Gegen die Feinstaubbelastung in Stuttgart wollen die Grünen mit der blauen Plakette vorgehen. Foto: dpa

Auch wenn die meisten Verkehrsminister kürzlich abgewinkt haben, will Baden-Württemberg doch die blaue Plakette für schadstoffarme Verbrennungsmotoren durchsetzen. Das diene der Umwelt und der Wirtschaft, argumentiert Ministerpräsident Kretschmann (Grüne).

Stuttgart - Spätestens im Frühjahr besser noch in diesem Jahr will Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) die Einführung der blauen Plakette für schadstoffarme Verbrennungsmotoren bekannt geben können. Etwa im Jahr 2020 sollte sie nach dem Willen von Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) eingeführt werden. Obwohl die Verkehrsminister der Länder das Vorhaben bei ihrer jüngsten Konferenz mehrheitlich abgelehnt haben, hält Baden-Württemberg an dem Plan fest. Der Südwesten will eine Bundesratsinitiative für die blaue Plakette starten. Am kommenden Dienstag soll das Kabinett die Entscheidung fällen. Dann will Verkehrsminister Hermann die Bundesländer überzeugen. „Wir werden argumentativ arbeitend durch die Länder gehen“, kündigte er an.

Im Interesse der Wirtschaft

Der Ministerpräsident selbst ist nach eigenem Bekunden derzeit „sehr stark unterwegs um die Spitzen der Mobilindustrie davon zu überzeugen“. Die blaue Plakette würden Benzinmotoren der Euronorm drei und Diesel der Euronorm sechs erhalten. Nach Auffassung von Kretschmann und Hermann ist eine blaue Plakette im Interesse der Wirtschaft und der Klimaschutzes. Beide halten die Verbrennungsmotoren als Übergangstechnologie für unverzichtbar.

Die Plakette verstehen sie als Technologietreiber. Auch die Übergangstechnologie müsse sauber sein. Gleichzeitig wollen sie damit der Verunsicherung möglicher Autokäufer entgegenwirken. „Die Plakette zeigt, es gibt saubere Dieselmotoren“, betonte Kretschmann. Firmen müssten die Gewissheit bekommen, dass Dieselfahrzeuge in ihrer Fahrzeugflotte mit der blauen Plakette auch in Zukunft fahren dürften. „Man muss klare Ansagen machen, was kommt“, sagte Hermann. „Die Leute kaufen keinen Diesel, weil sie nicht wissen, was kommt.“

Die Dieseltechnologie ist in Baden-Württemberg „hochgradig arbeitsplatzrelevant“, wie der Regierungschef sagte. Kretschmann sprach von 50 000 Arbeitsplätzen, die im Südwesten an der Dieselproduktion hängen. Da seien Transformationsstrategien bei der Umstellung auf Elektroautos notwendig. Hermann versteht Politik auch als „Antreiber für die Wirtschaft“. Er betonte, „wir tun es wegen der Wirtschaft“.

CDU pocht auf Ausnahmeregelungen

Wolfgang Reinhart, der Fraktionschef der Landtags-CDU bezeichnete die blaue Plakette als ein Instrument, „die Luft in Stuttgart zu verbessern“. Gleichzeitig verlangt die Fraktion Ausnahmeregelungen zum Beispiel für Handwerker aus dem Umland. „Sonst käme die blaue Plakette einem Berufsverbot gleich“.

Einem Verbot für die Neuzulassung von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren ab dem Jahr 2030, wie es zum Beispiel die Grünen im Bund fordern, erteilte die CDU aber auch Kretschmann eine Absage. Es gäbe zu viele Unwägbarkeiten, um so einen Termin einzuhalten, sagte Kretschmann. Auch sollte die Politik keine Erwartungen wecken, die nicht einzuhalten seien. Gegenwärtig gebe es nicht einmal ein Prozent Elektrofahrzeuge im Land. „Wen sollte da so ein Datum beeindrucken?“

Das Schlimmste wäre laut Winfried Hermann, wenn die Gerichte Dieselfahrzeuge verbieten würden. Die Politik sei gefragt, zu zeigen, dass die Grenzwerte für Stickoxide auch ohne Gerichtsbeschlüsse eingehalten werden könnten.