Beim Kampfmittelbeseitigungsdienst werden die Waffen gesammelt und vernichtet. Foto: dpa

Noch bis zum Juli können illegale Waffen bei den zuständigen Behörden straffrei abgegeben werden. Im Zuge der Regelung trennen sich in der Region aber auch viele rechtmäßige Besitzer von ihren Gewehren und Pistolen.

Region Stuttgart - Im Zuge der sogenannten Waffenamnestie sind laut dem Landesinnenministerium von Juli bis zum Ende des vergangenen Jahres rund 850 illegale Waffen bei den diversen Behörden abgegeben worden. Von vergangenen Juli bis zum Juli dieses Jahres besteht bundesweit die Möglichkeit, sich unrechtmäßig im Besitz befindlicher Gewehre, Pistolen, Revolver, Messer und Munition legal zu entledigen, ohne sich eine Anzeige einzuhandeln.

Ist ein Angehöriger verstorben, taucht beim Aufräumen mitunter mehr auf als altes Geschirr, Akten und Fotoalben. Denn in der alten, längst vergessenen Kiste in der hintersten Ecke des Dachbodens findet sich – sorgfältig in einen Lappen eingewickelt – ein Revolver samt Munition. Wer den brisanten Fund nicht schnellstmöglich bei den Waffenbehörden im Landratsamt oder bei der Stadtverwaltung abgibt, macht sich strafbar. Denn er ist dann – sollte keine Berechtigung vorliegen – illegal im Besitz der Schusswaffe. Das gilt auch für Waffen, die per Erbschaft an einen nicht berechtigten Angehörigen übergegangen sind.

30 illegale Schusswaffen im Polizeipräsidium Reutlingen abgegeben

Für solche Fälle besteht seit vergangenen Juli die Möglichkeit, straffrei aus der Sache herauszukommen. Allein im Bereich des für die Kreise Esslingen, Reutlingen und Tübingen zuständigen Polizeipräsidiums Reutlingen sind seitdem rund 30 illegale Schusswaffen und etwa 1000 Schuss Munition abgegeben worden, heißt es auf Nachfrage unserer Zeitung. Darunter befänden sich Gewehre, Flinten, Pistolen und Revolver verschiedenster Waffenarten und Hersteller. Hauptsächlich seien Personen vorstellig geworden, die eigenem Bekunden nach „ungewollt“, aber eben auch unerlaubt – etwa durch den Nachlass verstorbener Angehöriger – zu Besitzern von Waffen wurden und diese nach längerer Zeit des illegalen Besitzes loswerden wollen.

Beim Polizeipräsidium in Aalen, welches im Rems-Murr- und Ostalbkreis sowie im Kreis Schwäbisch Hall für Sicherheit sorgt, sind bis zum Ende des vergangenen Jahres 29 Schusswaffen, darunter 18 Gewehre und Flinten sowie elf Pistolen und Revolver abgegeben worden.

„Die Leute wissen oft nicht, was sie mit den Waffen machen sollen“, erklärt Björn Reusch, der Pressesprecher des Polizeipräsidiums Reutlingen. Sie könnten sich in diesen Fällen auch bei der Polizei melden, um die gefährlichen Gegenstände abholen zu lassen. Denn es sei „nicht optimal, sich mit Waffen im öffentlichen Raum zu bewegen“, sagt Björn Reusch.

Laut dem Innenministerium wird die Amnestie gut angenommen. Neben den etwa 850 illegalen Schusswaffen, die der Polizei im Südwesten übergeben wurden, seien zur Halbzeit etwa 300 Hieb- und Stichwaffen wie Schlagringe, Wurfsterne oder Butterfly-Messer abgegeben worden. Auch auf diese beziehe sich die Amnestieregelung.

Die Abgaben verlaufen „völlig unproblematisch“

Zudem wurden dem Innenministerium zufolge im Südwesten rund 2100 legale Waffen im Rahmen der bis zum 1. Juli dieses Jahres laufenden Amnestie abgegeben. Dies sei zwar unabhängig von der Jahresfrist straffrei möglich, aber die Regelung habe auch hier offenbar den Anstoß gegeben, sich von Waffen zu trennen. Das macht sich auch bei Stadtverwaltungen und Landratsämtern bemerkbar. Letztere fungieren als Waffenbehörde der Gemeinden.

Im Landratsamt Esslingen wurden vom vergangenen Juli bis zum Dezember 40 Waffen abgegeben, wie die Behörde auf Anfrage mitteilt. Die Abgaben seien „völlig unproblematisch“ abgelaufen, berichtet der Sprecher Peter Keck. Den Bürgern werde eine Empfangsbescheinigung ausgehändigt, womit der Vorgang weitgehend unbürokratisch abgeschlossen sei. In der Ludwigsburger Kreisbehörde wurden laut einem Sprecher seit Beginn der Amnestie 20 illegale Waffen von 14 Personen abgegeben. Laut einem Sprecher des Polizeipräsidiums Ludwigsburg sind dort auch die bei den Polizeidienststellen abgegebenen Waffen erfasst. Im Kreis Böblingen waren es hingegen lediglich fünf. „Wir gehen davon aus, dass in unserem Landkreis Waffen hauptsächlich bei der Polizei abgegeben werden“, sagt ein Sprecher. Im Kreis Göppingen war das Bedürfnis, sich von der Waffenlast zu befreien, offenbar groß. Laut einer Sprecherin wurden im dortigen Landratsamt bis Ende Februar 80 Waffen – 31 Lang- und 49 Kurzwaffen – abgegeben. Davon seien 22 im illegalen Besitz gewesen.

Erste Amnestie nach dem Amoklauf

Im Rems-Murr-Kreis sind in demselben Zeitraum sogar 160 Gegenstände abgegeben worden, die dem Waffenrecht unterliegen. Darunter seien elf illegale Schusswaffen gewesen, „für die die Besitzer eine waffenrechtliche Erlaubnis benötigt hätten“, erklärt eine Sprecherin des Landratsamts in Waiblingen, das als Waffenbehörde für 17 Gemeinden zuständig ist. Alle in der Region abgegebenen Waffen landen letztlich beim Kampfmittelbeseitigungsdienst, wo sie vernichtet werden.

Bereits im Jahr 2009 hatte es eine bundesweite Waffenamnestie gegeben. Der Anlass dafür war damals der Amoklauf von Winnenden und Wendlingen gewesen, bei dem ein 17-Jähriger in seiner ehemaligen Schule und auf der Flucht 15 Menschen erschossen hatte. Die Möglichkeit, sich legal von Waffen zu trennen, nahmen im Zeitraum von Juli bis Dezember 2009 viele Menschen in Anspruch. Bundesweit waren mehr als 200 000 Waffen abgegeben worden. Allein im Südwesten waren es rund 46 000 legale und 7000 illegale gewesen.