Gutachter regen weiteren Gleisbau bei Wendlingen an – Gegner: Stresstest bleibt wertlos.
Stuttgart - Die Stuttgart-21-Infrastruktur hat auch den zwischen Projektgegnern und Bahn vereinbarten letzten Test bestanden. Die Gutachter der Schweizer Firma SMA empfehlen aber, die Frage einer bisher nicht vorgesehenen zweigleisigen Verbindung nach Tübingen zu klären.
Beim öffentlichen Schlagabtausch zum Stresstest für die neuen Gleise und Tiefbahnhöfe in der Stadtmitte und am Flughafen Ende Juli hatte die Bahn den Projektgegnern einen "finalen Simulationslauf" zugesagt. Mit ihm sollten strittige Fragen zum Durchgangsbahnhof geklärt werden. Zum Beispiel die, ob in der am stärksten frequentierten Stunde (7 bis 8 Uhr) ein drittes Zugpaar Stuttgart und Tübingen verbinden könnte.
Die Bahn hat die Nachbesserungswünsche in ihr Datenmodell aufgenommen und einen erneuten Simulationslauf im Computer gestartet. Die Schweizer Gutachter erhielten die Ergebnisse. "Unsere Prüfung der Simulationsergebnisse hat gezeigt, dass die geforderten 49 Zugankünfte im Hauptbahnhof mit dem der Simulation unterstellten Fahrplan mit wirtschaftlich optimaler Betriebsqualität abgewickelt werden können", schreibt das Büro von SMA-Chef Werner Stohler in seiner Beurteilung.
Für das Bestehen des Stresstests tragen laut SMA "nach wie vor die fahrplanmäßigen Aufenthaltszeiten von Nahverkehrs-Durchmesserlinien (Züge, die nicht in Stuttgart enden) entscheidend dazu bei, dass das System insgesamt stabil bleibt". Nach drei Testläufen ergebe sich ein "stabiles Bild für die Verspätungsentwicklung".
Die Bahn will sich bis zur Volksabstimmung zurückhalten
Die Gutachter merken allerdings an, dass die Stabilität der S-Bahn - wie vereinbart - nicht ausgewertet worden sei. Das liege am Streit zwischen Bahn und Land über das Linien- und Fahrplankonzept. Die Betriebsqualität der S-Bahn könne aber nachträglich überprüft werden.
Die Gutachter raten Bahn und Land außerdem, über den Bau eines zweiten Gleises bei Wendlingen zu sprechen. Dort ist die eingleisige Verknüpfung der neuen Schnellfahrstrecke mit der Strecke nach Tübingen vorgesehen. Zwar könne dort nun ein dritter Zug pro Stunde fahren, über die "Qualität dieser Konstruktion" wollen sich die Schweizer aber nicht äußern. Der dritte Zug fährt fünf Minuten nach dem Regelzug.
Das Aktionsbündnis der Gegner hält das Ergebnis für wertlos. "Es ist ein Stresstest ohne Stress", sagt Sprecherin Brigitte Dahlbender. Wirkliche Stör- und Notfälle wie Signal- und Weichenstörungen oder liegengebliebene Züge seien erneut nicht berücksichtigt. Ein zusätzlicher Zug im Abstand von fünf Minuten zum Taktzug nach Tübingen gehe an den Bedürfnissen vorbei. "Das ist ein Taschenspielertrick", so Dahlbender.
Für Volker Kefer, den Infrastrukturvorstand der Deutschen Bahn, sind "alle Forderungen der Schlichtung erfüllt und alle unstimmigen Punkte geklärt". Der Stresstest sei "beendet, es gibt keine weitere Schleife", erteilte Kefer am Montag bei einer Telefon-Pressekonferenz weiteren Forderungen der Gegner eine Absage. Die Bahn werde sich bis zur Volksabstimmung am 27.November zurückhalten, danach aber ihre großen Baumaßnahmen fortsetzen. Dazu zählen laut Projektchef Stefan Penn der Abriss des Südflügels und Rodungen im Schlossgarten.
Das SMA-Gutachten: www.stuttgart-21.de