Der Sanierungsstau bei der Esslinger Straßenbeleuchtung hat sich zuletzt immer weiter aufgebaut. Nun gibt es in vielen Bereichen Handlungsbedarf, an manchen Stellen müssen Lampen abgeschaltet werden. Die Stadt tut sich mit einer raschen Lösung schwer.
Wenn es draußen dunkel wird, verlässt man sich gerne darauf, dass einem an Straßen, Wegen und Plätzen ein Licht aufgeht: Die Straßenbeleuchtung spielt in der kommunalen Infrastruktur eine wichtige Rolle. Doch in manchen Esslinger Straßenzügen bleibt es derzeit dunkel. Das städtische Beleuchtungsnetz ist in die Jahre gekommen, manche Bereiche müssen aus Sicherheitsgründen abgeschaltet werden. Im Rathaus weiß man um diesen Missstand, der bei betroffenen Anwohnerinnen und Anwohnern für Ärger und Verdruss sorgt. Doch die Probleme, die sich in langen Jahren summiert haben, lassen sich nicht von heute auf morgen abstellen: Der Sanierungsbedarf ist groß, die Kassen sind knapp, und selbst wenn die nötigen Mittel bereitstehen, fehlt es oft an Personal und Material. Für die Sanierung der Straßenbeleuchtung in zwei Bereichen von Hohenkreuz und Oberesslingen hat der Verwaltungsausschuss des Gemeinderats nun 530 000 Euro zusätzlich bereitgestellt. Das ist erst der Anfang – aus den Reihen des Gemeinderats kommt Druck, die Straßenbeleuchtung auf Vordermann zu bringen.
Unliebsame Überraschungen
Dass das Beleuchtungsnetz der Stadt Esslingen in weiten Bereichen in sanierungsbedürftigem Zustand ist, hat das Tiefbauamt den Stadträtinnen und -räten schon im vergangenen Jahr deutlich gemacht. Um den genauen Sanierungsbedarf zu ermitteln, werden nun die einzelnen Schaltbezirke aufwendig untersucht. Dabei gibt es immer wieder unliebsame Überraschungen – etwa in Hohenkreuz, wo zuletzt umfangreiche Mängel festgestellt wurden.
Dort fanden die Fachleute heraus, „dass die Verkabelung dieser Wege abschnittsweise für die Passanten eine Gefahr darstellt“. Denn die vorhandenen Kabel sind zu dünn und entsprechen nicht mehr den aktuellen Vorschriften – die Gefahr von Kurzschlüssen besteht. „Im Schadensfall löst die Sicherung nicht schnell genug oder im schlimmsten Falle gar nicht aus“, erklärte Marc Ströbele vom Tiefbauamt nun im Verwaltungsausschuss. Bei solchen Diagnosen müssen die betroffenen Bereiche bis zur Erneuerung umgehend abgeschaltet werden. Erst wenn die gesamte Verkabelung erneuert ist, Masten und Sicherungen ausgetauscht wurden und die vorhandenen Lampen auf moderne LED-Technik umgerüstet ist, werden die Lichter wieder angeknipst. Allein für die nötigen Arbeiten im Schaltbezirk Hohenkreuz muss die Stadt rund 450 000 Euro bereitstellen. Für Gefahrenstellen soll es eine provisorische Beleuchtung geben.
Handlungsbedarf hat die Bauverwaltung auch bei einer Untersuchung des Schaltbezirks um die Brandenburger Straße und die Magdeburger Straße in Oberesslingen festgestellt, wo sich ähnliche Mängel wie in Hohenkreuz zeigten. Aus Sicherheitsgründen musste bereits Anfang 2022 die Beleuchtung am Fußweg zwischen der westlichen Magdeburger Straße und der oberhalb verlaufenden Brandenburger Straße vom Stromnetz getrennt werden. Um diesen Bauabschnitt wieder auf den nötigen technischen Stand zu bringen, hat der Verwaltungsausschuss nun weitere 80 000 Euro bewilligt.
