An den alten Geräten demonstriert Inhaber Jochen Hahn die Müllerskunst. Foto: Jan Potente

Beim Tag des offenen Denkmals nutzen viele Besucher die Gelegenheit, die Hahnsche Mühle in Schorndorf zu besichtigen. Inhaber Jochen Hahn berichtet Spannendes.

Schorndorf - Nach dem Rundgang durch die Hahnsche Mühle in Schorndorf muss sich Claudia Föhl erst mal setzen. Nicht deshalb, weil die rund einstündige Führung so anstrengend gewesen wäre, sondern um an einem Tisch beim Eingang eine weiße Postkarte auszufüllen. Darauf ist das stadtbildprägende Gebäudeensemble mit dem weithin sichtbaren Siloturm, einem imposanten Mühlengebäude und Ziegeln auf den Dächern als Skizze in Schwarz abgebildet. Daneben ein Fragezeichen.

 

Studenten sorgen sich um die Mühle

Wie könnte die Hahnsche Mühle, die seit 2008 im Ruhestand ist, anderweitig genutzt werden? Mit dieser Frage beschäftigen sich der Inhaber Jochen Hahn, Architekten und ein Gestaltungsbeirat schon seit längerem. Und seit Herbst 2020 eine kleine Gruppe von Studenten, die die Mühle während eines Seminars ins Herz geschlossen hat, und nun – quasi in ihrer Freizeit – ebenfalls über ihr weiteres Dasein nachdenken und helfen will. Eben diese Stadtplanungs- und Architekturstudenten, genauer gesagt Sarah Thiel, Maximilian Stengele und Lisa Beuchle, haben für die Führungen, die am Sonntag im Rahmen des Tages des offenen Denkmals stattfanden und bei denen sie anwesend waren, die Postkarten ausgelegt.

Für die Teilnehmerin Claudia Föhl liegt die Sache auf der Hand: „Ich stelle mir vor, dass hier genossenschaftliches Wohnen entsteht. Ich sehe bei meiner Tochter in Berlin, wie schwer es junge Leute haben, an Wohnungen oder in eine Genossenschaft zu kommen. Das wäre hier super“, sagt sie, während ihr Mann seine Postkarte beschriftet. Auch seine Idee klingt schlüssig. Er könnte sich den großen, charmanten Gebäudekomplex als Mehrgenerationenhaus vorstellen. „Zudem sehe ich hier Bioläden und Raum für kleine Kulturveranstaltungen“, sagt Wolfgang Berner-Föhl.

Der Blick hinter die Fassaden reizt die Teilnehmer

Genau wie viele andere wollte das Ehepaar schon immer mal hinter die Fassade der in Schorndorf weithin sichtbaren Mühle schauen. Das Ensemble befindet sich in der historischen Vorstadt an der Stelle einer im 16. Jahrhundert vom Heiligen-Geist-Hospital übernommenen Mühle, die 1822 privatisiert wurde. Die Gebäudegruppe aus der zweiten Hälfte und Ende des 19. Jahrhunderts besteht aus Besitzervilla, Mühle, Stallscheune, Lohmühle, Kellerhaus, Mühlwehr mit Floßgasse sowie dem bis in die mittelalterliche Zeit zurückreichenden Mühlbach.

Und der Andrang am Tag des offenen Denkmals ist groß. Schon gut eine halbe Stunde bevor der Inhaber Jochen Hahn die erste Gruppe vor dem Eingang abholt, ist die Teilnehmerzahl von 20 Personen erreicht. Kein Problem für Jochen Hahn. „Wer jetzt keinen Platz mehr bekommt, kann sich einfach schon mal das Getreidesilo anschauen und darf dann in einer Stunde mit rein“, sagt er. Dann schnappte sich der Müllermeister seine Unterlagen und legt los.

Jochen Hahn zeigt die Müllerskunst

Im Inneren der Mühle können die interessierten und teils fachkundigen Besucher die alten Geräte bewundern – inklusive teils verstaubtem Getreide und jeder Menge Spinnweben. Hier wird schon lange kein Getreide mehr gemahlen. Aber Jochen Hahn demonstriert anschaulich, wie Mehl entsteht, wie viele Mahlvorgänge dafür notwendig sind, was es zu bedenken gibt und wie damals und heute Mühlen und das Müllerhandwerk funktionieren. „Und im dritten Stock haben wir die klassische Mühle wie bei Max und Moritz.“ Auf das richtige Spätzlemehl angesprochen, bleibt Jochen Hahn dann kurzerhand bei den schwäbischen Klassikern und gibt Tipps, wie ein Hefezopf-Teig gelingt. „Wenn er davonzulaufen droht, einfach ein paar mal rausnehmen, dann kommt Luft rein und der Teig wird stabiler.“

Aber der Inhaber der Hahnschen Mühle, deren Zukunft ungewiss ist, bleibt auch eine Erklärung zum Motto des Tages des offenen Denkmals nicht schuldig. Das lautete in diesem Jahr „Sein und Schein – in Architektur, Geschichte und Denkmalpflege“. Man müsse es eigentlich in „Schein und Sein“ umdrehen, ist sich Jochen Hahn sicher. „Bei einem Denkmal denkt man erst mal, super, da gibt es Zuschüsse und man kann Steuern sparen. Wenn ich zurückblicke, muss ich sagen, na ja, man hat eher mit Blockaden zu kämpfen.“

Der Wandel in der Mühle war groß

Jochen Hahn geht auf den Wandel in der Mühle ein, in der er selbst als Müller tätig war und die er 1990 mit seinem Vater umgebaut hat. Doch auch lustige Passagen kommen nicht zu kurz. „Wissen Sie, was da klappert bei dem Lied, es klappert die Mühle am rauschenden Bach?“ Nach Tipps aus dem Publikum gibt es die Lösung: Nocken- und Kurbelantriebe oder auch mal Fensterläden.

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Auch wenn in der Hahnschen Mühle nichts mehr klappert, der Inhaber hofft auf Ideen und deren Umsetzung. Das hoffen auch die Studenten. „Wir haben die Wege an der Mühle freigeräumt, damit man auf dem Weg zu einem anderen Ziel quasi zufällig vorbeikommt“, sagt Sarah Thiel. Im Inneren haben sie Schilder mit Nutzungsideen aufgehängt, um die Besucher zu inspirieren und als Vorbereitung auf eine von ihnen organisierte Ausstellung. Die wird sich auch das Ehepaar Berner-Föhl bestimmt anschauen.