Teuer, aber wichtig: Der Grundstein für das Hospiz ist gelegt. Dass es tatsächlich so weit gekommen ist, war nicht mehr selbstverständlich.
Trotz des strömenden Regens hatten es die Besucher der Grundsteinlegung für das Hospiz an der Ecke Talstraße/Karlstraße am Dienstagmittag recht trocken. Weiße Pavillons hielten den Großteil der Witterung fern. Noch klafft gegenüber des Busbahnhofs eine große Baugrube, im Jahr 2025 jedoch sollen dort neben dem Hospiz mit acht Zimmern eine Postbank-Filiale mit Postschalter und zehn öffentlich geförderte Wohnungen vollendet sein.
Die Zeit spielte gegen das Projekt
Dass es trotz der gestiegenen Baukosten und der explosionsartigen Steigerung der Zinsen überhaupt dazu komme, dass das Projekt angegangen wird, sei ein Zeugnis dafür, für wie wichtig es gehalten wird, sagte der Geschäftsführer der Böblinger Baugesellschaft (BBG), Rainer Ganske. Von „erheblichen Mehrkosten“ und „Baukostensteigerung im Millionenbereich“ war die Rede. Die Zeit habe gegen das Bauvorhaben gespielt.
Lange Verhandlungen ums Geld
Die BBG hatte beim Kauf des Grundstücks im Jahr 2020 mit einer Investition von rund zehn Millionen Euro kalkuliert. Zu den aktuellen Zahlen nun machte Ganske keine Angaben. Dass sie „deutlich“ über zehn Millionen liegen, bestätigte die BBG allerdings. Und die Andeutungen in seiner Rede ließen darauf schließen, dass es zeitweise schwierig bestellt war um das Vorhaben. Der Bauprofi sprach von Unstimmigkeiten bei der Mietkostenbestimmung und der Finanzierung. Doch, schloss Ganske, „nach teils schwierigen Verhandlungen sitzen nun alle Partner in einem Boot“.
Sichtlich gerührt war die Vorsitzende des Hospizvereins Region Böblingen-Sindelfingen, Maria Dries-Koblowsky. Die Vision des Vereins steht nun, nach fünf Jahren Hoffen und Bangen, kurz davor, Realität zu werden. „An allen Hospizen gibt es inzwischen Aufnahmelisten, und gerade in unserer besonders bevölkerungsreichen Region gibt es bisher kein Hospiz“, beschrieb Dries-Koblowsky die Situation. Der Verein hat in den vergangenen fünf Jahren nach eigenen Angaben rund 550 000 Euro Spenden gesammelt.
Eine wertvolle Einrichtung für die Region
Sobald das Gebäude steht, übernimmt die St. Elisabeth-Stiftung aus Bad Waldsee die Trägerschaft, die mit 2700 Mitarbeitenden bereits sechs Hospize betreibt. Vorständin Andrea Thiele sagte, die Stiftung wolle „Sterbenden ein menschenwürdiges Leben ermöglichen“. „Die Stadt Böblingen wird um eine wertvolle Einrichtung reicher“, sagte auch der Oberbürgermeister Stefan Belz. Als Mitglied im Hospizverein einerseits und Aufsichtsratvorsitzender andererseits ist er quasi doppelt an dem Projekt beteiligt.
In den traditionellen Grundstein füllten die Beteiligten neben den aktuellen Ausgaben der örtlichen Tageszeitungen und den Architektenplänen auf einem USB-Stick auch etwas Geld. „Das deckt wahrscheinlich nicht ganz die Baukosten“, scherzte Belz. Die St. Elisabeth-Stiftung verewigte sich unter anderem mit einem Hospizlicht, der Hospizverein mit einer Flasche Wein von 2018 – dem Gründungsjahr des Vereins.
Rettungsschirm für die ersten Jahre
Dass das Hospiz kostendeckend arbeitet, wird zunächst nicht erwartet. Wie OB Belz betonte, geben die Städte Sindelfingen und Böblingen sowie der Landkreis und verschiedene Kirchengemeinden für die ersten fünf Jahre eine sogenannte Abmangelgarantie, um eventuelle Fehlsummen aufzufangen. Ein Aufenthalt im Hospiz wird zwar zum Großteil von den Krankenkassen übernommen, aber eben nicht komplett.
Trotz, oder gerade wegen, der exponierten Lage direkt am Bahnhof halten die Beteiligten den Standort für perfekt. „Mitten in der Gesellschaft“, war am Dienstag oft zu hören. Zum Schutz der künftigen Gäste vor Lärm sollen die Fenster der acht Zimmer sich im Übrigen zum Hof hin öffnen.