Eng bebaute Viertel – wie hier in Stuttgart – könnten von der Grundsteuerreform profitieren Foto: dpa/Marijan Murat

Die Landesregierung muss die Grundsteuer neu regeln. Bis zur Sommerpause sollen die Eckpunkte vorliegen. Über das künftige Modell sind sich Grüne und CDU allerdings noch uneinig.

Stuttgart - Die erste Hürde ist genommen: Kurz vor dem Jahresende haben sich Bund und Länder auf eine Reform der Grundsteuer geeinigt und damit sichergestellt, dass die Kommunen die Steuer auch weiterhin erheben können – mit rund 1,8 Milliarden Euro jährlich ist sie für die 1101 Städte und Gemeinden im Südwesten eine der wichtigsten Einnahmequellen. Bis Ende 2024 muss nun die Reform umgesetzt werden.

 

Die grün-schwarze Koalition in Baden-Württemberg ist sich darin einig, dass sie von der von ihr miterstrittenen Öffnungsklausel Gebrauch machen will, weil das von Bundesfinanzminister Olaf Scholz vorgelegte Modell zu bürokratisch – und aus Sicht einiger Experten – gar verfassungswidrig ist. Uneins sind sich die Regierungsfraktionen allerdings bei der Frage, ob die Grundsteuer künftig „wertabhängig“ oder „wertunabhängig“ erhoben werden soll – also, ob und wie sich Lage, Infrastruktur und andere Faktoren künftig auf die Höhe der Steuer auswirken.

Entlastung für Hochhausbewohner

Die Grünen tendieren zu einem wertabhängigen Modell, dem so genannten Bodenwertmodell – die dafür nötigen Bodenrichtwerte liegen den Kommunen vor. Es müsse einen Unterschied machen, ob ein Grundstück in einem ruhigen Wohnviertel oder an einer Autobahnauffahrt liege, erklärte Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) vor einigen Monaten. Beim Bodenwertmodell müssten Eigentümer oder Mieter eines Hauses oder einer Wohnung beispielsweise am Killesberg künftig mehr Grundsteuer bezahlen als für ein gleich großes Objekt in Zuffenhausen. Denn dort, in Autobahnnähe, liegt der Bodenrichtwert in Zonen mit Ein- und kleinen Mehrfamilienhäusern bei 1130 Euro pro Quadratmeter, am Killesberg hingegen sind es bis zu 3100 Euro. Auch Hochhausbewohner würden entlastet. Bei gleicher Fläche würden sie deutlich weniger zahlen als die Bewohner eines Einfamilienhauses. Der Bodenrichtwert orientiert sich vor allem am Verkaufspreis von Grundstücken, Lage und Bebauung, er wird alle zwei Jahre vom Gutachterausschuss der Stadt beschlossen.

Dass ein Einfamilienhausbesitzer ebenso viel Grundsteuer zahlen solle wie die Mieter eines zehnstöckigen Hochhauses zusammen, sei mit der CDU-Fraktion nicht zu machen, sagt hingegen der finanzpolitische Sprecher Tobias Wald. Seine Faktion macht sich für das so genannte Flächenmodell stark, bei dem die Grundstücks- und Gebäudefläche Grundlage für die Besteuerung sind. Um einen sozialen Ausgleich zu schaffen, sollten aus Sicht von Wald zudem die Bodenrichtwerte berücksichtigt werden.

Staatsministerium fragt Experten

Während der Eigentümerverband Haus und Grund und der Steuerzahlerbund das Flächenmodell befürworten, sehen der Mieterbund und der Verband der Wohnungs- und Immobilienunternehmen darin eine Benachteiligung von Mieter in weniger privilegierten Vierteln. Wertvolle Grundstücke in Stadtteilen mit hohen Bodenrichtwerten würden relativ weniger belastet als Immobilien in schlechteren Lagen. Lageunterschiede in den Gemeinden sollten deshalb bei der Berechnung hinreichend berücksichtigt werden, forderten sie bei einer Anhörung der CDU-Fraktion. Für nächste Woche hat auch das Staatsministerium Experten zu einer Diskussion geladen.

Grund für die Reform der Grundsteuer ist eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im April 2018. Die Bemessungsgrundlagen seien verfassungswidrig, weil sie völlig veraltet seien, so die Richter. Das 2019 verabschiedete Bundesgesetz sieht nun vor, dass neben Lage und Fläche auch Nettokaltmiete sowie Alter von Immobilien berücksichtigt werden sollen. Es erlaubt den Ländern auch eigene Regelungen. In Baden-Württemberg müssen rund 5,6 Millionen Grundstücke neu bewertet werden.

Während das Land nun festlegt, wie die Grundsteuer von 2025 an berechnet wird, entscheiden die Kommunen weiterhin darüber, wie viel sie an Grundsteuer einnehmen wollen. Das ist möglich über den so genannten Hebesatz. Im vergangenen Jahr senkte die Landeshauptstadt diesen einmalig auf 420 Prozent, in diesem Jahr liegt er wieder bei 520 Prozent. Damit müssen Eigentümer und Mieter wieder mehr Grundsteuer bezahlen.