Die Vaihinger Bezirksbeiräte und die Anwohner befürchten, dass mit der Realisierung des Garden Campus der Verkehr im Stadtteil noch zunimmt. Foto: Steidle Architekten und Realgrün Landschaftsarchitekten

Die Entwürfe für den Garden Campus auf dem ehemaligen IBM-Areal sind überarbeitet. Der Bezirksbeirat übt dennoch Kritik an dem Megaprojekt. Größte Sorge bleibt der Verkehr. Die Politiker vermissen Ideen zur Entlastung der Straßen.

Vaihingen - Pläne für den Verkehr auf dem Gelände gibt es bereits: Er soll größtenteils unsichtbar stattfinden. „Wir wollen die Autos, so gut es geht, von der Oberfläche verbannen“, erklärte Architekt Johann Spengler vom Münchner Büro Steidle im Bezirksbeirat Stuttgart-Vaihingen. Unterirdisch sollen Parkhäuser für die Bewohner, Beschäftigten und Besucher des Garden Campus entstehen. Oberirdisch erschlossen werden soll der neue Stadtteil mit dem Bus, vielleicht auch über die angedachte Seilbahn. Dafür hat die Stadt bereits eine Machbarkeitsstudie beauftragt. Für das Areal entwickle man Mobilitätskonzepte, versicherten Spengler und Jürgen Gießmann, Beiratsvorsitzender des Investors, der Schweizer SSN Group AG. Die Aufsiedlung des Gebiets neben dem Autobahnkreuz Stuttgart sei „eines der spannendsten Projekte in der Region“, sagte Gießmann, die Realisierung eine Gemeinschaftsaufgabe der Bauherren und Architekten, der Stadt und des Bezirks.

Weiteres Verkehrschaos befürchtet

Die Vaihinger Lokalpolitiker bemängelten an dem überarbeiteten Entwurf, dass zwar der Verkehr auf dem Gelände geordnet werden soll, es aber keine Pläne für die Anbindung des neuen Stadtteils an den Bezirk gibt. „Die Stadt hat kein Mobilitätskonzept für Vaihingen. Das wird Ihr Projekt schwierig machen“, sagte Volker Weil (FDP). Er appellierte an die Planer, sich mit der Stadt zusammenzusetzen. Dem stimmte Eyüp Ölcer (Freie Wähler) zu. „Das Projekt steht und fällt mit dem Mobilitätskonzept.“ Die Pascalstraße, über die der Garden Campus erschlossen werden soll, sei bereits heute stark befahren. Es sei anzunehmen, dass mit der Aufsiedlung der Verkehr noch zunehme. „Wie wollen Sie das realisieren ohne ein Verkehrschaos?“, fragte Ölcer. Die Zufahrt auf das Gelände, erklärte Johann Spengler, solle über vier Knotenpunkte an der Pascalstraße erfolgen. Die Autos sollen gleich am Eingang des Campus in die unterirdischen Garagen gelenkt werden.

Verkehrsaufkommen muss gesteuert werden

„Das ist ein schönes Konzept für den Verkehr innerhalb des Quartiers, aber nicht dafür, wie der Verkehr im Bezirk funktionieren soll“, sagte Gerhard Wick (SÖS/Linke-plus). Er forderte dazu auf, schnelle Lösungen für die tagtäglichen Staus zu finden. „Man kann nicht erst bauen und dann schauen, was man mit dem Verkehr macht. Es muss umgekehrt sein“, sagte Wick. Er fand das Projekt prinzipiell überdimensioniert für den Standort, auch, weil die Gebäude die Kaltluftschneise zubauten. „Das Verkehrsaufkommen muss gesteuert werden“, ergänzte Klaus Spieske (Grüne). Bereits beim vorigen Mieter, der IBM, habe es an der Anbindung des Eiermann-Campus an den Stadtbezirk gemangelt. Dafür sah er auch in den Entwürfen von Steidle Architekten keine Lösung. „Das Problem wird sich mit der Aufsiedlung eklatant verstärken“, ergänzte Volker Schweitzer (Grüne).

Bei aller Kritik am fehlenden Verkehrskonzept lobten die Bezirksbeiräte den Entwurf an sich. Die Verbindung von Wohnen und Gewerbe sei gelungen, das Konzept für die Nutzung der denkmalgeschützten Gebäude und des Ausbaus des Quartiers sei gut. „Der Entwurf ist supergenial, wäre das Projekt nicht in Vaihingen“, sagte Eyüp Ölcer. Nur Linus Fuchs (SPD) plädierte dafür, konstruktiv mit dem Projekt umzugehen.

Stadt arbeitet an einer Lösung

Michael Hausiel vom Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung versicherte, die Verwaltung arbeite intensiv an einer Lösung des Verkehrsproblems. Dazu gehöre etwa auch, die Gründgensstraße abzuhängen und zur Stichstraße zu machen. Von Süden her sollen dann nur noch Radfahrer einfahren können, aber keine Autofahrer mehr, die die Straße laut Klagen der Anwohner bereits als Schleichweg nutzen. „Der Verkehr wird sicher noch verschärft mit dem neuen Quartier. Aber das Quartier kann nicht die Lösung für ganz Vaihingen bringen“, sagte Markus Weise von der Firma Fichtner Water and Transportation, einem Planungs- und Beratungsunternehmen für Infrastrukturprojekte. Man sei in Gesprächen mit der Stadt und versuche, das Thema zu bewältigen.

Gerhard Wick stellte einen Antrag zur Geschäftsordnung, dem Sitzungsprotokoll eine Meinungsäußerung der Bezirksbeiräte anzuhängen. Den Punkten „der Bezirksbeirat begrüßt die geänderte Zielsetzung der Bebauung des ehemaligen IBM-Areals mit dem Schwerpunkt Wohnungsbau und Infrastruktureinrichtungen“ und „eine Weiterführung der Bauplanung kann nach Auffassung des Bezirksbeirats erst erfolgen, wenn für Vaihingen ein Verkehrskonzept vorliegt, das eine deutliche und realisierbare Verringerung des innerörtlichen motorisierten Individualverkehrs erwarten lässt“ simmten die anderen Bezirksbeiräte mehrheitlich zu.

Garden Campus

Projekt Auf dem ehemaligen IBM-Areal soll ein Quartier entstehen, das Wohnen und Gewerbe verbindet. Es sollen 1400 Wohneinheiten gebaut werden. 20 Prozent sollen öffentlich geförderte Wohnungen sein. In einem Schleifenhaus zur Autobahn hin könnten bis zu 400 Studentenwohnungen Platz finden. Insgesamt sollen bis zu 4000 Menschen in dem Areal leben. Die vier denkmalgeschützten „Eiermänner“ sollen erhalten bleiben.

Infrastruktur Auf dem Gelände sollen auch ein Nahversorger, ein Stadtteilzentrum, ein Pflegeheim mit 90 Plätzen, ein Hotel, vier Kitas und eine Grundschule mit einer öffentlich nutzbaren Sporthalle gebaut werden. Im Zentrum soll ein Park mit Wasserfläche zur Verfügung stehen, das Waldgebiet im Inneren des Areals bleibt erhalten.

Planung und Kosten Baubeginn für das Großprojekt soll 2020 sein. Das Investitionsvolumen wird derzeit auf mehr als 900 Millionen Euro geschätzt.