Die größte Photovoltaik-Freiflächenanlage der Region Stuttgart soll hoch über dem Remstal auf dem Schönbühl in Weinstadt entstehen. Foto: Gottfried Stoppe

Nach jahrelangen Verhandlungen wurde das ehemalige Jugendheim doch noch an die Stadtwerke Weinstadt verkauft. Jetzt soll im Rems-Murr-Kreis die größte Freiflächen-Photovoltaik der Region entstehen.

Nach dem jahrelangen Ringen um die Zukunft des Schönbühls in Weinstadt soll ein gigantisches Photovoltaik-Projekt den Durchbruch bringen: Die Stadtwerke in Weinstadt erwerben das Areal der früheren Jugendhilfeeinrichtung und werden hoch über dem Remstal den größten Solarpark der Region Stuttgart errichten. Geplant ist eine Freiflächen-Anlage mit einer Leistung von etwa 10 Megawatt-Peak. Das entspricht laut einer Mitteilung der Stadt einem Jahresertrag von 10,5 Millionen Kilowattstunden und kann den Strombedarf von rechnerisch 2625 Vier-Personen-Haushalten abdecken.

Weinstadts Oberbürgermeister Michael Scharmann sieht in den erfolgreichen Verkaufsverhandlungen nicht weniger als einen Meilenstein der Stadtgeschichte: „Endlich gibt es eine vernünftige und auch zukunftsweisende Lösung für den Schönbühl. Für Weinstadt ist das ein Quantensprung beim Ausbau von erneuerbaren Energien“, freut sich der Rathauschef über den Kauf.

Möglich geworden war die Einigung, weil der aktuelle Eigentümer Thomas Barth den Stadtwerken auch nach Rathausdarstellung sicht einen deutlichen Schritt entgegengekommen war. Über konkrete Konditionen des Grundstücksdeals oder den Kaufpreis für das Areal wurde am Montag nichts bekannt.

Der Bürgermeister will den Solarpark so bald wie möglich

„Es lohnt sich, auch über Jahre hinweg und bei Schwierigkeiten am Ball zu bleiben und gemeinsam an einer guten Lösung zu arbeiten“, sagt der Oberbürgermeister über den Deal. Der Rathauschef würde den Solarpark liebend gerne schon im Jahr 2025 in Betrieb nehmen. Die Freiflächen-Anlage auf dem Schönbühl könnte gut elf Prozent des aktuellen Strombedarfs in Weinstadt decken. Bisher sind in der Remstal-Kommune 737 PV-Anlagen mit einer installierten Leistung von 7038 Kilowatt-Peak in Betrieb.

Thomas Meier, Erster Betriebsleiter der Stadtwerke, spricht von einem Schlüssel-Projekt, das Weinstadt und die Stadtwerke nach vorne bringen werde. Er kündigt an, dass sich auch die Bevölkerung finanziell an dem Projekt beteiligen können solle. Nach dem Motto „starke Stadtwerke – starke Stadt“ sei es erklärte Strategie, in den nächsten Jahren in erheblichem Umfang und unterschiedlicher Ausprägung auch Bürgerbeteiligung an verschiedenen Projekten der Stadtwerke zu ermöglichen. „In Weinstadt werden wir gemeinsam und nur gemeinsam die Energiewende voranbringen“, sagt Meier.

Der letzte wichtige Notartermin hatte am Gründonnerstag stattgefunden. Damit ist der Kaufvertrag für das Gelände auf dem Schönbühl nun unverhofft doch noch in trockenen Tüchern. Noch 2021 hatte der Eigentümer der früheren Jugendhilfeeinrichtung ein Preisangebot der Stadt als „unterirdisch“ bezeichnet und abgelehnt. Als wichtiger Unterschied zur einst für den Schönbühl ins Auge gefassten Wohnbebauung gelten die Entwicklungspläne für den Solarpark.

Renaturierung und Solarpark auf dem Schönbühl

Stadt und Stadtwerke planen im Moment, die Gebäude des Jugendheims abzubrechen, den Schönbühl weitgehend zu renaturieren und auf dem Areal einen Freiflächen-Solarpark mit mindestens zehn Megawatt Peak aufzubauen – mehr als alle bisher auf den Dächern in Weinstadt installierten Anlagen. Die Idee eines Solarparks hatten die Stadtwerke Weinstadt schon vor Monaten selbst ins Gespräch gebracht, allerdings war damals vom Steinbruch Beutelstein in Endersbach, einer schwäbischen „Route du Soleil“ entlang der B 29 sowie einer Waldwiese im Schnaiter Gewann Vogtshau die Rede.

Der Unternehmer Thomas Barth hatte den Schönbühl im Jahr 2014 gekauft. Das ehemalige Heim für schwer erziehbare männliche Jugendliche stand da bereits seit Ende 2002 leer. Der Unternehmer aus dem Welzheimer Wald kam bei dem Immobiliengeschäft zum Zug, weil die Stadt Weinstadt unter Federführung von Ex-OB Jürgen Oswald eine entscheidende Frist verpasste, um ihr Kaufangebot nachzubessern. Barths Pläne für eine ökologische Mustersiedlung mit 40 Wohneinheiten aber scheiterten am Widerstand im Gemeinderat und der Stadtverwaltung, ebenso wie der Nachfolgeplan von 2017, auf dem Schönbühl 200 bis 250 Wohneinheiten zu bauen.

Dann entbrannte auch noch ein öffentlich ausgetragener Streit um die Wasserversorgung des Schönbühls, der erst drei Jahre später beigelegt wurde. Im Herbst 2020 gab es beim Bebauungsplanentwurf ebenfalls eine Einigung, eine moderate Bebauung mit 13 Wohnhäusern schien damals in greifbarer Nähe zu sein – doch dann scheiterte alles letztlich doch an unterschiedlichen Kaufpreisvorstellungen zwischen der Stadt und dem Unternehmer aus Kaisersbach.