Der Neckarweihinger Faschingsumzug ist ein echter Publikumsrenner. Doch in diesem Jahr müssen alle darauf verzichten. Foto: Werner Kuhnle

Der Neckarweihinger Faschingsumzug ist einer der großen im Kreis Ludwigsburg. Doch in diesem Jahr fällt er der Bundestagswahl zum Opfer. Das ist auch ein finanzieller Schlag für die Mistelhexen als Organisatoren.

Es war zu befürchten: Als Ende November der 23. Februar als Termin für die Bundestagswahl bekannt gegeben worden war, zeichnete sich schon ab, dass damit der Faschingsumzug im Stadtteil Neckarweihingen gefährlich ins Wanken geraten würde. Denn an genau diesem Tag sollte sich auch der närrische Lindwurm durch zentrale Straßen winden. Weil dadurch aber ein Teil des Ortes abgeschnitten würde, wären Wahllokale nicht mehr ungehindert erreichbar gewesen, sagt Stefan Diefenbach, der Zunftmeister der Neckarweihinger Mistelhexen, die den Umzug organisieren.

 

Dass Wahllokale problemlos erreichbar sind, ist aber immens wichtig, weil sonst die Wahl anfechtbar wäre. „Nicht nur das“, sagt Stefan Diefenbach. „Als dann auch noch ein Schreiben des Städte- und Gemeindetags mit dem Hinweis kam, dass alle Wahllokale mit dem Auto erreichbar sein müssten, erschwerte das alles zusätzlich.“ Man sei in intensivem Austausch mit der Ersten Bürgermeisterin der Stadt, Renate Schmetz, gewesen, die als gebürtige Rheinländerin ein großes Herz für den Faschingsumzug habe. Doch alle Überlegungen wie etwa, die Umzugsstrecke zu ändern oder Wahllokale zu verlegen, hätten letzten Endes zu keinem brauchbaren Ergebnis geführt.

Alternative Bärenwiese ist nicht umsetzbar

Zwischenzeitlich habe man überlegt, den Umzug in die Kernstadt zu verlegen und vom Schloss in Richtung Bärenwiese zu marschieren oder um die Bärenwiese herum – das wäre aber wegen der notwendigen Straßensperrungen zu kompliziert gewesen. Auch der Plan, nur auf der Bärenwiese zu marschieren, sei gescheitert, in diesem Fall am Veto des Landes, dem die Grünanlage gehört. Und schließlich könne auch der allerletzte Plan, auf den Parkplätzen der Bärenwiese – die wiederum von den Stadtwerken betrieben werden – eine tolle Faschingsparty zu veranstalten, nicht umgesetzt werden. Man habe der Stadt im November ein Grundkonzept dafür vorgelegt, eine Rückmeldung aber erst kürzlich bekommen. Und die verbleibende Zeit sei jetzt zu kurz, um noch eine richtig gute Veranstaltung organisieren zu können.

Mit der Absage des Umzugs haben die Ehrenamtlichen zum einen jede Menge Arbeit in den Sand gesetzt. „Wir waren fertig mit den Vorbereitungen“, sagt Diefenbach. „In der Woche, bevor der Wahltermin bekannt gegeben wurde, hatten wir unser letztes Vorgespräch mit der Stadtverwaltung, Polizei und Feuerwehr.“

Zum anderen bedeutet die Absage aber auch eine finanzielle Einbuße für den Verein – und das innerhalb relativ kurzer Zeit nach Corona, als auch kein Umzug stattfinden konnte. „Wir haben ja nur eine relativ kurze Zeitspanne, um in Erscheinung zu treten“, erklärt der Zunftmeister. Deshalb ist der Umzug auch unsere Haupteinnahmequelle – und das ist ein Betrag im fünfstelligen Bereich.“

Zum einen seien das die Gewinne aus der Bewirtung, zum anderen auch durch die Umzugsanstecker, welche die Zuschauer erwerben könnten. Zwar sei das freiwillig, man könnte den Umzug auch kostenlos sehen, doch die meisten würden trotzdem zahlen. „Sie wissen, dass solch eine Veranstaltung auch viel Geld kostet – von der Müllentsorgung über Straßenabsperrungen und Gema-Gebühren. Da muss man mit knapp 25 000 Euro kalkulieren, um mit einer Schwarzen Null rauszukommen.“

Genau diese Unkosten waren aber auch ein wichtiger Grund dafür, dass man nicht auf einen anderen Termin gerückt ist. „Da ist es besser, ganz abzusagen, als Miese zu machen. Denn wir wissen ja auch nicht, was wir bei einer kurzfristigen Terminverlegung an anderen Fasnetsgruppen bekommen; die haben ja auch ihren Zeitplan. Und ohne die ganzen Gruppen – wir reden da von 2000 bis 3000 aktiven Teilnehmern – ist der Umzug auch für die Zuschauer nicht so attraktiv.“ Außerdem ist da noch der Faschingsumzug in Murr eine Woche später und der in Kornwestheim eine Woche früher; so viele Möglichkeiten einer Verschiebung gibt es also gar nicht.

Kinderfasching findet wie geplant statt

Diefenbach ist zuversichtlich, dass der Umzug in den nächsten Jahren wieder stattfinden kann. Mit einer Einschränkung: „Denn die Bundestagswahlen werden ja dann auf absehbare Zeit immer in der Faschingszeit stattfinden. Da muss man schauen, wen es dann am Wahlsonntag trifft“, sagt er.

Immerhin bleibt ein kleiner Trost: „Wir hatten am 6. Januar einen schönen Saisonauftakt in Eglosheim. Und auch der Kinderfasching und der Brauchtumsabend am Samstag können stattfinden.“