Das Café „Moki’s Goodies“ in Hamburg verweigert Kindern unter sechs Jahren den Zutritt. Das finden viele Eltern diskriminierend, andere haben Verständnis für das Konzept. Foto: dpa

Eine Hamburger Café-Besitzerin möchte keine Gäste unter sechs Jahren bedienen. Im Internet ist unter #Schnullergate“ eine Debatte entbrannt. Ein ähnlicher Fall hat bereits die Gemüter erhitzt.

Hamburg - „Für Love Peace and Happiness“ steht auf der Homepage des Cafés „Moki’s Goodies“, in dem zwischen Eimsbüttel und Eppendorf hauptsächlich jüngere, gebildete Menschen ihren Milchkaffee trinken. Augenscheinlich handelt es sich um ein hippes Frühstücks- und Brunchrestaurant, wo modern klingende Dinge wie Acai-Smoothies, Porridge, Shakshuka und Buddha Bowls auf der Karte stehen. Buddhistisch entspannt und voller Peace und Happiness geht es vielleicht im Café selbst zu, nicht aber innerhalb der Diskussion, die die Betreiberin Monika Ertl ausgelöst hat.

Hamburger Prominente bringt Diskussion ins Rollen

Ertl hat sich entschlossen, Kinder unter sechs Jahren nicht mehr zu bedienen. Schon seit einer Weile sind Babys und Kleinkinder im „Moki’s Goodies“ nicht erwünscht. Anfang der Woche machte diese Tatsache plötzlich in den sozialen Medien die Runde. Laut der „Hamburger Morgenpost“ („Mopo“) hat die Unternehmerin Nicole Hansen die Diskussion ins Rollen gebracht. Sie betreibt in Eimsbüttel eine Boutique und ist mit dem Gitarristen der Band Revolverheld, Niels Kristian Hansen, verheiratet. Seit kurzem hat das Paar eine Tochter.

Aufschrei unter Eltern

In ihrer Instagram-Story beschwerte sich Hansen laut „Mopo“, dass in einem ihrer Lieblingscafés, dem „Moki’s Goodies“ Kinder unerwünscht seien. Die Zeitung zitiert sie: „Eigentlich wollte ich das Meeting in einem meiner liebsten Frühstücks-Cafés machen, habe dann aber gesehen, dass Kinder unter sechs dort verboten sind.“ Die Lösung könne eine gekennzeichnete „Adults Only“-Zone sein, zitiert die „Mopo“ Hansen. Eine solche Regelung sei vertretbar, da „alle Kinder ausgeschlossen sind und nicht nur ein Teil von ihnen.“

Prompt gab es einen Aufschrei unter den Hamburger Eltern, die zahlreiche Kommentare auf dem Account des Café hinterließen und ihrem Ärger in den sozialen Medien Luft machten. So hieß es bei Twitter beispielsweise:

Oder nicht ganz so radikal, aber dennoch kritisch:

Die Betreiberin Monika Ertl wehrte sich mit einer Stellungnahme, die sie auf Instagram verbreitete. Unter dem Hashtag „#Schnullergate“ stellt Ertl ihre Sicht klar und findet deutliche Worte für den Umgang mit ihrer Entscheidung. Von Mobbing und Shitstorm ist die Rede, von Feindseligkeit und Unterstellungen:

Die öffentliche Empörung nennt Ertl „verbale Aufrüstung und Feindseligkeit“. Sie verurteilt vor allem, dass bisher niemand persönlich mit ihr gesprochen habe, sondern über ihr Restaurantkonzept ein „Shitstorm vom feinsten“ los gebrochen sei. Auch ihre Stellungnahme sorgte für Aufsehen. Innerhalb eines Tages erhielt die Café-Besitzerin laut Medienberichten hunderte von Kommentaren, die teilweise hart mit Ertl und ihrer „Unternehmenspolitik“ ins Gericht gehen. „Euer Laden, eure Regeln. Ich sehe den „Mobbing-Aspekt“ aber auch eher bei euch. Ihr schließt halt einfach eine Personengruppe aus. Ihr pauschalisiert. Kinder = Laut. Das ist schlichtweg diskriminierend. Sehr schade. War immer gern bei euch“, schreibt eine enttäuschte Kundin auf Instagram.

Konzept beruht nicht auf Kinderfreundlichkeit

Auch die Hamburgerin Annabelle Kindervater (44) wertet das Konzept Ertls als diskriminierend. „Ich bin selbst Mutter von zwei Kindern und mag es deshalb auch gerne mal ruhig. Aber in so einer Location halte ich das für einen völlig falschen Ansatz“, sagt sie. „So viel Toleranz sollte man als modernes urbanes In-Café seinen Gästen schon zumuten.“ Laut und unangenehm könnten schließlich auch Erwachsene sein. Auch wenn ihren Kindern altersmäßig der Zutritt ins Moki’s Goodies gestattet wäre, wird Annabelle Kindervater dort nicht mehr hingehen.

