Fordert Weiterentwicklung der Schulen: Carsten Rees, Vorsitzender des Landeselternbeirats Foto: dpa

Nicht alle Gymnasien machen ihre Arbeit ordentlich, sagt Carsten Rees, Vorsitzender des Landeselternbeirats. Statt Polemik sei eine sachliche Debatte über die Weiterentwicklung nötig.

Stuttgart - Carsten Rees kann die Aufregung um das Arbeitspapier Gymnasium 2020 nicht verstehen. Die Gymnasien müssten sich weiterentwickeln und sich den neuen Herausforderungen stellen, fordert der Vorsitzende des Landeselternbeirats Baden-Württemberg (LEB). „Schulen können nicht mehr wie vor 100 Jahren unterrichten.“

Viele Gymnasien im Südwesten hätten sich auf den Weg gemacht und böten ihren Schülern guten Unterricht, aber längst noch nicht alle. „Es darf aber nicht dem Zufall überlassen bleiben, ob Schüler eine gute oder weniger gute Schule besuchen können“, sagte Rees. Aus seiner Sicht sind an vielen Gymnasien die Naturwissenschaften immer noch zu wenig verankert. Außerdem würden schwache, aber auch besonders begabte Schüler vielerorts nicht ausreichend gefördert.

Der Freiburger Neurobiologe gehörte dem Arbeitskreis an, der im Auftrag der früheren Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer (SPD) Vorschläge zum Gymnasium der Zukunft machen sollte. Seit kurzem kursiert das Papier, das vor einem Jahr an ihren Nachfolger Andreas Stoch (SPD) ging, in der Öffentlichkeit – und sorgt landesweit für heftige Diskussionen.

Die Arbeitsgruppe, in der Schüler, Eltern, Direktoren, Ausbilder und Wissenschaftler mitarbeiteten, schlägt unter anderem vor, dass jeder Schüler für die gesamte Schulzeit einen Lehrer als verlässlichen Ansprechpartner zur Seite bekommt. Die zweite Fremdsprache soll nach der neunten Klasse abgewählt werden können, wenn Schüler von Klasse zehn bis zwölf eine weitere Fremdsprache lernen. Statt vier sollen nur noch drei statt vier der fünf Abiturprüfungen mündlich sein.

Bernd Saur, Vorsitzender des Philologenverbandes Baden-Württemberg, der die Mehrheit der 27 000 Gymnasiallehrer im Südwesten vertritt, betrachtet das Arbeitspapier als einen weiteren Versuch von Grün-Rot, das allgemeinbildende Gymnasium zu schwächen. Ganz anders sehen das die beruflichen Gymnasien, an denen Werkrealschüler, Realschüler und in Zukunft auch Gemeinschaftsschüler nach der mittleren Reife das Abitur machen können.

Herbert Huber, Landeschef der Berufsschullehrerverbandes, befürchtet, dass die vorgeschlagenen Änderungen für die zweite Fremdsprache eher noch Schüler an die allgemeinbildenden Gymnasien ziehen könnten. Derzeit wechseln kaum Realschüler ans allgemeinbildende Gymnasium – auch, weil ihnen die zweite Fremdsprache fehlt.

Die Beteuerungen von Kultusminister Andreas Stoch, dass noch nicht entschieden sei, ob und welche Vorschläge umgesetzt würden, hat weder bei der Opposition noch in den eigenen Reihen die Diskussion beendet. Für den heutigen Donnerstag hat die FDP im Landtag eine Aktuelle Debatte unter dem Titel „Schluss mit der Heimlichtuerei der Landesregierung um das Papier Gymnasium 2020“ beantragt.

„Es nützt nichts, jetzt polemische Diskussionen zu starten“, warnt LEB-Chef Carsten Rees. „Wir müssen darüber reden, was gut läuft und wo es klemmt.“ Viele Gymnasien hätten gute Modelle entwickelt, um ihre Schüler voranzubringen – diese Veränderungen dürften nicht wieder rückgängig gemacht werden. Doro Moritz, Landeschefin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft erklärte. „Auch das Gymnasium muss weiterentwickelt werden und dafür enthält das Papier positive Ansätze. Es darf nicht sein, dass Schularten um Schüler konkurrieren.“ Nötig sei ein auf alle Schularten abgestimmtes Schulkonzept.