Das Hegel-Gymnasium und das Fanny-Leicht-Gymnasium verzeichnen etwa drei bis fünf Schüler pro Schuljahr, die auf eine andere Schulart wechseln. Foto: Claudia Leihenseder

Seit die Grundschulempfehlung nicht mehr verbindlich ist, gehen mehr Kinder auf ein Gymnasium. Nicht für alle Kinder ist das die richtige Wahl. Wir haben mit zwei Gymnasien in Stuttgart-Vaihingen gesprochen.

Vaihingen - Eigentlich wollen doch alle Eltern nur das Beste für ihr Kind: dass die Tochter oder der Sohn später einen tollen Beruf ausübt und erfolgreich im Leben ist. Seit vor fünf Jahren die Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung gekippt worden ist, nutzen Eltern vermehrt ihre Wahlmöglichkeit. Doch nicht immer passt der Bildungsweg, für den sich die Eltern nach der vierten Klasse für ihr Kind entscheiden.

Drei bis fünf Schüler verlassen so jedes Jahr das Hegel-Gymnasium in Richtung Realschule, Gesamtschule oder gar Werkrealschule. Beim Fanny-Leicht-Gymnasium dürften die Zahlen ähnlich sein. Die ersten Kinder wechseln schon nach dem ersten Halbjahr der fünften Klasse die Schule. „Die Kollegen merken recht schnell, wer mit dem Tempo und dem komplexen Stoff am Gymnasium nicht zurechtkommt“, sagt Frank Bäuerle, Rektor des Hegel-Gymnasiums in Vaihingen. Mit den betroffenen Eltern werden dann Gespräche über einen sinnvollen Wechsel geführt.

Wichtig dabei: „Die Eltern sollten sich immer fragen, wo das eigene Kind im Moment steht und wie es lernt“, betont der Schulleiter und warnt: „Permanente Überforderung macht viel kaputt.“ Nicht jedes Kind sei gleich. Und nicht jedes Kind komme mit der Art der Lernvermittlung am Gymnasium gut zurecht. Frank Bäuerle: „Unser Schwerpunkt liegt auf dem kognitiven Bereich.“

Viele Wege führen zum Abitur

Wie das Hegel legt auch das Fanny-Leicht-Gymnasium Wert auf eine rasche Beratung: „Die Klassenlehrer führen früh Elterngespräche und suchen gemeinsam nach Alternativen“, sagt Antje Rannert, stellvertretende Schulleiterin am Fanny. Dabei gehe es auch darum, die Befürchtungen der Eltern aus der Welt zu schaffen. „Viele haben Angst vor einem Wechsel“, sagt Rannert. Sie befürchten, die andere Schule sei schlechter oder biete ihrem Kind eine schlechtere Ausbildung. Doch diese Angst sei unbegründet.

„Wenn wir den Eltern zu einem Schulwechsel raten, wollen wir dem Kind natürlich nicht absprechen, dass es Potenzial hat, Abitur zu machen“, betont Bäuerle. In den Beratungsgesprächen werde vielmehr darauf hingewiesen, dass es auch andere Wege zum Abitur gebe: „In Baden-Württemberg haben wir ein durchlässiges Bildungssystem.“ Dabei könne die Realschule zum Beispiel ein guter Einstieg und der bessere Weg für manche Schüler sein – und trotzdem können die Kinder später nach dem Realschulabschluss an einem Beruflichen Gymnasium das Abitur machen. Dann eben nach neun Jahren.

Lehrer beraten die Eltern der Schüler

Bäuerle appelliert an die Verantwortung der Eltern, dem Kind gerecht zu werden. „Man darf nicht unterschätzen, wie die Kinder sich fühlen, wenn sie merken, dass ihre Leistungen nicht reichen“, sagt der Schulleiter. „Wie soll da Freude am Lernen entstehen?“ Und auch seine Kollegin vom Fanny betont: „Ein Kind wird nicht glücklich, wenn es nicht auf der richtigen Schule ist.“ Ihrer Erfahrung nach stimmen die Grundschulempfehlungen sehr oft. „Die Grundschullehrer wissen, was sie tun“, sagt Rannert.

Dass von 2018 an die – nach wie vor nicht verbindliche – Grundschulempfehlung bei der Anmeldung wieder vorgelegt werden muss, finden sowohl Frank Bäuerle als auch Antje Rannert gut. „Das ist für uns ein Beratungsanlass“, so Bäuerle. So könne die Schule früh auf die Gefahren hinweisen und von den Erfahrungen der vergangenen Jahre erzählen – zum Wohl des Kindes. „Die Schulen wollen genauso das Beste für die Kinder wie die Eltern“, sagt Rannert. Bäuerle empfiehlt den Eltern von Grundschülern, sich zu Herzen zu nehmen, was auf den Infoveranstaltungen gesagt wird. „Und wer sich dann noch unsicher ist, sollte das Gespräch mit uns suchen – und nicht aus dem Bauch heraus über die Schulart entscheiden“, betont Bäuerle.