Monika Ertl erklärte laut der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, dass ihr Konzept nicht auf Kinderfreundlichkeit beruhe und ihr Café „kein spendenfinanziertes demokratisches Mutter-Kind-Projekt“ sei. Früher sah das anders aus, erklärt sich die Inhaberin, ebenfalls Mutter einer Tochter, weiter: „Ich möchte und muss mit meinem Job Geld verdienen. Und in den ersten Jahren als „Mutti-Café“ hat das schlicht und ergreifend nicht funktioniert. Und da hilft auch kein sozialromantisches Geschwafel. Am Ende geht es um Zahlen – und zwar schwarze.“

Die Gemeinde spaltet sich in Befürworter und Kritiker

Für ihre Einstellung erhält Ertl auch Zuspruch. „Wo ist das Problem?“, fragt ein Instagram-Nutzer unter dem Hashtag „#Schnullergate“. „Ich persönlich finde es super. Ich war letztens erst in einem Café, in dem drei Kinder vom Nebentisch die ganze Zeit um unseren Tisch rannten und Fangen spielten, und die Eltern hat das null interessiert.“ Ein anderer schreibt: „Ich persönlich finde ein kleinkindfreies Café super und sehe es als eine Bereicherung. Ein Plus an Freiheit. Danke dafür!“ Eine Mutter postet: „Ich kann verstehen, dass sich manche Café-Besitzer oder Gäste von Kinderlärm gestört fühlen. Ich finde es okay, wenn es auch solche Cafés gibt, die kleine Kinder mal nicht reinlassen. Jeder braucht seine Oase.“ Auch auf Twitter spaltet sich die Gemeinde in Befürworter und Kritiker:

Es gibt auch Eltern, die Verständnis für die Linie des Cafés haben:

Andere werten es eher als geschickte Werbung:

Der Bundesverband der Gaststätten Dehoga erklärte zu dem Fall in der „Ostsee-Zeitung“: „Immer mehr Betriebe fokussieren sich auf klar umrissene Gäste- und Stilgruppen und entwickeln spezielle Angebote für Gleichgesinnte“. Bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes sieht man die Entscheidung kritisch. Der kommissarische Leiter, Bernhard Franke, sieht den pauschalen Ausschluss der jungen Gäste laut der „Ostsee-Zeitung“ problematisch: „Unterschiedliche Behandlungen sind nur dann zulässig, wenn es einen nachvollziehbaren, sachlichen Grund gibt. Ein unternehmerisches Konzept kann dabei einen sachlichen Grund darstellen“, wird Franke zitiert. Statt pauschaler Zutrittsverbote sei es angemessener, störende Kinder und ihre Eltern im Einzelfall aus dem Restaurant zu verweisen.

Rügener Wirt ist froh über sein Kinder-Lokalverbot

Im vergangenen Sommer sorgte das Rügener Restaurant „Oma’s Küche“ für Schlagzeilen, als sich der Inhaber Rudolf Markl dazu entschied, sein Restaurant am Abend nur noch für Gäste ab 14 Jahren zu öffnen. „Die Entscheidung war einfach nur brillant. Ich hätte nichts Besseres machen können“, wird Markl zitiert. In seinem Restaurant sei es immer wilder geworden. Die Kinder hätten an fremden Tischdecken gezogen, seien zwischen den Beinen der Servicekräfte herumgerannt, hätten andere Gäste belästigt. „Es geht nicht gegen die Kinder“, sagte der 66-Jährige laut der „Ostsee-Zeitung“. Manche Eltern seien aber einfach unfähig, ihren Nachwuchs zu erziehen. „Ich ärgere mich nur, dass ich diesen Weg nicht schon früher gegangen bin“, sagt Markl, der nach eigenen Worten viel Zuspruch von seinen Gästen bekommt.

Das Thema erhitzt die Gemüter auch in Stuttgart

Den Fall hatten auch die „Stuttgarter Zeitung“ und „Stuttgarter Nachrichten“ innerhalb eines „Pro und Contras“ im August 2018 aufgegriffen und für zahlreiche Leserreaktionen gesorgt. Sehr viele Leser sprachen sich für das Lokalverbots aus, es gab jedoch auch einige Stimmen, die sich eindeutig dagegen positionierten.

Für das „Moki’s Goodies“ in Hamburg scheint es keine weitere Diskussion mehr zu geben. Monika Ertl schließt ihre Stellungnahme mit den Worten: „Einatmen. Ausatmen. Runterkommen.“