Der Designer Jan Kath macht aus dem spießigen Orientteppich ein Kultstück. Foto: www.lisajoechler.de

„Carpetbaggers“ heißt eine Ausstellung in der Galerie Hauff eine Schau, die nach Überschneidungen von Kunst und Wohnkultur fragt. Der Teppichdesigner Jan Kath setzt in ihr Akzente.

Stuttgart - Sie kamen aus dem Norden, wollten Geld verdienen und waren unbeliebt. Nach ihren Gepäckstücken hießen Amerikas Wirtschaftsmigranten des 19. Jahrhunderts abschätzig „Teppichtaschenträger“, jedenfalls in den Südstaaten. „Carpetbaggers“, wie der Begriff im Englischen lautet, betitelt die Galerie Hauff eine Schau, die nach Überschneidungen von Kunst und Wohnkultur fragt. Die Teppichtasche ist dabei eine Metapher für den kreativen Versuch, aus Vorgefundenem Neues zu gestalten.

Mark Pearson etwa nutzt für seine rotzigen Wandtapeten Motive der Street Art, während das Duo Lello//Arnell Wandspiegel dekonstruktiv verfremdet. Der heimliche Star unter den Wiederverwertern ist jedoch ein Betriebsfremdling: Jan Kath. Der 1972 geborene Designer, zu dessen Kunden Bill Clinton und Bruce Willis gehören, hat dem spießigen Orientteppich zu neuer Hipness verholfen. Sozialisiert durch den Techno der 90er, bietet Kath eine Art Remix, indem er die traditionellen Muster mit neongrellen Störfarben und scheinbar abgewetzten Stellen durchsetzt.

Zeitgeschichte schreibt sich ein

Die Schau entstand in Zusammenarbeit mit einem Einrichtungshaus, über das auch der Verkauf der Teppiche läuft. Deren Preise sind der international renommierten Kunst mindestens ebenbürtig und gehen bis zu 33 169 Euro. Die ungeraden Beträge entstehen, weil nach Quadratmetern abgerechnet wird. Doch besteht nicht die Gefahr, dass die Galerie Hauff ihr konzeptkünstlerisches (und gesellschaftskritisches) Profil aufweicht, wenn sie sich dem luxuriösen Designobjekt öffnet?

„Wir sehen die Teppiche nicht nur als Raumschmuck“, sagt Reinhard Hauff, „sondern als integralen Bestandteil der Ausstellung.“ Dass der deutsch-türkische Künstler Viron Erol Vert mit seinen umgemodelten Kronleuchtern die eigene Autobiografie reflektiert, versteht man durch die darunter ausgebreiteten Bodenbeläge in der Tat etwas besser. Aber auch in die Knüpfwerke selbst, so zumindest Hauff, habe sich Zeitgeschichte eingeschrieben. „Wegen des Bürgerkriegs in Syrien musste Kath einen Teil seiner Produktion aus Kurdistan verlagern.“ Zum Zeichen dafür, dass sie von politischen Erschütterungen betroffen waren, liegen einige Teppiche der Ausstellung nicht flach auf dem Boden, sondern sind faltig aufgeworfen, wie nach einem Erdbeben.

„Der Unterschied zum Möbelhaus“, betont Hauff, „soll deutlich bleiben.“ Eine Ausstellung allein mit Teppichen kann er sich deshalb nicht vorstellen, obschon die Allianz von Kunsthandel und Einrichtungsbranche grundsätzlich beiden Seiten nutze. „Es gibt ein gemeinsames Klientel, das sich durch besonderen Geschmack auszeichnet.“ Aber der Galerist schränkt sogleich ein: „Häufiger als einmal pro Jahr planen wir diese Kooperationen nicht.“ Ein bisschen Angst um den Markenkern hat er dann doch.

Bis 26. Juli, Paulinenstr. 47, Di-Fr 13-18 Uhr.