Das ehemalige Geschäft in Herrenberg heißt wie der Winzer: Wilhelm Niethammer. Es ist mittlerweile ein Café, wo es den Wein zu trinken gibt. Foto: /Kathrin Haasis

Wilhelm Remy Niethammer kann durchaus als Pionier der Naturwein-Szene bezeichnet werden. Er produziert schon seit 30 Jahren Weine nach den Regeln der Bewegung, die mittlerweile voll im Trend liegt.

Manche Geheimnisse werden erst nach Jahrzehnten gelüftet. Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass Württembergs Naturwein-Pionier aus Herrenberg stammt? Die so populär gewordene Bewegung soll in den 80er Jahren im Beaujolais losgetreten worden sein, als sich einige Winzer entschlossen, Wein wie ganz früher zu machen. Das bedeutet unter anderem: kein chemischer Pflanzenschutz im Weinberg, Spontanvergärung, keine Filtration, kein Schwefel. In Deutschland gelten Rita und Rudolf Trossen als Urgestein der Szene, die seit 1978 ein biodynamisches Weingut an der Mosel betreiben. Für Württemberg hat vermutlich Wilhelm Niethammer diesen Titel verdient. Er ist 1992 Weinmacher geworden – allerdings nicht am Rand des Schönbuchs, sondern im ungarischen Dorf Zalabér, etwa 35 Kilometer vom Plattensee entfernt.

 
Ein Blick ins Café, das wunderschön eingerichtet wurde von Theresa Marie-Claire Giese-Vogler und Hanna Marie-Claude Vogler, den Töchtern des Naturwein-Pioniers. /Kathrin Haasis

Nur durch die Eröffnung des Cafés Là et Là in Herrenberg wurde das Geheimnis gelüftet: Im ehemaligen Modegeschäft seiner Mutter servieren seine beiden Töchter nun den Naturwein Niethammer. Von einer Ungarnreise kam der 73-Jährige 1991 mit einem Weinberg zurück. Weil er sich erlaubt hatte, den dortigen Wein zu kritisieren – zu süß und zu alkoholisch waren ihm die Tropfen –, sagten ihm die Ungarn, er solle es doch besser machen und drehten ihm einen Weinberg an. Sozialarbeiter ist Wolfgang Niethammer von Beruf, Bogenschießlehrer und Aikido-Meister. Seine Familie hat aber Verwandtschaft in der Champagne und im Burgund, was er dort in den Ferien gelernt hatte, reichte für seine 18 Ar in Ungarn.

Chardonnay und die weiße Sorte Cserszegi füszeres pflanzte er an, was er als Muskattraminer übersetzt. Viermal im Jahr fährt er nach Zalabér, um die Reben zu pflegen, der Wein reift in seinem Herrenberger Keller. Sein Cserszegi füszeres ist so besonders, wie der Name klingt: mit leichter Muskatnote, Zitrus und Kräuterwürze, sehr erdig, mineralisch, trocken und taninhaltig. Mit seinem langen Abgang bleibt dieser Naturwein und seine Geschichte nun lange in Erinnerung.

Das Urteil der Weinrunde: 

Holger Gayer Eine schräge Nummer ist das, total reduktiv ausgebaut, mit viel Feuerstein und einem dezenten Anklang an mostige Äpfel von der Streuobstwiese.

Michael Weier Ich finde den Wein für so ein Projekt erstaunlich. Mineralisch. Der Wein hat definitiv Charakter und ist als Naturwein modern im besten Sinn.

Harald Beck Jawohl, nicht so mostig, da kann ich mitgehen. Beim Spaß bin ich mir nicht so sicher. Muskatton, Zitrus und Kräuter passt für mich nicht so richtig.

Naturwein Niethammer, Muskattraminer trocken, 22 Euro, Là et Là Café, Schulstraße 2, Herrenberg, www.laetla.com