Die grün-schwarze Koalition in Baden-Württemberg ist sich noch nicht darüber einig, wie sie mit dem Fahrverbots-Urteil umgehen will. Foto: dpa

Die grün-schwarzen Gespräche über den Umgang mit dem Fahrverbots-Urteil haben bislang zu keiner Einigung geführt. Von einer Koalitionskrise will aber niemand sprechen.

Stuttgart - Die grün-schwarze Regierungskoalition ringt um den Umgang mit dem Fahrverbots-Urteil des Stuttgarter Verwaltungsgerichts. Der Koalitionsausschuss am Freitag kam zu keinem Ergebnis - die Gespräche wurden vertagt, wie Regierungssprecher Rudi Hoogvliet sagte. Einen neuen Termin gibt es demnach noch nicht.

Hoogvliet kündigte aber an, dass die Koalition auf jeden Fall bis zur Deadline, die am 4. Oktober (Dienstag) ist, eine Entscheidung treffen will. Auf die Frage, ob dies eine Koalitionskrise sei, sagte er: „Nein“. Es handele sich einfach um ein komplexes Thema. Die Koalition muss darüber entscheiden, ob sie das Urteil annimmt, Berufung einlegt oder die Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht wählt.

Die Grünen wollen das Urteil am liebsten annehmen. Die CDU befürwortet hingegen eine Berufung, um das Urteil inhaltlich und juristisch prüfen zu lassen. Beide Seiten hatten bislang aber eine Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht nicht ausgeschlossen, so dass dies als möglicher Kompromiss erschien. Bei einer Sprungrevision würden nur die rechtlichen Aspekte des Urteils gegengecheckt. Die Gespräche seien „ergebnisoffen“ vertagt worden, sagte Hoogvliet.

Die Landesregierung will Fahrverbote verhindern

Das Verwaltungsgericht Stuttgart hatte Ende Juli entschieden, dass die vorgesehenen Maßnahmen für die Landeshauptstadt nicht reichten, um die seit Jahren vor allem mit Stickoxiden und Feinstaub verschmutzte Luft nachhaltig zu bessern. Somit drohen Fahrverbote für alte Diesel-Autos, die als Hauptverursacher von Stickoxiden gelten. Fahrverbote will die Landesregierung aber verhindern.

Warum es am Freitag keine Einigung gab, blieb zunächst unklar. In der Runde sei stillschweigen vereinbart worden, hieß es. Möglicherweise pochte die CDU aber stärker als bislang von den Grünen erwartet auf eine Berufung. Die CDU-Politiker verbinden mit diesem Rechtsmittel die Hoffnung, dass bei einem neuen Urteil kürzlich geplante Maßnahmen berücksichtigt werden könnten. Dazu zählen insbesondere Software-Updates für Diesel-Autos, die die Industrie angekündigt hat. Kritiker halten die Software-Updates aber für nicht ausreichend, um die Luft wesentlich sauberer zu bekommen. Auch das Verwaltungsgericht Stuttgart hatte erklärt, dass es ohne Fahrverbote nicht geht.

Zu den rechtlichen Fragen, die insbesondere in einer Sprungrevision geklärt werden könnten, gehört die, ob das Land Fahrverbote in Eigenregie umsetzen kann, wenn der Bund nicht handelt, obwohl er eigentlich zuständig wäre. Das Verwaltungsgericht Stuttgart war der Meinung, das Land könne selbst Zonen einrichten, in die ältere Diesel nicht fahren dürften. Dieser Aspekt ist aber strittig.

SPD-Landtagsfraktionschef Andreas Stoch kritisierte, die grün-schwarze Koalition sei nicht handlungsfähig. „Bei einem der wichtigsten aktuellen Themen hat sie nicht die Kraft, eine Lösung im Interesse des Landes und seiner Menschen zu finden.“ Er selbst sprach sich für eine Berufung aus - ebenso wie FDP-Landtagsfraktionschef Hans-Ulrich Rülke. „Einmal in der Legislaturperiode sollte sich die CDU gegen die Grünen durchsetzen“, meinte Rülke.

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