Die Esslinger Unternehmerin Carola Epple im Gespräch Amelie Sisic (links) und Luisa Esposito (rechts). Foto: Roberto Bulgrin

Angstpatienten, die sich vor Blut, Spritzen, Spinnen oder Höhe fürchten, kann in der Therapie mit einer VR-Brille geholfen werden. Die Idee hatte die Esslingerin Carola Epple, die Neuntklässlern des Georgii-Gymnasiums von ihrer Start-up-Gründung berichtete.

Die Geschäftsidee „Virtually There“ ist so simpel wie wirkungsvoll. Mithilfe einer VR-Brille können Angstpatienten sich in der Therapie dosiert mit ihren Ängsten auseinandersetzen und sie so irgendwann überwinden.

 

Hunderte Filme kann das Unternehmen Lab E inzwischen anbieten, zu sehen sind realistische Szenen wie die Autofahrt durch einen Tunnel, eine zappelnde Spinne, das Aufziehen einer Spritze oder der Rundumblick von einem Kirchturm – alles Situationen, von denen keine Gefahr ausgeht, die von Patienten mit Phobien aber trotzdem als so bedrohlich wahrgenommen werden, dass sie ihr Leben massiv einschränken. Ein Ansatz in der Therapie ist die sogenannte Konfrontation. Das heißt, man übt mit einem Therapeuten an der Seite, die angstauslösende Situation zu meistern. Doch oft ist das nicht oder nur mit sehr großem zeitlichen oder finanziellen Aufwand möglich.

Spinnenphobie oder Höhenangst überwinden

Depressionen, Sucht oder ADHS mit virtueller Brille behandeln

Genau hier setzt Virtually There an. „Das Erlebnis ist zwar virtuell, aber man erlebt das Gefühl von echter Angst oder Sucht“, erläuterte Carola Epple. Sie hat vor fünf Jahren Lab E gegründet. Heute ist die Esslingerin Geschäftsführerin des Unternehmens mit drei festangestellten und Dutzenden freien Mitarbeitern. Zu den internationalen Kunden gehören Kliniken und niedergelassene Psychotherapeuten. „Wir bieten mittlerweile die größte VR-Mediathek in Europa an“, sagte Epple, die früher als Business-Entwicklerin in der Medien- und Automobilbranche angestellt war. Das Besondere sei, dass es echte Filme und keine digitalen Animationen seien. Behandelt werden könnten damit nicht nur Angststörungen, sondern auch Depressionen, Suchterkrankungen oder ADHS. „Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass es funktioniert“, so Carola Epple. Zum Angebot gehören aber auch Szenarien, die vor allem zur Entspannung eingesetzt werden, wie ein Waldspaziergang oder Alpakas im Streichelzoo.

Welche Geschäftsidee funktioniert in der Schule?

Auf Einladung der Landeskampagne „Start-up BW Young Talents“ des Wirtschaftsministeriums hat die Esslinger Gründerin die Klasse 9b des Georgii-Gymnasiums besucht und dort über ihren Werdegang berichtet. Das Thema Unternehmensgründungen haben die Jugendlichen zuvor im Fach Wirtschaft, Berufs-und Studienorientierung behandelt und entsprechend fundiert waren die Fragen in dem von den Schülerinnen Luisa Esposito und Amelie Sisic moderierten Gespräch.

„Alles beginnt mit einer Idee“, sagte Carola Epple. Erfinder und Gründer sollten sich ein relevantes Problem vornehmen, für das es bis jetzt noch keine richtige Lösung gebe, erläuterte die 44-Jährige das, was man umgangssprachlich wohl Marktlücke nennt. Man müsse kein Pionier sein, aber noch besser als andere die Bedürfnisse der Kunden in den Blick nehmen. „Es ist gut, wenn es Mitbewerber gibt. Es zeigt, dass der Markt relevant ist“, findet sie. Im Unterricht hatte sich die Klasse Gedanken darüber machen, welche Geschäftsideen an ihrer Schule funktionieren könnten. Sitzkissen für die harten Stühle, Süßigkeitenautomaten oder ein Schreibwarenladen, zählte der Lehrer Hannes Fuchs auf.

„Weitermachen, wenn man an etwas glaubt“

Carola Epple wurde von ihrer Schwester inspiriert, die als Psychologin arbeitet. Einfach sei es nicht, ein Unternehmen zu etablieren. Auch wenn sie sich als Selbstständige die Zeit freier einteilen könne, sei es viel Arbeit. „Ich habe mehrfach ernsthaft ans Aufhören gedacht“, berichtete die Mutter von zwei Töchtern, die 2022 den Landespreis für weibliche Gründerinnen – den Female Founders Cup – gewonnen hat. „Aber man sollte nie aufgeben, wenn man wirklich an etwas glaubt“, gab sie den Schülerinnen und Schülern mit auf den Weg.