Der VGH in Mannheim setzt Maßstäbe bei der Abschiebung nach Afghanistan – und bekommt aus der Fachwelt Zustimmung für seine Ansicht.
Das wegweisende Urteil des Mannheimer Verwaltungsgerichtshofes zum Abschiebeverbot nach Afghanistan bekommt in der Fachwelt Anerkennung. „Der VGH überzeugt mich persönlich und ist in der Sache restriktiv“, sagt Daniel Thym, Direktor des Forschungszentrums für Ausländer- und Asylrecht an der Universität Konstanz. Zum einen gelte nach der Entscheidung nicht jeder Afghane automatisch als politisch verfolgt, andererseits bekämen Afghanen doch einen Schutzstatus, so der Professor für Öffentliches Recht gegenüber unserer Zeitung.
Signalwirkung über das Land hinaus
Der Verwaltungsgerichtshof hatte im Februar entschieden, dass ein junger, alleinstehender und erwerbsfähiger Afghane nicht in seine Heimat abgeschoben werden darf weil ein nationales Abschiebeverbot bestehe. Die Entscheidung ist erst in dieser Woche veröffentlicht worden und war das erste Urteil des VGH nach der Machtübernahme der Taliban. Bundesweit könnte das Urteil Signalwirkung haben. Auch andere Oberverwaltungsgerichte beschäftigt das Thema.
Prekäre Lebensumstände
Der 11. Senat hatte festgestellt, dass Rückkehrern aus dem Westen nicht automatisch Verfolgung durch die Taliban drohe. Allerdings seien die Lebensumstände in Afghanistan so prekär, dass „ohne tragfähiges soziales Netzwerk“ nicht einmal die elementarsten Bedürfnisse wie Bett, Brot und Seife befriedigt werden könnten. Der Kläger verfüge nicht über solch ein Netzwerk. Das Gericht unterstellt also, dass selbst junge Männer in Afghanistan nicht für sich alleine sorgen können. „In der Sache bekommen so praktisch alle Afghanen einen Schutzstatus“, sagt Daniel Thym. Das ist ein stärkerer Schutz als die aktuelle Aussetzung der Abschiebungen durch den Bund.