In drei Stunden waren die 120 Tische aufgebaut: Schachclub-Präsident Mario Born (rechts) und Pressewart Hans-Peter Remmler an einem der Spieltische Foto: Eibner//Alessandro Marcigliano

Zwischen den Jahren steigt auf der Hulb das große Schachturnier Böblinger Open. Dann trifft sich dort wieder eine recht kuriose Szene.

Die „Böblinger Eröffnung“, das wäre es natürlich. Im Schach sind ja unzählige Varianten und Untervarianten möglich, um das Spiel zu machen. So hat es die Spanische Eröffnung schon in den Sprachgebrauch geschafft, die Sizilianische Verteidigung ist eher was für Kenner. Benannt werden die Varianten nach berühmten Spielern einer Nationalität – oder Turnieren, auf denen diese zu spektakulären Siegen führten. „Eine Böblinger Eröffnung gibt es noch nicht, aber wir arbeiten daran“, sagt Mario Born mit einem Augenzwinkern, der in diesem Jahr das 38. Böblinger Open im 39. Jahr organisiert. Spielort ist das Rilano Hotel auf der Böblinger Hulb, vormals Mercure.

Turnierstart mit Kalkül

„Das ist das einzige Hotel in der Gegend mit so einem großen Saal“, sagt Born als er seinen Blick durch den großen Konferenzraum schweifen lässt. „Hier stehen allein 90 Tische für die Partien, es gibt aber noch drei weitere Räume, sodass wir auf 120 Tische kommen.“ Er und zehn Helfer des Böblinger Schachclubs haben schon am Donnerstag innerhalb von drei Stunden alles aufgebaut. In der Lobby sägen und hämmern noch die Handwerker, da das Hotel mit der neuen Führung auch einen neuen Boden erhalten hat. Bis zum Turnierstart am zweiten Weihnachtsfeiertag soll alles fertig sein.

„Dann machen wir vom Schachclub abends den Getränkeausschank an der Bar, da trifft man sich und analysiert“, sagt der 59-Jährige. Warum es eigentlich schon am 26. Dezember um 9.15 Uhr losgeht, wo Ottonormalbürger noch die Weihnachtsgans vom Vortag verdaut? Born: „Wir spielen neun Runden nach dem Schweizer System. Eine Runde dauert bis zu fünf Stunden, also dauert das Turnier viereinhalb Tage.“ Um rechtzeitig am 30. Dezember durch zu sein, habe man den 26. als Starttag gewählt.

Unvergessene Schachromanze

„Schachspieler seien ohnehin häufig Singles, die stört das nicht weiter“, sagt Born. Das Böblinger Turnier ziehe Teilnehmer aus der ganzen Welt an, die dem Rilano zwischen den Jahren die Zimmer füllen. Die wären in dem Businesshotel sonst verwaist. „Das ist eine Win-Win-Situation.“ Deshalb sponsere das Hotel das Turnier großzügig und macht es so überhaupt möglich. Den Start um 9.15 Uhr habe man deshalb angesetzt, damit es auch die Spieler rechtzeitig an den Tisch schaffen, die mit der S-Bahn kommen.

In Summe 240 von ihnen werden also zwischen den Jahren das Hotel in Beschlag nehmen. Es ist eine Szene mit Eigenheiten. „Wenn der Frauenanteil mal bei zehn Prozent liegt, ist es schon viel“, sagt Pressewart Hans-Peter Remmler. „Dieses Jahr haben wir nur vier weibliche Teilnehmerinnen.“ Schach sei nach wie vor eine Männerdomäne. Die seien außerdem „manchmal speziell und meistens alleinstehend“, sagt Remmler. Allerdings könne der Sport auch die Geschlechter verbinden.

„Wir hatten mal den Fall, dass das Hotel ausgebucht war, deshalb mussten sich die beiden Spieler Alexander Naumann und Nadine Ziemann ein Zimmer teilen. Danach wurden sie ein Paar, heute sind sie glücklich verheiratet und haben zwei Kinder“, sagt Mario Born. Unter sich bleiben will die Schachszene nicht: Das Turnier ist für Publikum offen. Spannend dürfte es vor allem zum Ende hin werden: Am 30. Dezember steigt am Nachmittag die Finalrunde, die Siegerehrung ist auf 20.30 Uhr angesetzt.