Pyrotechnik satt, tätowierte Haut und alte Hits: Adam Levine von Maroon 5 beim Super Bowl Foto: AP

Bis kurz vor knapp mussten die Veranstalter nach Musikern suchen, um die Halbzeitshow beim Football-Großereignis Super Bowl zu retten. Mit Maroon 5 hat man dann vielleicht doch die Falschen geheuert: Die kalifornische Band konnte in Atlanta nicht restlos begeistern.

Atlanta - Pyrotechnik. Weißer Rauch auf einer Riesenbühne in Form eines „M“. Rote Lichtstrahlen, die durch die Arena von Atlanta blitzen. Rein optisch hat der Auftritt von Maroon 5 auf den ersten Blick alles, was ein gelungenes Halbzeitkonzert beim Super Bowl braucht. Aber dann liefern die Kalifornier beim Football-Endspiel der NFL, dem größten Einzelsportereignis der Welt, ein eher müdes Medley aus Radio-Hits - die auch noch großteils von ihrem 17 Jahre alten Debütalbum stammen.

„Songs about Jane“ heißt die Platte, mit der die Jungs aus Los Angeles 2002 plötzlich in die Charts geschossen waren. So gute Laune die Titel „Harder to breathe“, „This Love“ und „She will be loved“ seitdem auch verbreitet haben: Im Jahr 2019 und dazu beim quotenträchtigsten Fernseh-Event des Jahres in den USA wirken sie irgendwie aus der Zeit gefallen.

Summen, flöten, wackeln

Auch sonst wirken die rund 15 Bühnenminuten am Sonntag eher wie eine weitere Station auf einer Maroon 5-Tournee als wie ein eigens für den Super Bowl konzipiertes Spektakel der Superlative. Die Outfits von Frontmann Adam Levine und dessen Bandkollegen gehen wild und offenbar wahllos durcheinander. Natürlich sind Maroon 5 nicht Prince, Beyoncé oder Lady Gaga, aber etwas mehr Stil wie in einigen ihrer Videos oder Alben wäre drin gewesen.

Mutiger wirkt da schon Travis Scott, der - zumindest für Fernsehzuschauer - als vom Himmel fallender Komet auf der Bühne einschlägt und dann seine Hit-Single „Sicko Mode“ zwischen Flammen rappt. Auch der in Atlanta heimische Rapper Big Boi, der im dicken Pelzmantel mit Sonnenbrille im Auto vorgefahren kommt und „The Way you move“ rappt, verpasst der Show eine bissigere und kantigere Seite. Levine „summt, flötet und wackelt“ sich dagegen seinen Weg durch „cremige Hits“, wie die Website „Vox“ spitz anmerkt.

Ein bisschen Brust darf sein

Auch Levine scheint das zu spüren, als er mit seiner Gitarre etwas unbeholfen neben Scott steht und heftig zu dessen Hip-Hop-Beat nickt. Womöglich wollten die Veranstalter mit dem Kontrast aus glattem Pop-Rock und wilderem Rap eine Brücke schlagen. Gepaart mit einem kurzen Spongebob-Schwammkopf-Clip in Gedenken an den verstorbenen Erfinder der Cartoon-Figur, Stephen Hillenburg, wirkt das Programm aber eher zusammengewürfelt und sogar verwirrend.

Erst nach und nach und für einen Super Bowl eindeutig zu spät dreht Levine auf. Bei „Girls like you“ wird er umringt von einem Gospel-Chor, bei der Abschluss-Nummer „Moves like Jagger“ zieht er sein Hemd aus und schwingt mit nacktem, tätowierten Oberkörper die Hüften. Für ihn scheinen heute andere Maßstabe zu gelten als für Sängerin Janet Jackson, deren kurz entblößte Brustwarze beim Auftritt vor 15 Jahren einen heftigen Skandal verursacht hatte.

Die volle Halbzeitshow gibt es hier zu sehen:

In letzter Minute

Maroon 5 dürften froh sein, dass dieser Kurzauftritt nun hinter ihnen liegt. Die Kontroverse um Quarterback Colin Kaepernick und die von ihm begonnenen Proteste gegen Polizeigewalt und Unterdrückung von Schwarzen ist längst nicht ausgestanden. Auf eine Solidaritätsgeste für den Football-Spieler, der seit zwei Jahren ohne Team dasteht, verzichten Maroon 5. Die Zusage trotz der Kapernick-Debatte - Rihanna, Pink und Cardi B hatten Berichten zufolge abgelehnt - hatte Levine damit begründet, dass er ja Musiker sei und kein Politiker.

Die etwas weichgespülte musikalische Botschaft mag angesichts dieses Streits verharmlosend wirken. Die NFL-Spitze aber dürfte glücklich sein, quasi in letzter Minute überhaupt einige hochkarätige Künstler für die Show auf die Bühne bekommen zu haben. Zum Vergleich: Maroon 5 standen als Künstler am 13. Januar fest, also drei Wochen vor der Show - Justin Timberlake wurde vergangenes Jahr ganze fünf Monate im Voraus angekündigt.