Mit viel Eifer gehen die Grundschüler in der Natur auf Spurensuche – und werden fündig. Foto: Georg Linsenmann

Auf der Streuobstwiese am Greutterwald erforschen Grundschulkinder aus Zuffenhausen das ganze Jahr über die Natur. Die Firma Porsche finanziert das Projekt mit 9500 Euro.

Zuffenhausen - Den Kindern im Sachkundeunterricht „die unmittelbare Begegnung mit der lebenden Natur und deren Vielfalt in ihrer heimatlichen Umgebung“ ermöglichen, sie anzuregen, einen „verantwortlichen Umgang mit sich und der Natur aufzubauen“, das ist ein erklärtes Ziel des Bildungsplanes für die Grundschüler des Landes. Es trifft zusammen mit der Maßgabe der Porsche AG, „nachhaltige Projekte“ zu fördern. So sind die Autobauer auf den Verein Streuobst-Pädagogen e.V. aus dem Rems-Murr-Kreis gekommen, der bereits an verschiedenen Orten Streuobstwiesen als außerschulische Lernorte nutzt.

Leicht war da der Schulterschluss mit den drei hiesigen Grundschulen, die sich mit insgesamt neun Klassen für einen vollen Jahreslauf immer wieder ins „grüne Klassenzimmer“ begeben und dabei das Thema „Wiese wahrnehmen – sehen, hören, riechen“ beackern und erleben. Ein Projekt, das Porsche mit 9500 Euro finanziert, wozu auch die Ausbildung weiterer Streuobst-Pädagogen gehört, die vor Ort diese besonderen Naturkunde-Stunden gestalten.

Auf Entdeckungstour am Wegesrand

An diesem Morgen nun ist die Klasse 3b der Hohensteinschule an der Reihe. Gebannt sitzen 16 Kinder mit Ursula Kastl auf einem Weg durch die Wiesen im Gewann Greutterwald, betrachten eine erbleichte Libelle, sehen, wie man aus dem Kokon einer Seidenspinner-Raupe Fäden ziehen kann oder was für ein faustgroßes „Nest“ der Stich einer Gallwespe im Ast eines Rosenstrauches fabriziert hat. Sie lauschen dem Gezwitscher der Vögel und dem Gesumse der Bienen – und wissen bereits, wie Heuschrecken ihr Zirpen erzeugen. „Denen haben wir das letzte Mal ein Hotel gebaut“, heißt es, als ein Ohrenzwicker mitten durch die Kindergruppe krabbelt, sich nicht einfangen lassen will und schließlich ins Gras entwischen darf.

Jetzt aber dürfen sie selber ran! „Aber nicht die Wege verlassen, das ist ein Naturschutzgebiet! Und Schmetterlinge bitte nicht berühren!“ Zu zweit und zu dritt suchen sie nun nach dem, was am Wegesrand so kreucht und fleucht, schauen es in ihren Becherlupen mal genauer an, lassen Käferchen und Ameisen in eine transparente Dose rutschen und drücken den Deckel feste zu. „Nicht zu viel schütteln, das finden die nicht toll!“, mahnt Leon seine beiden Mitstreiter Danny und Peter, die eben einen Mistkäfer entdeckt haben. Leider nur ein Leerpanzer! Behutsam hüten Sofia, Sarah und Marie-Sophie den „Baby-Grashüpfer“, und Liram ist stolz auf die zwei Wanzen mit dem typischen Dreiecks-Muster auf dem Rücken.

Kinder lernen Achtung vor der Natur

Sichtbar angetan vom eifrigen Suchen ist Michaela Böttcher, die Klassenlehrerin: „Die Kinder gehen sehr gerne raus! Jetzt sind wir schon das fünfte Mal hier. Man merkt, wie achtsam sie werden, wie sie von alleine schauen und suchen. Wenn früher ein Riesen-Bohei war, wenn sich eine Wespe oder eine Spinne ins Klassenzimmer verirrt hatte, dann bleiben sie jetzt ganz unaufgeregt“, berichtet Böttcher. Und die drei toten Mäuse, auf die sie beim Herkommen im Wald stießen, hätten „keinen Ekel, sondern interessierte Neugierde“ erregt, ergänzt die Schulleiterin Sylvana Charrad: „Die Kinder lernen Achtung vor der Natur, und sie lernen hier ganz anders“, betont Charrad, „und sie lernen mehr als mit Tafel, Folien und Büchern in drei Schulstunden. Das ist eine totale Bereicherung!“

Zum Schluss öffnet Kastl noch einmal ihre Überraschungskiste. Hervor kommt ein voluminöses Hornissennest. Die Kinder dürfen Teile in die Hand nehmen, sind verblüfft, wie federleicht das ist. Und sie lernen, wie Hornissen in ihrem kurzen Leben ein Haus bauen: aus der Zellulose, die sie aus dem Holz zuzeln. Ein Haus aus Papier! Dann nimmt Kastl leere Häute von Ringelnattern heraus, dünn und durchsichtig wie Zellophan. Was für ein Zauber! Und so geht es gerade weiter, denn die Streuobst-Pädagogin hat auch noch ein Hummelnest parat. Weil die Hummeln da drin im Herbst ihr Leben geendigt hatten, wandern sie nun von Kinderhand zu Kinderhand: „Weich wie eine Kuscheldecke“, stellt jemand aus der Gruppe fest. Schließlich dürfen sie noch Mini-Kügelchen von Blütenpollen aus dem Glas kosten.

Im Herbst wird Obst geerntet fürs Apfelfest

Tierisch geht die Aktion auch zu Ende. Zuerst gehen sie paarweise Rücken an Rücken, wie sich paarende Feuerwanzen. Dann werden sie in zwei Gruppen zu Tausendfüßlern, was mit ein bisschen Übung und klaren Kommandos ganz hübsch funktioniert. Entsprechend fröhlich und ausgelassen geht es auf den Rückweg, wobei die Klassenlehrerin noch schnell berichtet: „Die Kinder haben wieder nach ihrem Birnbaum geschaut, den wir im Herbst zusammen gepflanzt haben. Ein Stuttgarter Geißhirtle.“ Wenn es Herbst dann wird, werden die Kinder wieder vorbeikommen. Dann wird Obst geerntet und reichlich Saft gepresst – fürs Apfelfest, den krönenden Abschluss des Projektes.