„Sicherheit – ein hohes Gut“
Dass einzelne Straßenabschnitte wegen technischer Mängel abgeschaltet werden müssen, hat im Verwaltungsausschuss einigen Staub aufgewirbelt. Carmen Tittel (Grüne), die selbst von solchen unfreiwilligen Dunkelzonen betroffen ist, sprach von einer Zumutung für die Anwohner: „Es kann nicht sein, dass die Menschen im Dunklen unterwegs sein müssen.“ Und an die Stadtverwaltung gerichtet forderte sie: „Lassen Sie sich etwas einfallen.“ Christa Müller (SPD) sieht das ähnlich: „Sicherheit ist für die Bürgerinnen und Bürger ein hohes Gut. Warum dauert es so lange, solche Mängel zu beheben?“ Für Annette Silberhorn-Hemminger (Freie Wähler) ist es zwar nachvollziehbar, dass sich die Stadt angesichts von Lieferengpässen und Fachkräftemangel im Handwerk derzeit schwertut, in den betroffenen Bereichen rasch grundlegend zu sanieren. Trotzdem steht für sie fest: „Dieser Zustand ist nicht tragbar. Wir sollten schauen, dass wir zumindest eine gute Zwischenlösung finden, um rascher Abhilfe zu schaffen.“ Tim Hauser (CDU) verwies darauf, „dass die Probleme mit der Esslinger Straßenbeleuchtung schon lange vor Corona und dem Ukrainekrieg bestanden“. Mit Rena Farquhar (FDP) ist er sich einig, dass die Stadt auch in die Zukunft denken und Voraussetzungen für künftige Entwicklungen schaffen muss, wenn sie ihre Straßen saniert.
Den Vorschlag von Martin Auerbach (Linke), im Ausschuss für Technik und Umwelt vertieft über Lösungsmöglichkeiten zu sprechen, nahm OB Matthias Klopfer auf: „Eine funktionierende Straßenbeleuchtung ist ein wesentlicher Teil der Daseinsvorsorge und der Sicherheit in unserer Stadt.“ Trotzdem könne er mit Blick auf den massiven Sanierungsstau und die Probleme, die nötigen Fachfirmen zu bekommen, keine schnelle Lösung versprechen. Die Stadt tue ihr Möglichstes – mit Blick auf die Finanzen und die verfügbaren handwerklichen Ressourcen steht für Klopfer allerdings auch fest: „Es wird einige Jahre dauern, bis wir mit unserer Straßenbeleuchtung wieder auf Stand sind.“
Die Esslinger Straßenbeleuchtung
System
Die Esslinger Straßenbeleuchtung zählt rund 12 000 Leuchtstellen, die über Erdkabel oder Freileitungen gespeist und in Schaltbezirke unterteilt werden. Jeder Schaltbezirk ist in Schaltkreise aufgeteilt und wird über einen Schaltkasten mit Strom versorgt. Dort sind Absicherungen installiert, die die Schaltkreise überwachen und die Beleuchtung ein- und ausschalten. Aktuell gibt es 123 Schaltbezirke mit insgesamt 442 Schaltkreisen.
Entwicklung
Das heutige Netz der elektrischen Straßenbeleuchtung wurde größtenteils in den 1950er- und 1960er-Jahren aufgebaut. Im Laufe der Jahre wurde das Netz immer wieder um zusätzliche Gebiete oder Strecken erweitert, die oft einfach an Bestehendes angeknüpft wurden.
Technik
Die Kabel wurden in den äußeren Stadtbezirken aus Zeit- und Kostengründen meist nicht in Rohren geführt. In der Innenstadt laufen die Kabel großenteils in Rohren. Die meisten Masten und Leuchten wurden seit den 1980er-Jahren erneuert. Inzwischen läuft die Umrüstung auf LED.
Zustand
1990 übernahmen die Neckarwerke die Straßenbeleuchtung, 2013 ging sie zurück in den Besitz der Stadt Esslingen. „In diesem Zeitraum wurden die technischen Anlagen nur rudimentär unterhalten“, hat das Tiefbauamt 2022 im Ausschuss für Technik und Umwelt berichtet. „Die allernötigsten Reparaturen wurden umgesetzt, Arbeiten an Schaltstellen und Verkabelungen fanden kaum statt.“