Das Angebot ist klein, die Preise sind hoch: In Ludwigsburg werden zurzeit nur wenige Neubaugebiete erschlossen (das Foto zeigt das Schauinsland). Foto: factum/Simon Granville

Der Markt ist überhitzt: Für Neubauwohnungen werden in Ludwigsburg Rekordpreise erzielt, und die Nachfrage nach kleinen Wohnungen mit maximal 40 Quadratmetern steigt.

Ludwigsburg - Der höchste Quadratmeterpreis, der im vergangenen Jahr für Wohneigentum in Ludwigsburg gezahlt wurde, lag bei 7996 Euro. Dabei sind die Preise für Eigentumswohnungen „nur“ um sechs Prozent gegenüber 2018 gestiegen. Die Bodenpreise kletterten dagegen sogar um rekordverdächtige 14 Prozent. Hans Schmid, der Vorsitzende des Gutachterausschusses, der diese Zahlen mit dem neuesten Grundstücksmarktbericht vorstellte, vergleicht die Situation mit einem überhitzten Dampfkochtopf, für den es kein Ventil zu geben scheint.

„Die Bodenpreise sind in jedem Stadtteil gestiegen“, sagt Olaf Dienelt, der Leiter der Geschäftsstelle Gutachterausschuss. So wurde für Gewerbeland im Schnitt 247 Euro pro Quadratmeter gezahlt (2018 waren es 206 Euro) und für Grund im Mischgebiet 586 Euro pro Quadratmeter (im Vorjahr 543 Euro). Im Schnitt kostet der Quadratmeter in einer Neubauwohnung 5700 Euro. „Als ich 2002 nach Ludwigsburg gekommen bin, lag der Preis bei 2200 Euro“, sagt Schmid: „Das sind gigantische Zahlen.“ Beim Verkauf von Bestandswohnungen werde etwa die Hälfte dieser Summe gefordert.

„Versingelung“ verschärft Wohnungsnot

Um zu zeigen, wie enorm der Anstieg der letzten Jahre ausfiel, verweisen die Gutachter auf Fünfjahresphasen: Demnach sind die Bodenpreise zwischen 2014 bis 2019 um 34 Prozent gestiegen, die Wohnungspreise um 61 Prozent. Im Zeitraum zwischen 2010 und 2014 dagegen waren die Grundstückspreise um drei und die Wohnungspreise um 26 Prozent gestiegen. Zwischen 2005 und 2009 betrug die Steigerung sowohl für Grundstücke als auch für Wohneigentum drei Prozent.

Als Gründe für diese Preisentwicklung nennt Schmid den Mangel. Weder gebe es viele Grundstückezu kaufen, noch seien in den letzten Jahren größere Neubaugebiete realisiert worden. Außerdem gelte in Zeiten der Minuszinsen die Investition in Immobilien als einzig verlässliche Geldanlage. „Verschärft wird die Situation noch dadurch, dass viele keinen adäquaten Wohnraum finden“, glaubt Schmid. Die Nachfrage nach 40 Quadratmetern nehme immer mehr zu. „Das hat mit der Versingelung der Gesellschaft zu tun.“ Laut Statistik sind 45 Prozent der Ludwigsburger Haushalte nur noch von Einzelpersonen bewohnt. Weitere 30 Prozent sind Zwei-Personen-Haushalte.

Corona-Folgen werden erst 2021 sichtbar sein

Das schlägt sich auch in einem eigenwilligen Trend nieder: Während die Zahl der in Ludwigsburg verkauften Neubauwohnungen mit 60 Quadratmeter und mehr seit 2016 permanent rückläufig ist, wurden deutlich mehr kleinere Wohnungen gekauft. 2016 und 2017 war es gerade mal eine Wohnung pro Jahr, doch 2018 sind schon 22 und 2019 dann 19 dieser 40-Quadratmeter-Wohnungen verkauft wurden. „Es leben tendenziell zu viele Menschen in zu großen Wohnungen“, sagt Schmid. „Der Bedarf wächst, weil die Leute festsitzen. Und das wiederum ist ein weiterer Faktor für steigende Preise.“

Die Frage, wie sich die Corona-Pandemie auf den Wohnungsmarkt auswirken wird, kann auch der Gutachterausschuss derzeit noch nicht beantworten. „Wir merken nur, dass die Käufer etwas vorsichtiger werden“, sagt Dienelt. „Aber bisher wurden deshalb nicht weniger Kaufverträge abgeschlossen.“ Die Experten glauben, dass die Folgen des Virus vermutlich erst 2021 im Immobiliengeschäft spürbar werden. „Vieles hängt davon ab, ob jemand in Kurzarbeit geschickt wurde oder ganz arbeitslos geworden ist“, meint Schmid. Wenn Hausbesitzer ihre Kredite nicht mehr bedienen könnten, werde das den Markt durchrütteln.

Gutachterausschuss ist größer geworden

Mit Jahresbeginn hat sich der Gutachterausschuss vergrößert. Seit Januar haben die 23 Experten aus Ludwigsburg Verstärkung aus Remseck und Freiberg am Neckar erhalten. Die Zusammenlegung der Ausschüsse sei notwendig geworden, weil deren Aufgabe künftig noch eine größere Rolle spiele. „Das hat damit zu tun, dass sich das Grundsteuergesetz geändert hat“, sagt Schmid. Früher haben Zahlen als Bemessungsgrundlage gedient, die kaum nachvollziehbar waren. Jetzt sind die vom Gutachterausschuss ermittelten Bodenrichtwerte die Basis für die Steuerberechnung.

„Freiberg und Remseck passen auch von der Struktur her gut zu Ludwigsburg“, sagt Schmid. Zwischen Stadtteilen wie Poppenweiler und Hochdorf gebe es kein großes Preisgefälle. Auswirken wird sich das aber erst, wenn im nächsten Jahr der Marktbericht für 2020 vorgestellt wird.