Lena Schwelling, die Co-Chefin der baden-württembergischen Grünen, regt die Entscheidung des Kanzlers nicht auf. Foto: dpa/Stefan Puchner

Drei AKWs sollen länger laufen. Das nehmen die Grünen in Baden-Württemberg gelassen. Sie hoffen, dass die Debatte damit beendet ist. Das steht für die FDP noch nicht fest.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat bei der Frage der AKW-Laufzeiten ein Machtwort gesprochen und die Grünen in Baden-Württemberg nehmen es „mit großer Gelassenheit zur Kenntnis“, wie die Co-Landesvorsitzende Lena Schwelling unserer Zeitung sagte. Neben den Kernkraftwerken Neckarwestheim II im Landkreis Heilbronn und Isar II in Niederbayern soll auch der Reaktor Emsland bis Mitte April weiterlaufen.

Kretschmann beruhigt die Bevölkerung

Auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann nimmt die Entscheidung hin: „Ich wüsste nicht, was ich daran kritisieren sollte, dass das Kraftwerk auch noch in den Streckbetrieb kommt“, sagte er am Dienstag zum Machtwort von Kanzler Scholz. Allerdings schränkte er ein: „Ich hätte es besser gefunden, er hätte es vor der Niedersachsenwahl gesprochen. Insofern fand ich es jetzt nicht so mutig.“ Scholz habe es so gemacht. „Er wird sich was dabei gedacht haben. Ich habe damit kein Problem.“ Kretschmann beruhigte in dem Zusammenhang: „Die Bevölkerung muss keine Angst vor einem Blackout haben. Das ist so gut wie ausgeschlossen.“

Grüne: Noch ein paar Wochen laufen lassen

Die längere Laufzeit für den dritten Reaktor bereitet Lena Schwelling keine Kopfzerbrechen: „Das lässt den Blutdruck bei niemandem von uns steigen“, sagte sie. Sie verweist darauf, ohne neue Brennstäbe könne das AKW Emsland nicht länger als ein paar wenige Wochen laufen. „An diesen physikalischen Tatsachen ändert auch eine Richtlinienentscheidung nichts“.

Die Grünenpolitikerin unterstreicht: „Das Entscheidende ist, dass die Atomkraft in diesem Land zu Ende ist und dass bis dahin die vorhandenen Brennelemente noch genutzt werden können, sollten sie über den Winter benötigt werden. Das ist vernünftig und völlig in Ordnung“.

Fraktionschef lobt Verzicht auf neue Brennelemente

Auch Andreas Schwarz, der Fraktionschef der Grünen im Stuttgarter Landtag, begrüßt, „dass das Atomzeitalter mit dem klar benannten Enddatum nun bald der Vergangenheit angehören wird“ und es zu keiner Verlängerung bis 2024 komme. Atomkraft sei und bleibe eine Risikotechnologie. Schwarz lobt: „Die Entscheidung des Kanzlers auf neue Brennelemente zu verzichten, halte ich für umsichtig. Es ist richtig, dass Olaf Scholz hier der FDP nicht nachgegeben hat.“

Lena Schwelling hofft, „dass diese völlig übertrieben aufgeregte Diskussion damit nun beendet ist und wir uns wieder um die Energiewende kümmern können.“

FDP wartet ab

Das Ende der Debatte ist allerdings für Hans-Ulrich Rülke, den Fraktionschef der FDP im baden-württembergischen Landtag noch nicht gekommen. Er gibt sich allenfalls vorerst zufrieden.

Auf Anfrage unserer Zeitung sagte er: „Diese Entscheidung ist besser als der Parteitagsbeschluss der Grünen. Ob diese Laufzeitverlängerung ausreicht, ist im nächsten Frühjahr angesichts der Lage dann neu zu bewerten.“

Grüne Jugend will Machtwort nicht ohne Debatte akzeptieren

Die Grüne Jugend jedoch schüttet Wasser in den Wein und betrachtet die Debatte ebenfalls nicht als beendet: „Wir sind über die Ankündigung von Scholz irritiert und weiterhin klar gegen eine Laufzeitverlängerung des AKWs Emsland. Ein Weiterbetrieb entspricht nicht den gesetzten energiepolitischen Zielen der Bundesregierung und ist nicht nachzuvollziehen”, sagten Elly Reich und Aya Krkoutli, die Landessprecherinnen der Grünen Jugend Baden-Württemberg .

Sie fordern eine Debatte im Bundestag und sagen, „eine solch wichtige Entscheidung sollte nicht vom Kanzler ohne abgeschlossenen Diskurs in der Breite der Gesellschaft getroffen werden“.

Landeschef der Liberalen hält Entscheidung für richtig

Der FDP-Landesvorsitzende Michael Theurer twitterte: „Das Kraftwerk Emsland bleibt über den Jahreswechsel am Netz. Die richtige Entscheidung für unser Land, denn sie sichert Bezahlbarkeit und Versorgungssicherheit - übrigens auch, was die Schiene angeht.“ Der parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium betont: „10,7 Prozent des Bahnstroms in Deutschland kommt aktuell aus der Kernkraft.“