Ludwig Hartmann und Katharina Schulze lassen den grünen Teppich fliegen. Foto: dpa

Bei dieser Bayern-Wahl haben die Grünen zwei neue Helden geboren. Auf dem Weg zu einem vorderen Platz im Parteien-Gefüge hat die Ökopartei einen Riesensatz nach vorne gemacht.

Berlin -

Die Grünen hatten schon oft gute Umfragen und weniger gute Ergebnisse. Diesmal konnten sie in Bayern schon lange auf einen ziemlich sicheren Sieg hoffen. 8,6 Prozent der Stimmen hatten sie 2013. Schon bei Schließung der Wahllokale ist klar: Diesmal macht die Partei wirklich einen Riesensatz nach vorne und verdoppelt ihr Ergebnis. Dass die Stehtische in der Berliner Parteizentrale nicht wie sonst in Grün sondern in Bayrisch-Blau gehüllt sind und Servietten mit weiß-blauem Würfelmuster darauf liegen, zeigt, dass das in Berlin fast schon so erwartet wurde.

Dort wo die kulturellen Differenzen zwischen Union und Grünen am aggressivsten ausgetragen wurden, hat die Öko-Partei eine neue Hochburg. Aus Sicht der Partei hat der weiß-blaue Himmel grüne Wolken bekommen. Die Bundesvorsitzende der Grünen Annalena Baerbock wartet denn auch nicht lange, um den Wahlsieg im Süden der Republik zu kommentieren. „Einfach nur wow!“, ruft sie schon kurz nach 18 Uhr in die Kameras. Für Haltung, Menschenrechte und für Menschlichkeit sei sie tags zuvor noch in Berlin auf die Straße gegangen. „Und genau das hat Bayern gewählt.“

Grüne punkten mit Solidität, Frische und Heimat-Ton

Schnell ist an diesem Abend klar: Neben den bisherigen Grünen-Stars – dem Stuttgarter Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, dem früheren Grünen-Vorsitzenden Cem Özdemir, dem hessischen Vize-Regierungschef Tarek Al-Wazir sowie neben Annalena Baerbock und Robert Habeck als populärem Duo an der Parteispitze – haben die Grünen in Bayern zwei neue Helden: Katharina Schulze, 33, und Ludwig Hartmann, 40, haben mit ihren Slogans „Machen statt Meckern“ und „Anpacken statt Granteln“ Frische und Solidität in den Wahlkampf gebracht. Sie haben damit offenbar auch den Heimat-Ton getroffen, der in Bayern schon immer besonders wichtig war. Dass die Grünen sich als einzige Partei ganz klar von der AfD abgrenzten, hat sich für sie ebenfalls ausgezahlt. Dass Baerbock den bayerischen Wahlsieger im Eifer des Gefechts mit Ludwig Erhard verwechselt – geschenkt. Die Laune trübt das nicht.

Nicht nur in Bayern auf dem Weg zur Nummer zwei

Dass die Grünen nicht nur in Bayern ab jetzt die Nummer zwei sind, sondern die jüngsten Umfragen sie im Bund ebenfalls als zweitstärkste Kraft positionieren, passt ins Bild des überragenden Wahlsiegers. Damit ist die Partei ihrem Ziel, ihre Basis in der Mitte der Gesellschaft zu verbreitern, ein gutes Stück näher gerückt. Wenn der Trend sich in 14 Tagen bei der Hessen-Wahl fortsetzt und falls – was derzeit wegen der Schwäche der CDU aber nicht sicher ist – in Wiesbaden schwarz-grün weiterregiert werden kann, können die Grünen 2018 als ein Superwahljahr in ihrer Geschichte verbuchen. „Auf diesen Wahlkampf haben viele von uns 30 Jahre gewartet“, erklärt Baerbock in der Parteizentrale und setzt in Anspielung auf Kretschmanns berühmtes Bonmot hinzu: „Unser Teppich fliegt heute nicht nur, er macht Saltos.“