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Sicherheitsmängel im Stresstest: Älteste deutsche Kernkraftwerke stehen vor dem Aus.

Stuttgart/Berlin - Die Landesregierung sieht sich von einer Reaktorüberprüfung in ihrer Auffassung bestätigt, dass ältere Kraftwerke große Sicherheitsmängel haben. Philippsburg I soll deshalb nie wieder ans Netz.

"Bei der Auslegung der Anlage wurde kein Flugzeugabsturz vorgesehen", heißt es im dem 116-seitigen Bericht der Reaktorsicherheitskommission, den Bundesumweltminister Norbert Röttgen am Dienstag in Berlin vorgestellt hat. Die Kommission selbst gibt zwar keine Empfehlung für das Abschalten einzelner Reaktoren, Röttgen deutete jedoch das Aus für mindestens vier der 17 deutschen Anlagen an. Biblis A und B sowie Brunsbüttel und Philippsburg I hätten "keine nachgewiesene Sicherheitsauslegung". Keiner der 17 Reaktoren erfüllt dem Bericht zufolge in allen Prüfkriterien die höchsten Anforderungen.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfrid Kretschmann (Grüne) rechnet deshalb mit dem endgültigen Abschalten von Philippsburg I. Der Betreiber EnBW hatte den Reaktor Neckarwestheim I bereits im März vom Netz genommen, weil sich weitere teure Sicherheitsauflagen wirtschaftlich nicht mehr rechnen. Solche Auflagen kündigte Landesumweltminister Franz Untersteller (Grüne) nun auch für Philippsburg an: "Die Betonhülle zu verstärken und den Meiler technisch nachzurüsten, würde Investitionen im oberen dreistelligen Millionenbereich nach sich ziehen." Die nicht ausreichenden Sicherheitsreserven seien folglich "das K.o.-Kriterium" für den Weiterbetrieb von Philippsburg I.

Die ENBW wollte den Bericht nicht kommentieren. Die fehlende Energie werde an der Strombörse in Leipzig hinzugekauft, sagte eine Sprecherin. Dabei handle es sich "sicherlich auch um Importstrom".

Diese Konsequenz sieht Kretschmann allerdings mit Skepsis: "Der Ausstieg darf nicht dazu führen, dass wir dauerhaft Strom importieren." Er dürfe auch nicht dazu führen, dass die Atomkraft durch Kohlekraft ersetzt werde. Außerdem dürfe es nicht zu einer Explosion der Strompreise kommen. Am wichtigsten sei jedoch, dass der Ausstieg unumkehrbar sei. "Alle müssen sicher sein können, dass es dann auch endgültig aus ist mit der Atomkraft in Deutschland", sagte Kretschmann. Die beiden verbleibenden Reaktoren im Südwesten, Neckarwestheim II und Philippsburg II, sollten "nach und nach" abgeschaltet werden. Kretschmann rechnet nicht damit, dass sich die EnBW gegen weitere Sicherheitsauflagen juristisch zur Wehr setzt.