Jugendliche sollen schon an der Schule technische Berufe kennenlernen. Foto: dpa

Die Haupt-und Realschulen haben die Berufsorientierungsaktivitäten quasi schon in der DNA– an den 380 Gymnasien im Land gibt es noch Nachholbedarf. Kultusministerin Susanne Eisenmann geht nun in die Offensive.

Stuttgart - Vorsichtig drückt Kultusministerin Susanne Eisenmann ihren Daumen auf das weiße Blatt und hinterlässt einen schwarzen Fingerabdruck. Melanie Schneider, Molekular- und Zellbiologin vom Team Coaching4Future, stuft das Abbild in die Kategorie Schleife ein. Die Station ist ein Teil des Forensik-Workshops am Tag der beruflichen Orientierung, bei dem die Schülerinnen und Schüler am Königin-Katharina-Stift in Stuttgart in einen fiktiven Tatort eintauchen können. An den anderen Tischen werden Fasern, Haare und Blutspuren analysiert. „So stelle ich es mir vor, wenn Wissenschaft erlebbar gemacht wird. Die Begeisterung ist spürbar“, sagt Eisenmann. Das Kultusministerium hat seit diesem Schuljahr an allen weiterführenden allgemeinbildenden Schulen in Baden-Württemberg den Tag der beruflichen Orientierung verpflichtend eingeführt.

Schulen betreten zum Teil absolutes Neuland

Die Ausgestaltung ist den Schulen freigestellt, die zum Teil Neuland betreten. Am Katzenstift hingegen haben diese Informationstage dank Schulleiter Franz Baur und seinen engagierten Lehrerinnen und Lehrern schon lange Tradition. „Hier zeigt sich in besonders gelungener Form, wie so ein Tag aussehen kann“, sagt Suanne Eisenmann nach der Runde durch die verschiedenen Berufsfelder. Schon ab der Klasse fünf können sich die Gymnasiasten informieren, in verschiedenen Räumen wird dabei eine große Bandbreite abgedeckt – von Mint-Berufen im Kontext von Industrie 4.0, über soziale Berufe, Vorstellungsgespräche auf italienisch, Studienberatung der Agentur für Arbeit bis hin zur Gründungsberatung. Und in unmittelbarer Nachbarschaft kann man die Ausbildungsmöglichkeiten im Staatstheater und auf der S-21 Baustelle erkunden. Susanne Eisenmann lobt deshalb auch das Engagement der beteiligten Firmen sowie die Bereitstellung von Plätzen für die Boogie-Tage. „Sie geben immer mehr jungen Menschen Einblick, das hilft bei der Orientierung“, sagt Eisenmann.

Die Haupt-und Realschulen hätten die Berufsorientierungsaktivitäten quasi schon in der DNA– an den 380 Gymnasien im Land gäbe es noch Nachholbedarf. Deshalb will sie sich auch für mehr Deputatsstunden für Lehrer in diesem Bereich einsetzen. „Dazu müssen wir im Ministerium aber erst erarbeiten, wo es noch Ressourcen gibt.“ Abgerundet wird der Tag mit einem Elternabend. Denn auch Mütter und Väter gilt es bei der Berufswahl ihrer Kinder mit ins Boot zu holen. Nicht jeder Abiturient ist für eine akademische Ausbildung geschaffen. „Da muss sich das Bewusstsein ändern und auch die Bewertung von Ausbildungsberufen“, sagt die Ministerin.