Auf der Grünen Woche wird auch Agrar-Idylle präsentiert. Der Alltag auf einem Bauernhof hat damit meist wenig zu tun. Foto: dpa

Die Grüne Woche in Berlin ist ein Publikumsmagnet. 1660 Aussteller zeigen alles rund um Land- und Forstwirtschaft sowie Gartenbau. Vor allem die Ernährungsindustrie erwartet nicht zuletzt wegen wachsender Exporte in diesem Jahr ein Umsatzplus.

Berlin - In der Agrarindustrie und bei den Landwirten herrscht vor dem Start der 83. Grünen Woche in Berlin gute Stimmung. Die Lebensmittelhersteller erwarten einen weiteren Umsatzrekord, weil die Exporte wachsen und die Verbraucherpreise anziehen. Die Gewinne der Bauern sind im abgelaufenen Wirtschaftsjahr um mehr als ein Drittel je Betrieb geklettert.

Zur größten Agrarmesse der Welt, die am Freitag in den Hallen unter dem Berliner Funkturm für zehn Tage die Tore öffnet, werden 400 000 Besucher erwartet. 1660 Aussteller aus 66 Ländern werden auf 116 000 Quadratmetern ihre Angebote aus der Landwirtschaft, Ernährungsindustrie, dem Gartenbau und der Forstwirtschaft zeigen. Partnerland ist Bulgarien. Erstmals nehmen Vertreter aus dem Golfstaat Katar teil. Die Messe findet seit 92 Jahren statt und wird von Landwirtschaftsminister Christian Schmidt eröffnet.

Die Gewinne der Landwirte steigen

Die wirtschaftliche Situation der Landwirtschaft habe sich nach den Krisenjahren 2015/16 wieder verbessert, sagte der Präsident des Deutschen Bauernverbands, Joachim Rukwied, vor dem Start der Leistungsschau in Berlin. Das hätten die Betriebe zur Stärkung des Eigenkapitals und für mehr Investitionen genutzt. Zu Jahresbeginn standen die Erzeugerpreise laut Rukwiek aber wieder „unter Druck“, vor allem bei Schweinen, Milch und Getreide.

Im abgelaufenen Wirtschaftsjahr stiegen die Gewinne der Agrarbetriebe so stark wie lange nicht mehr. In den Haupterwerbsunternehmen verbesserte sich das Ergebnis im Schnitt um gut ein Drittel auf 56 800 Euro je Betrieb und 38 900 Euro je Arbeitskraft. Vor allem mit Milchvieh und in der Veredelung konnte der Ertrag kräftig erhöht werden, im Ackerbau dagegen gab es nur einen leichten Zuwachs. Noch liege das Ertragsniveau aber unterhalb früherer Jahre, betont Rukwied.

Die Exporte steigen

Auch die rund 6000 deutschen Lebensmittelerzeuger mit ihren fast 600 000 Beschäftigten haben teils ein sehr lukratives Jahr hinter sich. Nach ersten Schätzungen seien ein Rekordumsatz von 181 Milliarden Euro und ein Plus von 5,7 Prozent erzielt worden, sagte Christoph Minhoff, Geschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE). Die Exporte deutscher Lebensmittel wuchsen demnach sogar um 6,9 Prozent auf 60,4 Milliarden Euro.

Für das laufende Jahr sei die Branche weiter zuversichtlich, betont Minhoff. Zwei Drittel der Befragten erwarteten laut einer aktuellen BVE-Umfrage steigende Umsätze, vor allem dank Preissteigerungen. Für Verbraucher sind das weniger gute Nachrichten. Schon im vergangenen Jahr verteuerten sich Lebensmittel um durchschnittlich 2,8 Prozent, während die Verbraucherpreise insgesamt deutlich geringer um 1,7 Prozent stiegen. Die Grüne Woche ist mit mehr als 300 Fachveranstaltungen auch ein Forum für Branchenthemen und die Agrarpolitik. 70 Landwirtschaftsminister werden allein zum 10. Global Forum for Food and Agriculture erwartet.

Kritik an der Agrarindustrie

Kritiker der Agrarindustrie nutzen die Agrarmesse ebenfalls als Bühne, um ihre Forderungen nach deutlich mehr Tier- und Umweltschutz im Stall und auf dem Acker zu betonen. Unter dem Motto „Wir haben es satt!“ organisiert der Umweltverband BUND auch in diesem Jahr am Samstag eine Demonstration im Berliner Regierungsviertel. Gefordert werden eine Agrarwende hin zu mehr bäuerlicher und ökologischer Landwirtschaft, weniger Pestizide und Gentechnik, der Stopp von Subventionen an immer größere Agrarkonzerne sowie von Freihandels-Abkommen wie TTIP und Ceta.

Die Verbraucherzentralen forderten die nächste Bundesregierung auf, den „Stillstand“ in der Lebensmittel- und Ernährungspolitik zu beenden. „Ich wünsche mir eine Regierung, die nicht aufschiebt, sondern anpackt und Verbraucherbelange ernst nimmt“, sagte der Chef des Dachverbands VZBV, Klaus Müller. Es gebe angesichts vieler Versäumnisse der letzten Regierung viel zu tun. Die Lebensmittelüberwachung müsse gestärkt, gesunde Ernährung mehr gefördert werden. Überfällig sei zudem ein anspruchsvolles staatliches Tierwohl-Label.