Nach dem Rücktritt des Landtagsvizepräsidenten im Zuge des Hakenkreuz-Skandals ist der Platz frei. Ob er nachbesetzt werden soll, darüber herrscht es Uneinigkeit.
Der Hakenkreuz-Skandal im Stuttgarter Landtag führt nach der Sommerpause zu weiteren Diskussionen. Am Dienstag wird sich das Präsidium des Landtags mit dem Thema beschäftigen. Dabei geht es um die Frage, wie Abstimmungen künftig ausgezählt werden sollen – und ob die Position des zurückgetretenen Landtagsvizepräsidenten Daniel Born (inzwischen fraktionslos) neu besetzt werden soll.FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke vertritt eine klare Haltung. „Ich glaube, wir würden es auch fünf Monate mit zwei Präsidenten schaffen“, sagte er am Freitag. Er halte es für klug, das Geld des Steuerzahlers – für Dienstwagen und höhere Diäten – an der Stelle zu sparen.
Der frühere SPD-Abgeordnete Daniel Born hatte bei einer Abstimmung zum Oberrheinrat auf den Stimmzettel neben den AfD-Kandidaten ein Hakenkreuz gemalt. Tags darauf räumte er die Tat ein und trat von seinem Amt als Landtagsvizepräsident zurück, außerdem verließ Born die SPD-Fraktion. Born ist noch in der SPD und hatte eine Erklärung abgegeben, nicht mehr zur Landtagswahl antreten zu wollen.
CDU auch gegen Neubesetzung
Neben Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) gab es bisher zwei Vizepräsidenten: Daniel Born und Wolfgang Reinhart (CDU). Rückendeckung bekommt Rülke von der CDU. „Wir sind der Meinung – es geht noch um acht Sitzungen. Das müsste man mit zwei Präsidenten eigentlich hinbekommen“, sagte der parlamentarische Geschäftsführer Andreas Deuschle. Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz erinnerte hingegen, dass die Koalition 2021 den zweiten Platz bewusst an die Opposition gegeben hatte. Deuschle sieht den Ball bei FDP und SPD: „Ich glaube, da müssen die beiden Fraktionen sich jetzt einig werden.“
SPD-Fraktionschef Andreas Stoch hatte am Donnerstag betont, seine Fraktion halte es für wichtig, dass die Position nachbesetzt werde. Naheliegend wäre die Tübinger Landtagsabgeordnete Dorothea Kliche-Behnke. Stoch betonte aber: Eine Entscheidung über die Personalie sei noch nicht getroffen.
„Der Vorfall steckt uns in den Knochen“, sagte Stoch nach der Fraktionsklausur und erhob erstmals Vorwürfe gegen die Landtagsverwaltung: „Im Rückblick bin ich über einiges, was an dem Tag passiert ist, in höchstem Maße erstaunt“, sagte er. Das habe man bisher nicht öffentlich diskutiert, damit das nicht als „Relativierung dieses brachialen Fehlers“ gewertet werden könne. Der Verfassungsrechtler Volker Haug hält die Auszählungspraxis im Landtag in zwei getrennten Urnen für AfD, CDU und FDP sowie für SPD und Grüne für rechtswidrig. „Die Landtagsverwaltung hat einiges aufzuarbeiten und möglicherweise für künftige Wahlen zu korrigieren“, sagte Stoch. Die Landtagspräsidentin wollte sich vor der Präsidiumssitzung am Dienstag nicht dazu äußern.