Alles andere als normal: die Drittklässler der Grundschule Kaltental haben derzeit Unterricht im Bürgersaal. Foto: Georg Linsenmann

In Kaltental werden Grundschüler unterrichtet wie einst ihre Großeltern. Weil Platz fehlt, müssen die Kinder in den Bürgersaal ausweichen, wo sie Schulter an Schulter sitzen. Abends kommt die Spedition und räumt die Tische weg. Wir waren vor Ort.

Kaltental - Um 11 Uhr ist eigentlich keine Pause an der Grundschule Kaltental. Die Drittklässler haben trotzdem ihre Vesperboxen und Trinkflaschen auf dem Tisch, denn Kinder, die vom Sport kommen, brauchen eine Stärkung. Zudem haben sie „eine kleine Wanderung“ hinter sich – von der Sporthalle der Grundschule an der Fuchswaldstraße zum Bürgersaal an der Feldbergstraße. Dort befindet sich, weil die zwei Container als Ersatzschulräume nicht geliefert wurden, seit Beginn des Schuljahres das provisorische Klassenzimmer der Klassen 3b und 3c: für 44 Kinder in eng gefüllten Bankreihen.

Die Zusatzpausen, die vom regulären Unterricht abgehen, gibt es häufiger in der Woche. Immer dann, wenn die eine Hälfte Sport hat oder der gemeinsame Religionsunterricht der Drittklässler ansteht. Oder wenn der Stundenplan diverse AGs vorsieht. Und noch mehr Zeit geht ab, wenn die Kinder mit ihren Lehrern einpacken müssen: das ganze Klassenzimmer. Wie vor diesem Wochenende wieder, denn die Schule ist hier nur zur Untermiete bei der Bürgerinitiative Kaltental, die selbst Bedarf hat für langfristig geplante Termine. Dann packen die Kinder ihr komplettes Material in Fächerkisten, die Stehsammler für die Bücher in extragroße, gelbe Kisten. Die Spedition steht da schon bereit, um Stühle und Tische einzupacken. Nur die Rollschränke dürfen im Flur stehen bleiben. Alles andere muss raus, in den Lastwagen. Und am Montagmorgen wird dann wieder ausgepackt, der Versammlungsraum wird in ein Klassenzimmer zurückverwandelt.

Bezirksbeirat spricht von einer großen Sauerei

Die nächsten sechs Termine fürs Ein- und Ausräumen stehen schon fest. Und Mitte November müssen die beiden Klassen an zwei aufeinander folgenden Schultagen – mitten in der Woche – ganz weichen: „Dann machen wir wohl Lerngänge in die Stadt. Ins Museum zum Beispiel“, sagt Dagmar Dreikluft, die im Tandem mit Katja Skrzypek die Drittklässler im Bürgersaal unterrichtet. „Normaler Unterricht ist so nicht möglich. Freies, offenes Arbeiten, wie es der Bildungsplan verlangt, das geht nicht. Wir versuchen eben, dass wir mit dem Stoff nicht ins Hintertreffen kommen“, sagt Dreikluft. Als sie erfuhr, dass das ursprünglich bis zu den Herbstferien festgesetzte Provisorium verlängert wird, weil die Firma die Container immer noch nicht liefern kann, sei sie „zuerst blass und dann rot vor Wut“ geworden.

Ähnlich die Reaktionen im Bezirksbeirat, als nur Stunden vor der aktuellen Sitzung die Verlängerung bekannt wurde. Eltern richteten schwere Vorwürfe an das Schulverwaltungsamt. Geli Hersolt etwa meinte: „Die Stadt hat es verbockt, und wir sollen es ausbaden.“ Bezirksbeirat Roland Petri (CDU) sprach von einer „großen Sauerei“, und Bezirksvorsteher Raiko Grieb konstatierte: „Es ist klar, dass möglichst schnell eine Lösung gefunden werden muss.“ Vor Ort, wo Monika Düser und Dennis Stolze gerade Pausenaufsicht machen, unterstreichen die Elternvertreter die Vorwürfe: „Die Situation war seit mindestens zwei Jahren absehbar. Das Schulverwaltungsamt hat es schleifen lassen und ist dann sehenden Auges in dieses Debakel geschlittert,“ meint Düser.

Verwaltung sagt, sie habe rechtzeitig gehandelt

Philipp Forstner, der stellvertretende Leiter des Amtes, stellt dem entgegen: „Wir wussten angesichts der Schülerzahlen, dass wir gegensteuern müssen. Und wir haben das auch rechtzeitig getan. Leider gab es Faktoren, die wir nicht beeinflussen konnten.“ An erster Stelle nennt er, „dass wir auf die Ausschreibung kein Angebot erhalten haben“. Und dann habe der Container-Hersteller, der nach der zweiten Ausschreibung den Auftrag erhielt, „aufgrund interner Versäumnisse, wie die Firma einräumt, nicht zu Beginn des neuen Schuljahres liefern können“. Deshalb sei das Interimsquartier Bürgersaal nötig geworden.

Inzwischen habe das Tiefbauamt „noch einmal intensiv mit der Firma verhandelt“. Das Ergebnis: „Statt Anfang 2018 sollen wir die Container nun so bekommen, dass die beiden Klassen im Laufe der ersten Dezember-Woche in die Ersatzräume auf dem Schulhof einziehen können. Wir hoffen sehr, dass dieser Termin jetzt eingehalten wird.“ Einig ist er sich mit den Eltern aber in diesem Punkt: „Die Schule ist am Limit. Wir sind auf die Container angewiesen, wir brauchen sie ganz dringend.“