Tom Lehel (Mitte) brachte Schülerinnen und Schülern der Fasanenhofschule das Thema Mobbing näher. Foto: Sandra Hintermayr

Mobbing ist viel mehr als nur Hänseleien. Der TV-Moderator, Sänger und Autor Tom Lehel und die betrieblichen Krankenkassen sensibilisieren Grundschüler. An der Fasanenhofschule sagt er: „Wer nix tut, mobbt auch“.

Fasanenhof - Er sei selbst schon alleine auf dem Schulhof gestanden, berichtet einer der Schüler. Keiner habe mit ihm spielen wollen. „Das hat mich traurig gemacht“, sagt der Drittklässler. Ausgrenzung ist einer von zahlreichen Aspekten von Mobbing, die von verbalen Erniedrigungen bis hin zu körperlicher Gewalt im Extremfall reichen. „Mutig“ nennt Tom Lehel den Jungen, der seine Erfahrungen so offen vor den Mitschülern teilt. Etwa die Hälfte der rund 50 anwesenden Kinder bestätigt, in der Schule schon einmal gehänselt worden zu sein, noch mehr hätten Mobbing bereits beobachtet.

Sie habe dann einen Lehrer geholt, erzählt eine Schülerin. „Genau richtig“, lobt Lehel. „Wichtig ist: keine Gewalt, keine coolen Sprüche, sondern holt Hilfe.“ In der Schule kann das ein Lehrer sein, in der Stadtbahn ein Erwachsener, der in der Nähe sitzt. Auch die Eltern zu informieren sei sinnvoll. „Das ist kein Petzen. Das ist Hilfeholen“, sagt Lehel. „Denn zusammen kann man Mobbing unterbinden.“

Der Coach ist als Schüler selbst gemobbt worden

Tom Lehel spricht aus eigener Erfahrung. Als Schüler sei er selbst jahrelang gemobbt worden, „ich weiß, wie sich das anfühlt“. Heute ist er TV-Moderator, Musiker, Autor und Anti-Mobbing-Coach. „Meine Geschichte soll euch stärken“, sagt Lehel. Denn heute gehe es ihm gut – trotz der Erniedrigungen in seiner Schulzeit.

Als sein Sohn ihm berichtet habe, ebenfalls in der Schule gemobbt zu werden, sei das ein Auslöser gewesen, sich öffentlichkeitswirksam gegen Mobbing zu engagieren, erklärt Lehel. „Ich habe damals mit seinen Lehrern gesprochen. Sie hatten gar nicht mitbekommen, dass mein Sohn gemobbt wurde.“ Für Lehel ein Grund, dem Thema mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Er schreibt Bücher und komponiert Lieder, die das Thema kindgerecht aufgreifen und Respekt im Umgang miteinander vermitteln wollen. Seine Stiftung „Mobbing stoppen! Kinder stärken!“ will Mobbing schon an Grundschulen entgegenwirken.

Schüler, Lehrer und Eltern werden sensibilisiert

Mit seinem Präventionsprogramm „Wir wollen mobbingfrei!“ besucht er Grundschulen in ganz Deutschland. Zwölf Betriebskrankenkassen (BKK) veranstalten und fördern sein Programm, stellen den Klassen zum Beispiel Lehels Bücher zur Verfügung. Der BKK-Dachverband und die vier BKK-Landesverbände, darunter der BKK-Landesverband Südwest, unterstützen das Projekt, in Baden-Württemberg ist auch das Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) beteiligt. Das Programm, bei dem Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer sowie Eltern informiert und geschult werden, findet jeweils an zwei Tagen statt und wird von der Arbeitsgruppe von Professor Mechthild Schäfer von der Ludwig-Maximilians-Universität München wissenschaftlich begleitet und evaluiert.

Am Dienstag ist das Team um Lehel an der Fasanenhofschule im Möhringer Stadtteil Fasanenhof gewesen. In dieser Woche folgten und folgen weitere Veranstaltungen in Stuttgart, Böblingen und Renningen. Tom Lehel singt und tanzt mit den Kindern, interagiert mit ihnen, nähert sich behutsam und zugleich spielerisch dem so ernsten Thema Mobbing. Im Anschluss vertiefen die Kinder das Thema mit Pädagoginnen und Pädagogen.

Die Kinder lernen schon früh achtsames Miteinander

Gerade die Frühprävention sei wichtig. „Die Kinder lernen, dass auch Kleinigkeiten eine Wirkung erzielen“, sagt Lehel. Die Schülerinnen und Schüler lernen auch, wie sie Mobbing gar nicht erst aufkommen lassen; durch achtsames Miteinander. „Wir haben eine Verantwortung für andere.“

Die Fasanenhofschule habe kein Problem mit Mobbing, betont Konrektorin Martina Grochal. Fremd sei das Thema der Schulgemeinschaft aber nicht, Mobbingfälle seien schon an die Lehrer herangetragen worden. „Unsere Schülerinnen und Schüler haben so viel Vertrauen zu uns, dass sie uns über die Vorfälle informieren“, sagt Grochal. Gerade im Internet und dem Cybermobbing sieht die Konrektorin eine Gefahr unserer Zeit. „Es ist wichtig, die Kinder früh aufzuklären.“

Was im Internet gepostet wird, ist noch Jahre später auffindbar

Auch Tom Lehel hat das Thema auf seiner Agenda. Er betont: „Alles, was ihr im Internet postet, ist nicht löschbar. Es verschwindet vielleicht für euch, wenn ihr es löscht, aber nicht aus dem Netz.“ Noch Jahre später könne eine Hassbotschaft gefunden werden – das könne mitunter negative Folgen für den Mobber haben, der unter Umständen bei einem Vorstellungsgespräch keinen Job bekomme, weil der Personaler die alten Posts gefunden habe. „Passt auf, was ihr postet im Netz!“, mahnt Lehel.

Ein weiterer Punkt, der ihm wichtig ist: Mobbing ist nicht nur Handeln, sondern auch Wegschauen. Das heißt, dass diejenigen, die dem Opfer nicht beistehen, das Mobbing noch unterstützen. „Wer nix tut, mobbt auch“, sagt Lehel und ruft die Kinder auf: „Schaut hin, nicht weg!“ Respekt voreinander sei ein Schlüssel gegen Mobbing. Wenn sich alle wohlfühlten, habe Mobbing keine Chance. „Gemeinsam könnt ihr das schaffen“, sagt Lehel.