Von Pink zu Blau: Anna Loerper Foto: Baumann

Die 235-malige Handball-Nationalspielerin der TuS Metzingen sollte nach dieser Saison den Bundesliga-Dritten verlassen. Jetzt überrascht die Spielführerin ihr Team mit dem sofortiger Wechsel zum deutschen Meister und Erzrivalen SG BBM Bietigheim.

Metzingen - Als Anna Loerper am Montag Metzingen verließ, hat sie einige ratlose Handballspielerinnen zurückgelassen. Die Kapitänin des Bundesligisten TuS Metzingen hat da ihren Teamkolleginnen erläutert, warum sie jetzt geht, nicht wiederkommen wird – und fortan das Trikot des großen Konkurrenten SG BBM Bietigheim überstreift. Das kam, gelinde gesagt, überraschend, zumal noch 15 Bundesliga-Spieltage zu absolvieren sind. „Es war sehr emotional“, sagt die 33-Jährige über diesen aufwühlenden Schlussstrich unter anstrengende Tage.

TuS Metzingen setzt auf ein „Supertalent“

Diese nahmen ihren Anfang eine Woche zuvor, als Ferenc Rott der 235-maligen Nationalspielerin mitteilte, dass die ursprünglich bis 2019 vereinbarte Laufzeit ihres Vertrags aufgrund einer entsprechenden Option auf 30. Juni 2018 verkürzt wird. „Wir sind überzeugt, dass sie ihren Zenit überschritten hat“, sagt der Geschäftsführer der Metzinger Handballerinnen. „Ich glaube nicht, dass Anna nochmal das Topniveau erreicht, das sie vor zwei Jahren hatte.“ Beim aktuellen Bundesliga-Tabellendritten setzt man in Sachen Spielgestaltung auf die nächste Generation, insbesondere auf die 20 Jahre alte Niederländerin Delaila Amega. „Ein Supertalent“, sagt Rott.

„Das hat mich heftig getroffen“

Loerpers Zukunft bekam mit der Entscheidung plötzlich eine neue Richtung, war für die Spielführerin des Nationalteams zuvor doch klar gewesen, „dass ich meine Karriere bei der TuS Metzingen beenden will und dem Verein bei der Weiterentwicklung zur Verfügung stehe“. Als die Schockstarre nachließ (Loerper: „Das hat mich heftig getroffen“), hat die Spielmacherin ihren Berater kontaktiert, der die SG BBM Bietigheim ins Rennen brachte. Dort war man überrascht, dass Loerper so unvermittelt auf dem Markt ist – und hocherfreut. „Wir haben lange gesucht und mit ihr eine optimale Lösung gefunden“, sagt Gerrit Winnen.

Nationalspielerin auf dem Silbertablett

Der Sportdirektor des amtierenden deutschen Meisters, der sich bereits vor vier Jahren um Loerper bemüht hatte, griff natürlich zu, eine Spielerin mit Loerpers Reputation wird einem selten derart auf dem Silbertablett serviert. Zumal in Bietigheim in der Nationalspielerin Kim Naidzinavicius die Spielmacherin mit einem Kreuzbandriss für den Rest der Saison ausfällt. Und auch die nach wie vor suspendierten und nicht mehr am Training teilnehmenden Rückraum-Asse Susann und Nina Müller werden wohl nicht mehr für die SG BBM auflaufen – auch wenn sich Winnen diesbezüglich bedeckt hält: „Das ist ein schwebendes Verfahren.“

Abgeschlossen ist indes das Verfahren mit Anna Loerper, die einen Vertrag bis 30. Juni 2019 unterschrieben hat. Zuvor hatte sie hartnäckig auf eine sofortige Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses in Metzingen insistiert. „Ich wollte schnell Planungssicherheit“, sagt die zweimalige Spielerin des Jahres, die aus privaten Gründen im Süden bleiben und ihre Karriere „auf höchstem Niveau“ beenden möchte. Mit dem rekordverdächtigen Wechsel hat sie die Weichen gestellt. Bereits an diesem Mittwoch (19.30 Uhr) will sie für ihren neuen Verein im Spiel bei Borussia Dortmund auflaufen.

Spitzenspiel unter besonderen Vorzeichen

Der Wechsel hat nicht nur bei Anna Loerper Spuren hinterlassen, die in den vergangenen dreieinhalb Jahren entscheidenden Anteil am Metzinger Höhenflug und großen Einfluss in vielen Bereichen des Clubs hatte. Ferenc Rott wird die Entwicklung ebenfalls noch einige Zeit beschäftigen. Loerpers Hochgeschwindigkeitsabgang zum Tabellennachbarn und Erzrivalen stößt bei dem TuS-Geschäftsführer auf „völliges Unverständnis“.

Die Gefühle werden am kommenden Mittwoch (19.30 Uhr) nochmals in Wallung geraten: Im Spitzenspiel empfängt die SG BBM dann die TuS Metzingen in der Ludwigsburger MHP-Arena. Für Anna Loerper hat es schon einfachere Spiele gegeben.