Beim Weingut Wilhelm im Remstal macht Sohn Timo Wilhelm eine eigene Kategorie auf. Seine Weine zeugen von seiner guten Ausbildung.
Bei den Wilhelms ist manches typisch für Württemberg – aber vieles auch nicht. Schon 1961 sagte sich der Großvater von der Genossenschaft los, seither betreibt die Familie in Strümpfelbach ein kleines Weingut mit aktuell viereinhalb Hektar. Der Sohn stieg 1983 ein und übernahm den Betrieb 2006. Die Weinliste wirkt klassisch mit viel Trollinger und Lemberger sowie Kerner und Riesling feinherb ausgebaut. Sie spiegelt außerdem die schwäbische Experimentierfreude wider: Zweigelt, Merlot, Samtrot und Regent, Chardonnay und Sauvignon blanc hat Siegfried Wilhelm unter anderem im Programm.
Die Besenwirtschaft ist eine Weinstube
In der Aufzählung fehlt eigentlich nur noch die Besenwirtschaft. Aber die heißt bei den Wilhelms Weinstube und wird erst seit 2018 regelmäßig zwischen Herbst und Ostern dreimal im Jahr geöffnet. Der Unterschied liege daran, dass das Lokal wie ein Restaurant aussehe, erklärt Anja Wilhelm. Das für Besen typische Zusammenrücken entfalle, und es gibt kein Sauerkraut. „Wir wollten nicht wochenlang in dem Duft leben“, sagt sie. Maultaschen, Schnitzel, Gulaschsuppe und Wurstsalat bereitet Siegfried Wilhelm in der Weinstuben-Zeit dann zu.
Dass der Sohn Timo auch ein bisschen aus der Reihe tanzt, wird auf der Weinliste des Weinguts deutlich: Neben Rot, Weiß, Sekt und dergleichen gibt es darauf die Kategorie „Timo Wilhelm Wein“. Der 25-Jährige absolvierte seine Ausbildung bei Aldingers sowie in zwei weiteren Betrieben aus der Vereinigung der Prädikatsweingüter in Franken und der Pfalz. Anschließend arbeitete er beim Südtiroler Weingut Manincor. „Da konnte man sich viel an- und abschauen“, sagt er. Seine Erfahrungen ließ er zunächst in seinen Erstling, einen 2019er Sauvignon Blanc, einfließen, darauf folgte ein Kabi, wie heute Riesling Kabinett lieblich heißt. Dieses Jahr ist ein Weißburgunder dazugekommen von einem neu angelegten Weinberg, den der Opa eigentlich mit einer anderen Sorte bestücken wollte. Der Wein ist fruchtig, mit Noten von Apfel und Quitte, frisch, mit knackiger Säure und total trocken – und vermutlich nicht das, was ein typischer Besenbesucher erwartet, aber unglaublich gut.
Das Urteil der Weinrunde:
Holger Gayer Respekt: Das ist ein sehr klar strukturierter Weißburgunder mit einer tollen Burgunder-Nase, frisch und knackig, fein ausbalanciert und so sortentypisch, dass er als Referenzwein durchgehen könnte.
Michael Weier Derzeit komme ich ja vor lauter guten Nachrichten gar nicht mehr zum Bruddeln, aber da hat der Sohn echt ein gutes Erstlingswerk abgeliefert. Dieser Pinot ist ein knackig-frischer Vertreter mit einem eleganten Birnenaroma.
Pinot Blanc Edition Timo, 11 Euro, Weingut Wilhelm, Hintere Straße 1, Strümpfelbach, 07151/487 96 50. www.weingut-wilhelm.de