Die Läuferin Alisia Freitag von der TSG Esslingen hat allen Grund zur Freude.Foto: Rafael Treite Alisia Freitag hat allen Grund zur Freude.   Foto: Treite

Die 16-Jährige von der TSG Esslingen ist bundesweit eines der größten Lauftalente. Kürzlich wurde sie Deutsche Meisterin über 1500 Meter Hindernis. Am Samstag fliegt sie ins Trainingslager nach Kenia.

Esslingen - Es gibt viele sportliche Jugendliche, die davon träumen, an Olympischen Spielen teilzunehmen. Für die 16-jährige Esslingerin Alisia Freitag scheint er etwas realistischer zu sein, als für die meisten ihrer Altersgenossen. Denn die Leichtathletin der TSG Esslingen ist in ihrer Altersklasse bereits jetzt die beste 1500-Meter-Hindernisläuferin Deutschlands. Den Titel hat sie jüngst bei den Deutschen Meisterschaften in Rostock gewonnen. Gegen ihre Zeit von 4.48,15 Minuten – württembergischer Landesrekord – kam keine der 16 Konkurrentinnen an. Doch damit sind selbst die Nahziele der Schülerin, die die Esslinger Zollbergrealschule besucht, noch lange nicht erschöpft, denn im nächsten Jahr will sie als 17-Jährige bei der U 20-Europameisterschaft starten.

„Flach laufen kann eigentlich jeder“

Wenn der Trainer Rafael Treite über die von ihm betreute Läuferin Alisia Freitag spricht, kommt er regelrecht ins Schwärmen ob ihrer Fähigkeiten im Stadionrund. „Total intuitiv“ laufe sie ihre Rennen über die Hindernisse und den Wassergraben. Aber nicht nur in dieser Disziplin: über 800 Meter flach hält die 16-Jährige den Kreisrekord, über 5000 Meter ist sie die Landesmeisterin, über 1500 Meter flach hat sie den Süddeutschen Meistertitel eingeheimst. Doch als ihre Lieblingsstrecke bezeichnet sie jene über die Hindernisse. „Flach laufen kann eigentlich jeder“, sagt sie. Und regelmäßig nasse Füße zu bekommen, mache ihr nichts aus.

Bei dieser Präferenz liegt es nahe, dass Gesa Felicitas Krause, die am Sonntag in Berlin in einem grandiosen Rennen Europameisterin wurde, ihr großes Vorbild ist. Alisia war bei deren Triumph sogar live dabei – „auf Höhe des Wassergrabens“, wie sie begeistert berichtet. Und noch mehr dürfte sie gefreut haben, dass sie nach dem Rennen ein Autogramm ihres Idols Gesa Felicitas Krause ergattern konnte.

In die Sphären der deutschen Vorzeige-Leichtathletin vorzustoßen, könnte der jungen Esslingerin durchaus gelingen. „Schon heute läuft Alisia die 800 Meter und die 1500 Meter Hindernis schneller als Felicitas in diesem Alter“, berichtet Rafael Treite nicht ohne Stolz. Und er hat auch noch einen kleinen zusätzlichen Motivationsschub für seinen Schützling parat: „Könnte Alisia ihre 1500 Meter-Hinderniszeit zweimal laufen, wäre sie damit bei der EM in Berlin über 3000 Meter Hindernis in den Endlauf gekommen.“

Das ist freilich rein hypothetisch. Real aber ist, dass man im Württembergischen und im Deutschen Leichtathletikverband längst auf das Riesentalent aus Esslingen aufmerksam geworden ist. Alisia ist bereits Mitglied im Landeskader, der im Stadion Festwiese in Bad Cannstatt trainiert, und nach der Deutschen Meisterschaft ist sie auch in den Bundeskader berufen worden. Pro Woche kommen schon sechs Trainingseinheiten für die ehrgeizige 16-Jährige zusammen. Wobei das „im Vergleich zu anderen Athletinnen moderat“ sei, wie Rafael Treite betont.

Allerdings hat nicht jede Leichtathletin in ihrem Alter die Gelegenheit, im Läuferland Kenia zu trainieren. Alisia ist das vergönnt, am Samstag hebt der Flieger mit fünf weiteren Esslinger Nachwuchssportlern und ihrem Trainer Rafael Treite in Richtung Afrika ab. Drei Wochen lang wohnen und trainieren die Jugendlichen in einem geschützten Camp in einem kleinen kenianischen Dorf auf 2700 Meter Höhe – zum Teil gemeinsam mit einheimischen Sportlern.

Der Abflug nach Kenia rückt näher

Rafael Treite war bereits vor drei Jahren dort und kennt die Gegebenheiten. Er hat den Kontakt zu dem Camp über Athleten des befreundeten österreichischen Laufvereins Run2gether hergestellt, der sich einer „Mischung aus Leistungssport und Charity“ verschrieben habe. Die Reise werde deshalb nicht nur genutzt, um in der Höhenluft zu trainieren, sondern auch um Gutes zu tun, sagt Rafael Treite. Er werde dort mit von ihm gesammelten Spendengeldern den Dorfbewohnern Gaskocher kaufen. Denn Brennholz sei dort so knapp wie Geld – das durchschnittliche Monatseinkommen liege bei 30 Euro. Die Gasflaschen ließen sich relativ günstig ersetzen oder befüllen.

Natürlich bekommen die sportlichen Afrika-Touristen aus Esslingen in den drei Wochen nicht nur die Laufbahn zu sehen. Das Training werde so gestaltet, dass auch Zeit und Gelegenheit bleiben, um Land und Leute kennenzulernen, verspricht der Trainer Rafael Treite. Alisia gibt zu, „ganz schön aufgeregt“ zu sein, je näher der Abflug rückt. Es werden wohl noch viele Trainingslager auf sie warten, wenn sich ihr „größter Wunsch“ erfüllen soll, einmal bei Olympischen Spielen dabei zu sein. Ganz unrealistisch ist er nicht.