teil aus talentierten, eher unerfahrenen Kräften mit toller Perspektive. Aus Stars von morgen sozusagen, die sich bis auf eine Ausnahme alle in der Bundesliga weiterentwickeln. Dass nun der Ur-Mannheimer Gensheimer am Saisonende ins Ausland wechselt, hat eine Diskussion über den Status der stärksten Liga der Welt ausgelöst. Blutet die Bundesliga aus? Fest steht: Die wirtschaftlichen Kräfteverhältnisse im europäischen Handball haben sich geändert. Vor fünf Jahren ging es nur darum, ob ein deutscher oder spanischer Verein die Champions League gewinnt. Inzwischen haben auch andere Clubs aufgerüstet.

Gensheimer verdient in Paris geschätzte 500 000 Euro pro Jahr

Paris St. Germain: 2012 beschloss die Quatar Sports Investments (QSI), beim französischen Hauptstadtclub auch in den Handball zu investieren. Kontinuierlich rüstete der finanzstärkste Club Europas (Jahresetat: 16,5 Millionen Euro) auf. Die Transfers der französchen Weltklasseleute Thierry Omeyer und Daniel Narcisse (beide früher THW Kiel) sowie des dänischen Ausnahme-Rückraumspielers Mikkel Hansen waren erst der Anfang. Zu Beginn der laufenden Runde kamen zwei weitere Ex-Kieler hinzu: Trainer Noka Serdarusic und der zweimalige Welthandballer Nikola Karabatic. Und im kommenden Sommer eben auch der einzige deutsche Weltstar: Uwe Gensheimer verdient dann geschätzte 500 000 Euro pro Jahr und kann die Kritik an seinem künftigen Club (Tenor: „Die machen die Preise im Markt völlig kaputt“) nicht verstehen: „Es ist doch toll für unseren Sport, wenn eine Metropole wie Paris im Handball so stark vertreten ist.“

Kielce und Veszprém rüsten enorm auf

Clubs aus Osteuropa: Vor allem KS Vive Kielce und MVM Veszprém haben enorm aufgerüstet. Der ungarische Club wird vom größten Energieversorger sowie einem der größten Geldinstitute des Landes gesponsert. Sogar Mercedes-Benz fördert den Verein, seitdem der Autohersteller 2008 ein Werk in der Puszta eröffnete. Der Etat von sieben Millionen Euro machte es möglich, dass Superstar Laszlo Nagy nach zwölf Jahren vom FC Barcelona in seine Heimat zurückkehrte, auch die Ex-Kieler Christian Zeitz, Momir Ilic und Aron Palmarsson zog es nach Veszprém. Der Isländer begründete seinen Wechsel damit, dass seinem Körper die Belastung in der Bundesliga auf Dauer nicht guttun würde. In die gleiche Richtung argumentierte Nationalspieler Tobias Reichmann bei seinem Transfer nach Kielce. Durch die viel geringere Leistungsdichte in der polnischen Liga könne er drei Jahre länger Handball spielen. Für das nötige Kleingeld sorgen bei Kielce ein Stromkonzern und Bertus Savas, ein Mäzen aus den Niederlanden. Der 8,5-Millionen-Euro-Etat erlaubte es, Star-Trainer Talant Dushebajew an Land zu ziehen, genauso den spanischen Weltklasse-Kreisläufer Julen Aguinagalde.

Barcelona ist die Konstante im Welthandball

FC Barcelona: Seit dem Aus von BM Ciudad Real ist der aktuelle Champions-League-Sieger (Etat: acht Millionen Euro) um Star-Rechtsaußen Victor Tomás Alleinunterhalter in Spanien. Die Katalanen sind die Konstante im Welthandball. Zuletzt konnte Filip Jicha aus Kiel an Land gezogen werden.

Kiel konnte Landin halten – trotz Traumangebot aus Paris

Deutsches Trio: Der THW Kiel (Etat 9,5 Millionen Euro), die Rhein-Neckar Löwen (6,5 Millionen) und die SG Flensburg-Handewitt (5,5 Millionen) können sich mit den Großen messen. Die Löwen angelten sich Gudjon Valur Sigurdsson aus Barcelona als Gensheimer-Ersatz. Flensburg hat bisher keinen, den man halten wollte, ins Ausland verloren, auch nicht den heiß umworbenen Trainer Ljubomir Vranjes. Kiel konnte nicht nur Steffen Weinhold und Domagoj Duvnjak halten, sondern auch Weltklasse-Keeper Niklas Landin von einem Dreijahresvertrag überzeugen, trotz eines Traumangebots aus Paris. Dem Dänen war die Nähe zur Heimat wichtiger. Diese Beispiele machen Hoffnung, dass sich am Status der Bundesliga als stärkste Liga der Welt nichts ändern wird.