Die Kosten für die Restauration des Schulschiffes Gorch Fock haben sich gegenüber der Planung vervielfacht.   Foto:dpa Foto:  

Wegen der Sanierung der Gorch Fock braut sich ein politischer Orkan zusammen. Ob das Schulschiff der Marine diesen Sturm übersteht, ist offen.

Berlin - Seit mehr als drei Jahren liegt sie zerlegt in der Werft, und die Aussichten, ob die Gorch Fock jemals wieder eine Handbreit Wasser unter dem Kiel haben wird, sind ungewiss. Jahrzehntelang war das Segelschulschiff der Bundeswehr, das nicht nur auf den Weltmeeren zu Hause war, sondern bis zur Einführung des Euro als Zierde des Zehn-Mark-Scheins durch die Geldbeutel der Republik segelte, der „Stolz der Marine“. Von diesem Ruf kann das Schiff derzeit nicht zehren.

Aus der routinemäßigen Überholung, die am 25. November 2015 begann, sechzehn Wochen dauern und zehn Millionen Euro kosten sollte, ist über drei Jahre später eine Operation ohne absehbares Ende und mit unüberschaubarem Kostenrisiko geworden. Vom 3. Januar datiert der Bericht des Bundesrechnungshofs, der unserer Zeitung vorliegt und auf 39 Seiten so viel Sprengstoff enthält, dass die Opposition an die Ausmusterung des Traditionsseglers denkt. Der spielt im Ausbildungskonzept der Marine für den Offiziersnachwuchs eine „unverzichtbare“ Rolle – bisher. Ob es so bleibt, ist ungewisser denn je.

Kostensteigerung stößt in neue Dimension vor

„Verheerend“, nennen Verteidigungspolitiker im Bundestag den Bericht der Rechnungsprüfer. Dass die Reparatur der Gorch Fock wesentlich teurer werden würde als geplant, ist in den vergangenen Jahren in Etappen deutlich geworden. Erst stieg der Kostenrahmen auf 64, dann auf 75 Millionen Euro. Seit März vorigen Jahres ist von 135 Millionen Euro die Rede. Das ist eine Reparaturkostensteigerung von 1250 Prozent – selbst im kostenexplosionsgeplagten Rüstungsbereich der Bundeswehr ist damit eine neue Dimension erreicht. Zum Vergleich: Der Kauf des Schützenpanzer Puma – der Neuerwerbung mit der höchsten Teuerung unter den großen Waffensystemen der Truppe – ist um fünfzig Prozent teurer geworden als geplant.

Seit kurz vor Weihnachten steht durch die Selbstanzeige eines Beamten ein Korruptionsverdacht im Raum. Eine Razzia in der Elsflether Werft folgte, das Verteidigungsministerium ordnete einen Zahlungsstopp an, und der Festakt zum 60. Jahrestag der Gorch Fock fiel ins Wasser.

„Gefahr für Leib und Leben der Besatzung“

In seinem Bericht, der die Wartungsarbeiten an der Gorch Fock bis ins Jahr 2000 in den Blick genommen hat, moniert der Rechnungshof eine durch und durch „fehlerhafte Vorbereitung“ der GorchFock-Sanierung. Teile des Schiffes seien über lange Zeiträume, manche seit 1979, nicht mehr überprüft worden, so dass größere Korrosionsschäden am Rumpf unentdeckt geblieben seien. „Der Bericht des Havariebeauftragten macht deutlich, dass aufgrund des Alters und des Zustandes des Schiffes Gefahr für Leib und Leben der Besatzung und der Offiziersschüler bestand“, heißt es in dem Bericht. Die Prüfer vermissen außerdem eine Analyse, ob ein Neubau wirtschaftlich gewesen wäre. Nach ihrer Auffassung ist das der Fall – sie beziffern das Einsparpotenzial beim Neubau eines Schulschiffs auf 56 Millionen Euro. Die Behörde „hält es nicht für wirtschaftlich, für die Restlebensdauer der Gorch Fock von 10 bis 15 Jahren mehr Geld auszugeben, als ein Neubau kosten würde“.

Erste Oppositionspolitiker senken den Daumen

Peinlich ist für Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) zudem, dass der Bundesrechnungshof ihr bescheinigt, von ihrem Haus in zwei Fällen völlig unzureichend über Lage und Kostensituation bei der Gorch Fock informiert worden zu sein. Bis April muss das Verteidigungsministerium Stellung nehmen. Dem Vernehmen nach will von der Leyen schon in vier Wochen liefern.

Auch die Opposition im Bundestag macht Druck. Für die Liberalen fordert Marie-Agnes Strack-Zimmermann, „reinen Tisch“ zu machen. Tobias Lindner (Grüne) will die Reißleine ziehen. „Wir müssen die Instandsetzung abbrechen“, sagte er unserer Zeitung. „Ein Neubau dauert fünf Jahre und wird günstiger als die Reparatur.“ Matthias Höhn (Linke) findet: „Es ist Zeit für ein Ende der Gorch Fock.“