Die 36-Jährige sei von der Idee eines islamischen Staates auf der Grundlage der Scharia fasziniert gewesen. Foto: dpa/Daniel Reinhardt

Verschleierung, Scharia, Terror gegen sogenannte Ungläubige: Eine gebürtige Hamburgerin fühlt sich 2014 vom Islamischen Staat angezogen - wie ihr späterer Mann, ein Gangsterrapper aus Berlin. Ihre Reise mit drei Kindern ins Kriegsgebiet hat für Omaima A. jetzt Folgen.

Hamburg - Wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation im Ausland ist die Witwe des IS-Kämpfers Denis Cuspert zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden. Die 36-Jährige sei von der Idee eines islamischen Staates auf der Grundlage der Scharia fasziniert gewesen, sagte der Vorsitzende des Strafsenats am Hanseatischen Oberlandesgericht, Norbert Sakuth, am Freitag in Hamburg. Auf ihrer Reise nach Syrien Anfang 2015 habe die Deutsch-Tunesierin ihre drei kleinen Kinder in ein Kriegsgebiet mitgenommen und damit ihre Erziehungs- und Fürsorgepflicht verletzt. Außerdem habe Omaima A. Beihilfe zur Versklavung eines jesidischen Mädchens geleistet und durch die kurzzeitige Verfügung über ein Kalaschnikow-Sturmgewehr gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz verstoßen.

Werbebotschaften für den IS verbreitet

Die gebürtige Hamburgerin war Anfang 2015 ihrem damaligen Mann ins Herrschaftsgebiet des Islamischen Staates (IS) gefolgt. Mit ihren Kindern lebte sie bis Ende April 2016 in der Hochburg der Terrororganisation in Rakka. Nach dem Tod ihres Mannes im Frühjahr 2015 heiratete sie dessen Freund Cuspert. Der Berliner Gangsterrapper („Deso Dogg“) hatte sich 2014 dem IS angeschlossen und stand in den USA auf der Terrorliste. Medienberichten zufolge wurde er 2018 in Syrien bei einem Luftangriff getötet.

Gehirnwäsche des IS ausgesetzt

Nach dem Tod ihres ersten Mannes beim Kampf um die syrisch-kurdische Stadt Kobane habe Omaima A. zwei Zahlungen vom IS in Höhe von 1000 und 310 Dollar angenommen. Über eine Facebook-Seite habe sie Werbebotschaften für den IS verbreitet. Anfang 2016 habe sie sogar versucht, sich als Frau zum Kampf zu melden, sagte Sakuth. Ihre Tochter habe sie auf einer Schule der Gehirnwäsche des IS ausgesetzt. Auf Fotos ließ sie ihre Kinder mit Symbolen der Terrororganisation posieren. Dass die Kinder durch den Krieg in Lebensgefahr waren, sei ihr bewusst gewesen. In einer E-Mail habe sie geschrieben: „Man darf nicht vergessen, wir leben nicht an einer Strandpromenade, wo man Käffchen und Sahnetorte zu sich nimmt.“

13-jährige Sklavin gehalten

Im August 2015 habe sie auf Bitten einer Bekannten mehrere Stunden auf eine 13-jährige Sklavin aufgepasst. Die Angeklagte habe die Jesidin nicht erniedrigend behandelt, sagte der Richter. Aber Omaima A. habe gewusst, dass es sich um eine Sklavin handelte und habe mit dem Aufpassen zur Aufrechterhaltung des Sklavenzustandes beigetragen.

Wegen einer Schwangerschaft und Streitereien mit Cuspert - dieser wollte sich eine zweite Frau nehmen - flüchtete die Angeklagte Anfang Mai 2016 aus Rakka. Am 1. September 2016, kurz vor der Geburt ihres vierten Kindes, flog sie über die Türkei zurück nach Deutschland. Dort legte sie den Schleier ab und begann wieder ein westliches Leben. Mit ihrer Überzeugung habe sie aber nicht gebrochen, stellte Sakuth fest. Noch vor Gericht habe sie erklärt, der IS habe auch Gutes getan, die Infrastruktur verbessert, die Straßen begrünt sowie arme Menschen und alleinstehende Frauen versorgt.

Die Bundesanwaltschaft hatte vier Jahre und zehn Monate Haft für die Angeklagte gefordert. Der Verteidiger hatte sich für eine Haftstrafe von zwei Jahren auf Bewährung ausgesprochen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.