Mit so manchen Haltestellen verdient die SSB Geld. Foto: Michael Steinert

Gegen Bezahlung können Firmen in den Namen der Stuttgarter Haltestellen auftauchen.

Stuttgart-Mitte - Wer mit der Stadtbahn durch die Stuttgarter Innenstadt fährt, den informiert eine zarte Damenstimme aus dem Lautsprecher immer wieder nicht nur über den Namen der Haltestelle selbst, also den Platz oder die Straße, sondern immer wieder auch über Unternehmen oder Einrichtungen, die sich in der Nähe befinden. So klingt bei der Haltestelle Eckartshaldenweg auch „HDI Gerling“ aus dem Lautsprecher oder am Eugensplatz „Jugendherberge“. Und auch auf den Haltestellenschildern prangen gut lesbar die zusätzlichen Namen. Doch warum eigentlich ist ausgerechnet beispielsweise von Gerling die Rede und nicht von einem der anderen Unternehmen dort?

Seit dem Jahr 2000 können Firmen gegen Bezahlung als Ergänzung in den Haltestellennamen auftauchen. Das erste Unternehmen, das dafür Geld ausgegeben hat, war das Diakonie-Klinikum an der Rosenbergstraße. Seither sind 23 neue Firmen hinzugekommen. Fünf weitere befinden sich aktuell in Vertragsverhandlungen mit den Stuttgarter Straßenbahnen (SSB). Dort werde das Geschäft mit den Haltestellennamen als eine Art willkommener Nebeneinkunft gesehen. „Wir betreiben den Verkauf nicht aktiv, das ist für die SSB kein neues Geschäftsfeld“, sagt Eberhardt Kurtz, der Leiter der Fahrgastinformation bei der SSB. Dass dennoch regelmäßig Anfragen kämen, hätte vor allem zweierlei Gründe: „Zum einen ist es Werbung für die Firmen, zum anderen hilft es deren Kunden, sich zu orientieren – sie wissen dann besser, wo sie aussteigen müssen.“ Längst nicht jedes Unternehmen komme als Partner in Frage. „Uns ist wichtig, dass der Hinweis auf die Firma auch einen Nutzen für die Allgemeinheit hat.“ Wichtige Kriterien bei der Entscheidung, ob sich eine Firma als Namensgeber eigne, seien die örtliche Nähe zur Haltestelle, ihre Bekanntheit sowie starker Publikumsverkehr. „Durch die Nennung sollen schließlich auch unsere Fahrgäste besser informiert werden.“

Art der Werbung kostet bis zu 30 000 Euro im Jahr

Diese Auswahlkriterien sind nicht die einzige Hürde. Man muss es sich auch leisten wollen; immerhin kostet diese Art der Werbung bis zu 30 000 Euro pro Jahr. Stadtbahnhaltestellen sind für 10 000 bis 30 000 Euro zu haben, Bushaltestellen gibt es für 3000 bis 8000 Euro. Hinzu kommen die Kosten für Beschilderung, Druck und Montage. Die Höhe des Wertes richte sich nach Lage und Fahrgastzahlen der Haltestelle. Ein SSB-Katalog listet auf, welcher Stopp wie viel Geld kostet. „Öffentliche Einrichtungen wie zum Beispiel das Krankenhaus Bad Cannstatt erhalten einen Sondertarif“, sagt Kurtz. Wenn – wie im Fall des Marienhospitals – sich der Bezirksbeirat für einen Namenszusatz zum Erwin-Schoettle-Platz einsetzt, muss ausgehandelt werden, wer die Kosten übernimmt. Abgeschlossen werden die Verträge in der Regel mit einer Laufzeit von fünf Jahren, mit Option auf Verlängerung. Es gibt jedoch Ausnahmen: Der Vertrag über die Haltestelle „EnBW City“ auf dem Fasanenhof läuft über 25 Jahre.

Da die Benennung von Haltestellen nach Firmen den Regeln für Haltestellenbezeichnungen widerspricht, hat die SSB das Konzept der werblichen Namensergänzung entwickelt. Haltestellennamen orientieren sich üblicherweise an Straßen-, Orts- oder Gewannnamen oder anderen geografischen Bezeichnungen, erklärt Kurtz. Der Vorteil: „Die ändern sich nicht so schnell, wie das bei Firmen der Fall sein kann.“ Historisch bedingt gebe es zwar nach wie vor reine Firmenbezeichnungen wie Porsche oder Eszet, aber das seien Ausnahmen. „Neuerdings achten wir darauf, dass Haltestellen zunächst einen neutralen Namen bekommen und die Firma nur noch als Ergänzung auftaucht.“ Das hat nicht zuletzt Kostengründe: Firmennamen treten nur in der Ansage, an der Haltestelle selbst und bei der Internetsuche als wichtiger Punkt in Erscheinung. Auf den Linienbändern in Bussen und Bahnen, auf gedruckten Broschüren und Infomaterial wird darauf verzichtet. „Müssten wir alle Infomaterialien erneuern, würde das einen hohen sechsstelligen Eurobetrag ausmachen“, sagt Kurtz. So müssten beim Umzug einer Firma nur die Beschriftung vor Ort und der Ansagetext verändert werden, was wesentlich billiger sei.

Doch selbst wenn das Geld vorhanden, der Standort geeignet und die Kundenfrequenz gegeben ist, kann es vorkommen, dass SSB und Unternehmen nicht ins Geschäft kommen. Etwa wenn es um die „Deutsche Rentenversicherung Bund“ im Stadtteil Freiberg geht. Deren Name war schlichtweg zu lang. „Es gab auch keine passende Abkürzung, so haben wir uns einvernehmlich geeinigt, den Namen Himmelsleiter zu verwenden“, sagt Kurtz. „So hieß die Haltestelle schon vor dem Bau der früheren Landesversicherungsanstalt.“