Inge Bölz berät Gründerinnen: Sie sagt, wie man sich richtig hinstellt. Foto:  

Erstmals hat es in Baden-Württemberg einen Start-up-Wettbewerb nur für Frauen gegeben. Immer noch gibt es nur wenige Jungunternehmen, die nur von Frauen gegründet wurden. Bei dem Wettbewerb gab es Tipps, die geradezu zeitlos sind – wie der Auftritt ohne Selbstzweifel.

Stuttgart - Gründen Frauen anders? Wer unter den zehn Finalisten des ersten baden-württembergischen Start-up-Wettbewerbs nur für weibliche Gründerteams nach vermeintlichen „Frauenthemen“ suchte, wurde fündig. Von einem Angebot, das Kinderbetreuung und Coworking-Gemeinschaftsbüro kombiniert, über ein Yoga-Studio, eine Anlaufstelle zur Trauerbegleitung bis zur „ersten bananenbasierten Alternative zu Frühstückscerealien“ dominierten klar eher „weiche“ Themen. Sie kommen in der von Ingenieuren beherrschten baden-württembergischen Gründerkultur manchmal zu kurz. Doch ein von Frauen betriebenes IT-Start-up für Rechnungsmanagement oder eines zum Thema Krebstherapie zeigten im Wettbewerb, dass Gründerinnen vielfältige Probleme angehen.

Frauen gründen häufig für Frauen

Doch immer noch gründen Frauen häufig für Frauen. Die Stuttgarterin Michelle Bäßler, die mit ihrem Start-up Cosi Büroarbeitsplätze und Kinderbetreuung aus einer Hand anbieten will, hat selbst erlebt, wie schwierig es nach der Elternzeit war, das Bedürfnis nach flexibler Arbeit mit Kinderbetreuung zu kombinieren. Der Clou: Sie will das im Geiste des sogenannten Coworking aufziehen, das heißt: Die Bürogemeinschaft versteht sich nicht einfach als Nebeneinander, sondern als Netzwerk, in dem gegenseitige Unterstützung selbstverständlich ist. Im normalen Coworking gilt das für die Arbeit, in ihrem Konzept auch fürs Thema Kinder.

„Das kommt insbesondere der Lebenssituation von Selbstständigen entgegen“, sagt Bäßler. Während es zumindest in einigen Unternehmen heute Betriebskindergärten gebe, sei diese Zielgruppe auf sich alleine gestellt. „Ein Vorteil des Konzepts ist es auch, dass man zwischen Arbeitsplatz und Ort der Kinderbetreuung nicht noch zusätzlich pendeln muss.“ Sie sieht die Tatsache, dass sie in einem Frauenwettbewerb gestartet ist, pragmatisch: „Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass es separate Strukturen für Männer und Frauen braucht. In diesem Sinn bin ich keine Feministin.“ Frauen seien eben ihre Zielgruppe – und da sei es praktisch, wenn die bei einem Event versammelt seien. „Und natürlich gibt mir die Tatsache, dass ich selber eine Frau bin, eine gewisse Glaubwürdigkeit.“ Am Ende landete Cosi auf Platz vier. Sieger wurde das Stuttgarter Start-up Fruchtstück mit einem Bananen-Frühstückssnack.

Reine Frauengründungen gibt es in Deutschland kaum

Die Start-up-Themen im Wettbewerb spiegelten die Statistik. Der Gründerinnen-Monitor des Bundesverbands Deutsche Start-ups hat festgestellt, dass Frauen bei Technologiegründungen stark unterrepräsentiert sind. Zudem haben nur 28 Prozent der Start-ups Frauen im ursprünglichen Gründerteam, reine Frauen-Gründungen gibt es im Gegensatz zu Männern kaum. Der erste baden-württembergische Wettbewerb nur für Gründerinnen sollte diese einmal allein ins Zentrum rücken. Der „Elevator Pitch BW“ ist ein vom baden-württembergischen Wirtschaftsministerium veranstalteter Wettbewerb, der Gründern schon in einer frühen Phase eine Tribüne bietet.

Dass das Thema Gründerinnen ein Dauerbrenner ist, zeigte allerdings die Tatsache, dass auf dem parallelen, von der IHK Region Stuttgart veranstalteten Kongress „Stuttgart gründet“ der Stuttgarter Gründerinnentag bereits sein 20-Jahr-Jubiläum feierte. Hier gaben Expertinnen des Vereins Berufliche Förderung von Frauen (BeFF) angehenden Gründerinnen einige Tipps mit auf den Weg. Ein Leitmotiv immer wieder: Mehr Selbstbewusstsein zeigen!

Frauen artikulieren ihre Zweifel manchmal zu ehrlich

Und das begann schon bei der Körpersprache. Fest auf dem Boden stehen, hüftbreit wie die Alphamänner – das war für die zur dreiminütigen Kurzpräsentation antretenden Frauen auch vor der rein weiblichen Jury und dem fast nur aus Frauen bestehenden Publikum nicht so einfach. Erhellend aus Sicht der kritischen Beobachterinnen im „Käfig der Löwinnen“ , wie die BeFF-Beraterin Inge Bölz ironisch vermerkte, war auch die Sprache selbst. „Sagen Sie doch nicht man, sondern einfach ich“, war ein Ratschlag. Oder: „Sie sagen immer ,ich möchte‘, ,ich würde‘ statt ,ich mache‘, ,ich werde‘“. Bölz, die für den Verein hauptamtlich tätig ist, hob bei einer Gründerin einen Satz hervor, der bei Männern eher untypisch ist: „Sie haben gesagt, dass sie ,erst‘ seit März gegründet haben – dabei haben sie doch schon eine enorme Berufserfahrung als Finanzberaterin!“

Einige Gründerinnen in der Landeshauptstadt wollen aus der Not eine Tugend machen. Ob die genannte Finanzberaterin oder eine ehemalige Yogalehrerin – sie möchten als Trainerinnen speziell Frauen beim Gründen oder bei der Karriereplanung unterstützen, nicht nur fachlich, sondern auch psychologisch und emotional. Die bessere gegenseitige Unterstützung der Frauen untereinander sei das, was sich in den vergangenen 20 Jahren geändert habe, sagte Bölz. Selbstbewusstsein sei für junge Gründerinnen immer noch ein wunder Punkt: „Aber Frauen sind heute viel aktiver beim Netzwerken, online wie offline.“