Ehrenvorsitzender Armin Hüttermann (von links), Bildhauer Thomas Duttenhoefer, Vorsitzender Rainer Abbenseth, Ex-Astronaut Ernst Messerschmid, Festredner Nico Sneeuw, Bürgermeister Jan Trost und Landrat Dietmar Allgaier sind bereit für die Geburtstagsfeier. Foto: Ralf Poller/Avanti

Das 300. Wiegenfest des Marbacher Wissenschaftlers Tobias Mayer wurde mit einem Festakt, einer feinen Ausstellung und einer besonderen Überraschung eröffnet.

Dass in Marbach der Kreis der Tobias-Mayer-Verehrer wächst, wurde am Freitagabend offenbar. Den Festakt zum 300. Wiegenfest des vielseitigen Forschers in der Stadthalle wollten sich rund 400 Besucher nicht entgehen lassen. Mit Ernst Messerschmid war darunter sogar ein früherer Astronaut, der den Wissenschaftler in seinem Grußwort in eine Reihe mit dem berühmte(re)n Astronomen Johannes Kepler stellte.

 

Schon in der Schule sticht das Talent hervor

Großer Bahnhof hatte schon zuvor vor Mayers Geburtshaus geherrscht, wo das Feierjahr offiziell eingeläutet wurde. Rund 100 Gäste lauschten einem Stück des örtlichen Liederkranzes, dessen Text der Jubilar einst verfasst und Chorleiter Wolfgang Jauch vertont hat. Zudem bekamen die Zuschauer eine Einführung in das Leben des Mathematikers, Astronomen und Geografen, die dessen beachtliches Talent herausstellte: schon in der Schule war der aus einfachen Verhältnissen stammende Marbacher ein Überflieger. Der Ehrenvorsitzende des Mayer-Vereins Armin Hüttermann erinnerte ferner an die wohl größte Leistung des Genies: seinen bahnbrechenden Forschungen zum Längengrad war es zu verdanken, dass man die eigene Position bestimmen konnte, und das ohne Navi. „Das Problem hat die klügsten Köpfe der Welt über viele Jahrhunderte vor ein Rätsel gestellt“, sagte später Ernst Messerschmid.

An die Grundlagen, die Mayer mit seinen Erkenntnissen für nachfolgende Generationen geschaffen hat, knüpfte auch Nico Sneeuw, Professor für Erdvermessung an der Universität Stuttgart, als Festredner an. „Tobias Mayer selbst war auch ein Geodät“, sagte der Niederländer, der ausführte, was seine Branche heute via Satellitentechnik zu leisten imstande ist. Sneeuw erläuterte, dass im Zusammenspiel zwischen Höhen- und Schweremessungen aus dem All der globale Wasserkreislauf beobachtet werden kann. Dazu zeigten Langzeitmodelle, wie die Eiskappen schmelzen und wo die frei werdenden Wassermassen die Pegel besonders steigen lassen. Die wissenschaftlichen Nachfahren Mayers sind also in der Lage, die Auswirkungen des Klimawandels zu dokumentieren. Wobei ihre Erkenntnisse eher Angst einflößen: „In Grönland verschwinden pro Jahr ungefähr 280 Eiswürfel mit einer Kantenlänge von einem Kilometer“, sagte Sneeuw.

Künstler nähert sich dem Wissenschaftler an

Wesentlich kleiner und doch imposant ist die Büste, die Thomas Duttenhoefer im Auftrag des Mayer-Vereins von dem Jubilar angefertigt hat. Für den renommierten Bildhauer eine eher ungewöhnliche Aufgabe, hatte er es doch seither vor allem mit lebenden Modellen wie Mario Adorf zu tun. Umso mehr musste er sich Mayer „einverleiben, mich ihm annähern“. Duttenhoefer modellierte einen modernen Mayer, der nur halbseitig eine Perücke trägt, womit der Künstler zeigen will: hier ist einer, der einen Weg zurückgelegt hat, aus armen Verhältnissen in einen höheren Stand. Hüttermann und dem Mayer-Verein-Vorstand Rainer Abbenseth war es vorbehalten, die Büste zu enthüllen.

Ein Original geht an den Verein

Gleich am nächsten Tag durfte sich der Verein über ein weiteres Kleinod freuen. Im Rahmen der Eröffnung einer Ausstellung mit privaten Briefen der Familie des Wissenschaftlers übergaben Nachfahren ein original Pastellbild, das den Forscher zeigt.

Die sehenswerte Schau selbst wurde von Armin Hüttermann konzipiert. 18 Briefe sind im Mayer-Museum in der Altstadt zu sehen. Sie sind zwischen 1780 und 1862 entstanden. Ein besonderes Schmankerl ist dabei das älteste Exemplar. Mayers Frau Maria Victoria schreibt an den ältesten Sohn Johann Tobias. Sie rät dem Zögling unter anderem, es mit der Heirat nicht zu überstürzen. „Ein typischer Mutterbrief“, sagt Hüttermann schmunzelnd. Natürlich hat der Sohnemann die Empfehlung in den Wind geschlagen und kurz darauf den Bund der Ehe geschlossen.

Briefe von Mayer selbst sind nicht dabei

Auch die anderen Exponate sind hervorragende Quellen zur Alltagsgeschichte. „Das Thema in der Zeit ist vor allem das Kindersterben“, erklärt Hüttermann. So tauscht sich der Mayer-Clan aus, wer verschieden ist. „Mayer selbst hatte acht Kinder, von denen nur zwei überlebt haben“, weiß der Fachmann. Von dem Jubilar selbst sind übrigens nur zwei Briefe mit halbwegs privaten Charakter bekannt, die sich aber an seinem späteren Wirkungsort Göttingen befinden und sich im Kern um universitäre Dinge drehen, also nicht ins Konzept gepasst hätten.

Feier für einen Forscher

Bedeutung
 Tobias Mayer war Kartograf, Astronom und Mathematiker. Seine Forschungen waren nicht zuletzt für die Vermessung der Welt von immenser Bedeutung. Er wurde am 17. Februar 1723 in Marbach geboren, wuchs in Esslingen auf und lehrte an der Universität Göttingen. Am 20. Februar 1762 starb er an Faulfieber.

Höhepunkte
 Sein 300. Geburtstag wird in Marbach mit diversen Veranstaltungen das ganze Jahr über gefeiert. Mayer-Fans dürfen sich unter anderem auf Führungen, Workshops und eine Mondscheinlesung freuen. Die Ausstellung mit den Briefen im Mayer-Museum ist bis zum 30. Juli zu sehen.