Mit Dynamik zum Tor: Von Christian Wahls Qualitäten profitiert nun die HG Oftersheim/Schwetzingen. Foto: Archiv/Horst Dömötör

Den Allrounder des SVK-Drittligateams zieht es der Liebe wegen nach Heidelberg.

Kornwestheim - Es war diese eine Bewegung, diese Körpertäuschung. Drei, vier Meter vor dem Kreis rechts ansetzen und mit einer eleganten Drehung links am Gegner vorbeigehen – oder andersrum. Christian Wahl hatte diese Bewegung verinnerlicht, sie klappte in den Partien auch ein ums andere Mal. In Zukunft müssen beim Handballdrittligisten SV Kornwestheim aber andere für Dynamik im Rückraum sorgen. Wahl zieht es nach Heidelberg, der Liebe wegen. Handball wird er aber weiterhin spielen.

Dennoch: Die 36:40-Auswärtsniederlage beim späteren Tabellenzweiten VfL Pfullingen steht als letzte Partie des 29-Jährigen im weiß-blauen Trikot mit der Nummer 7 in den Büchern. Wahl erzielte an diesem 7. März sechs Tore, 44 waren es in der Saison insgesamt gewesen. Eine standesgemäße Verabschiedung fiel aufgrund der Corona-Pandemie aus. „Das betrifft aber momentan alle, da bin ich nur ein sehr kleines Rädchen“, sagt er. Klar sei aber auch: Wenn man einmal vier Jahre bei einem Verein gespielt habe, wünsche man sich schon etwas anderes. „Ich hätte mich gerne von allen persönlich verabschiedet.“

Wahl kann auf zwei Episoden beim SV Kornwestheim zurückblicken. Vor der Saison 2014/2015 wechselte er erstmals zum SVK, direkt aus seiner Heimat Balingen. Dort war er für den Kornwestheimer Drittligakonkurrenten HBW Balingen-Weilstetten 2 am Ball gewesen und hatte auch im Erstligateam ausgeholfen. In der Jugend stand er für die TSG Balingen auf der Platte. Gemeinsam mit Torhüter Felix Beutel ging es nun von der Alb in die Salamanderstadt.

Der Kontakt zwischen den Kornwestheimern und ihrem neuen Mann kam über Spieler Kevin Wolf, inzwischen HC Oppenweiler/Backnang, zustande. Er kannte Wahl aus zahlreichen gemeinsamen Auftritten mit diversen Auswahlteams. Auch mit SVK-Linksaußen Fabian Kugel hatte Wahl in der Jugend bereits zusammengespielt. Doch waren es auch andere Kräfte, die an dem Mann von der Schwäbischen Alb zogen. „Ich habe eine Veränderung gebraucht und wollte einfach mal weg von zuhause“, begründete er damals. Nach dem erfolgreichen Abschluss seiner Lehre zum Industriekaufmann wollte er zudem studieren – da waren die Möglichkeiten in Stuttgart und Umgebung einfach besser.

In Sachen Handball war nach dieser ersten Saison beim SVK, die das Team unter Coach Hans Christensen als Siebter beendete, schon wieder Feierabend. Die 2. Bundesliga lockte, es zog ihn zum TV Neuhausen/Erms. Trainer dort war damals mit Aleksandar Stevic ein ehemaliger Mitspieler Wahls aus Balingen. Allerdings stieg der TV in der Spielzeit 2016/2017 ab, und damit endete dieses Kapitel auch für den Mann, der inzwischen oft nur noch als Allrounder betitelt wurde: Zuhause im rechten Rückraum, agierte er in Neuhausen fast nur auf Linksaußen, später in Kornwestheim in der Rückraumzentrale.

„Diese zwei Jahre in der 2. Liga will ich niemals missen, dabei habe ich ganz viel Erfahrung gesammelt“, blickt Wahl zurück. Aber der organisatorische Aufwand, teils zweimal täglich Training und vor allem die Strecken, die er dabei zurücklegen musste, seien eine enorm große Belastung gewesen. So ganz nebenbei schloss er auch noch sein Bachelorstudium in Regelstudienzeit ab.

In Kornwestheim hatte man Wahl während seiner Neuhausener Jahre nie aus den Augen verloren. Und so unterschrieb er erneut einen Vertrag beim SVK. Die damalige Abteilungsleiterin Daniela Assmann lobte, als sie im Januar 2017 die Rückholaktion verkündete: „Er ist einfach ein kompletter Spieler.“

Wahl kehrte also gerade rechtzeitig zurück: Mit den Kornwestheimern, die gerade erst wieder in die 3. Liga aufgestiegen waren, holte er sensationell den Meistertitel. Die Erinnerungen sind noch lebendig. „Es gibt sehr viele handballerische Momente, an die ich mich sehr gerne erinnere“, sagt er, „aber eigentlich sind es die Menschen, die man nicht vergisst.“ Auch in Neuhausen habe er Freundschaften fürs Leben geknüpft.

Die nun abgebrochene Spielzeit war für Christian Wahl sogar noch kürzer als für andere: Zum Auftakt absolvierte er lediglich die Partien bei der TGS Pforzheim und gegen die TSG Haßloch, bevor er sich zu einem mehrmonatigen Auslandspraktikum nach Schanghai aufmachte. Ende 2019 kehrte er wieder zurück – doch verhinderte ein Autounfall, bei dem er zum Glück nur leicht verletzt wurde, zunächst einen Einsatz. Unterm Strich blieben in der vorzeitig beendeten Saison nur 13 Partien für Wahl.

SVK-Coach Alexander Schurr hält dennoch große Stücke auf den scheidenden Akteur: „Er genießt eine unglaubliche Wertschätzung bei mir, und in meiner Zeit beim SVK ist sein Abgang der bisher größte Verlust.“ Wahl sei loyal und auf sowie neben dem Spielfeld extrem wichtig gewesen.

Wie geht’s nun weiter? „Ich habe für zwei Jahre bei der HG Oftersheim/Schwetzingen unterschrieben“, berichtet Wahl. Zum Training beim Drittligisten braucht er von seinem neuen Wohnort aus lediglich zehn Minuten. Ob es in der kommenden Spielzeit zum Duell mit seinen alten Teamkollegen kommt? Fraglich, die HG wird wohl weiterhin in der Mitte-Staffel zu finden sein.

„Ich möchte der gesamten SVK-Familie einen riesengroßen Dank aussprechen“, sagt Wahl zum Schluss. Was nach den zwei Jahren in Schwetzingen komme, könne er noch nicht sagen. „29 ist erst mal ein gutes Handballeralter, aber Sport, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen, ist eben nicht einfach.“