Tübingens OB Boris Palmer bilanziert den Grünen-Parteitag und lobt Winfried Kretschmanns Rolle. Foto: dpa

Vor dem Grünen-Treffen in Berlin hatte Winfried Kretschmann gewarnt, zu stark an der Steuerschraube zu drehen. Auf dem Parteitag selbst hielt sich der Regierungschef jedoch betont zurück – im Gegensatz zu Boris Palmer, der dafür Kritik erntete. Der Tübinger Oberbürgermeister zeigt sich davon unbeeindruckt.

Stuttgart - Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) hat seinen Parteifreund und baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann gegen Kritik in Schutz genommen, der Regierungschef habe sich beim Bundesparteitag der Grünen in Berlin nicht energisch genug gegen überhöhte Steuererhöhungen gewehrt und damit der Wirtschaft geschadet. „Das bisherige Konzept der grünen Vermögensabgabe hätte zehn Prozent der mittelständischen Personengesellschaften belastet. Das ist jetzt ausgeschlossen. Wenn es also einen Gewinner gibt, dann ist das Baden-Württemberg“, sagte Palmer den Stuttgarter Nachrichten und betonte: „Eine Vermögensabgabe, die mittelständische Personengesellschaften in der Substanz belastet, darf es nicht geben.“

Der Tübinger OB forderte, die Vermögensteuerpläne der SPD und die grüne Vermögensabgabe müssten überarbeitet werden. „Wenn es nicht gelingt, die Betriebsvermögen der Mittelständler in der Substanz außen vor zu lassen, darf es keine Vermögensabgabe geben. Das ist eine unabdingbare Bedingung, denn der Mittelstand würde nur wegen der Rechtsform eine Abgabe in beträchtlicher Höhe zahlen, die Aktiengesellschaften nicht bezahlen müssten. Das kann Baden-Württemberg bei seiner Wirtschaftsstruktur nicht vertreten.“

Palmer wies zugleich Befürchtungen zurück, die Steuerpläne der Grünen könnten der Partei ähnlich schaden wie beim Beschluss 1998, für einen Liter Benzin künftig fünf Mark verlangen zu wollen: „Da gibt es einen großen Unterschied. 1998 in Magdeburg war die Gesellschaft auf so etwas überhaupt nicht vorbereitet. Das war eine völlige Minderheitenposition von Leuten wie mir, die meinten, dass man Autofahren so teuer machen muss, dass sich das Verkehrsverhalten verändert. Heute sind drei Viertel der Bundesbürger der Meinung, dass man an der Steuerpolitik etwas ändern muss, um zu mehr Gerechtigkeit zu kommen. Eine Mehrheit der Bevölkerung treibt dieses Thema um. Deshalb wird die Diskussion um höhere Steuern keine solchen Folgen haben wie der Fünf-Mark-Beschluss.“