Auch Polizisten wären von den grün-schwarzen Sparmaßnahmen betroffen. Foto: dpa

Eigentlich wollte die CDU Tariferhöhungen ja eins zu eins an Beamte wiedergeben. Sieht sie wenige Wochen nach dem Wahlkampf die Sache plötzlich anders?

Stuttgart - Beamte, Gewerkschaften und Opposition haben sich entrüstet über die Sparüberlegungen von Grünen und CDU geäußert, die auf eine Begrenzung der Beamtenbesoldung zielen. „Die erste Duftmarke, die aus den Koalitionsverhandlungen zu Sparmaßnahmen nach außen dringt, stinkt“, erklärte Verdi-Landesvorsitzende Leni Breymaier zu einem Bericht der „Stuttgarter Nachrichten“, wonach die Tarifergebnisse für den öffentlichen Dienst zu maximal einem Prozent übernommen werden sollen. Wenn Beamten und Kommunen 1,8 Milliarden Euro des Defizits im Landeshaushalt abbauen sollten, dann sei dies ein Schlag ins Gesicht für diejenigen, „die seit Monaten am Anschlag arbeiten“.

Grund für eine Klage

Auch der Beamtenbund kündigte Widerstand an. Wenn die Ergebnisse für die Tarifbeschäftigten dauerhaft nicht zu 100 Prozent auf die Beamten übertragen würden, sei das ein Grund für eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht, sagte Landeschef Volker Stich. Überdies sei mit seinem Verband nicht gesprochen worden. Die CDU hatte im Wahlkampf eine zeit- und inhaltsgleiche Übernahme der Tarifergebnisse für die Beamten propagiert.

„Was ist aus den Forderungen als Opposition geworden?“, fragte auch Rüdiger Seidenspinner, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei. „So schnell wurden Wahlversprechen noch nie mit Füßen getreten.“ Die Landtags-SPD, die künftig in der Opposition sein wird, forderte Grüne und CDU zu einer sozial ausgewogeneren Politik auf. „Die geplanten Einschnitte lassen jedes sozial verantwortliche Augenmaß vermissen“, erklärte Fraktionschef Andreas Stoch. Die neue Koalition müsse vor allem den Bedürfnissen der niedrigen Besoldungsgruppen entgegenkommen.

Der DGB Baden-Württemberg kritisierte die Sparpläne ebenfalls: „Wenn die neue Landesregierung gleich zu Beginn ihre eigenen Beschäftigten vor den Kopf stößt, wird der Neustart zur Fehlzündung“, warnt die stellvertretende Landesvorsitzende, Gabriele Frenzer-Wolf. „Die Koalitionsparteien hatten versprochen, dass die neue Regierung Baden-Württemberg weiter voranbringt. Hierfür sind sie auf die 240 000 Beamtinnen und Beamten der Landesverwaltung und die gut 220 000 Beschäftigten in den Kommunen angewiesen. Dazu gehört eine faire Bezahlung.“ Sollte der Anstieg der Besoldung gedeckelt werden, würden die Beamtinnen und Beamten dauerhaft von der Einkommensentwicklung der Tarifbeschäftigten abgekoppelt.

Kostentreiber

Der Gemeindetag Baden-Württemberg wehrt sich gegen die Pläne, auch die Kommunen zur Haushaltssanierung des Landes heranzuziehen. Betrachte man das von der Landesregierung errechnete strukturelle Defizit genauer, werde schnell klar, dass die Kommunen es nicht mit verursacht hätten, erklärte Präsident Roger Kehle. Es sei eindeutig festzustellen, dass einer der Hauptkostentreiber die Flüchtlingskrise sei. Der andere vermeintliche Kostentreiber, der Pakt für Familien, sei in Wahrheit eine neue Einnahmequelle der Landesregierung. Zu dessen Finanzierung sei die Grunderwerbssteuer erhöht worden, es flössen Bundeszuschüsse, und es bleibe in diesem Bereich sogar ein Plus im Haushalt des Landes.

Einzig der Bund der Steuerzahler unterstützt die Überlegungen, den Rotstift auch bei den Personalausgaben anzusetzen. „Es ist illusorisch zu meinen, man könne das strukturelle Defizit im Landeshaushalt abbauen, ohne die Personalausgaben in den Blick zu nehmen“, heißt es in einer Mitteilung. Das Nettoeinkommen der Beamten steige überproportional, wenn Tarifabschlüsse eins zu eins übernommen würden, denn Beamte zahlten weder für die Renten- noch für die Arbeitslosenversicherung. Die verfassungsrechtliche Bedenken des Beamtenbunds teilt der Bund der Steuerzahler nicht.

In Baden-Württemberg läuft seit Montag die entscheidende Phase zur Bildung einer grün-schwarzen Regierung. Grüne und CDU kamen am Mittwoch im Staatsministerium in Stuttgart zusammen, um die Liste mit den noch strittigen Themen anzugehen. Auch müssen die Parteien Prioritäten bei ihren Wünschen setzen, weil die finanziellen Spielräume im Landeshaushalt sehr eng sind.