Der Schlosshof in Ludwigsburg ist am Samstag mit 10 000 Menschen restlos ausverkauft gewesen, wo viele Bands der 90er-Jahre ein Gastspiel gaben. Foto: factum

Die Stars der 90er Jahre treten auf, von Snap über Mr. President bis Culture Beat. 10 000 Menschen unterschiedlicher Generationen feiern. Viele Bands begeistern, aber manche sind nicht mehr auf der Höhe der Zeit.

Ludwigsburg - Für einen Moment Star sein: Ein Fan mit mintgrün-violettem Jogginganzug darf auf die Bühne und wird frenetisch gefeiert. „Applaus für Markus aus Ludwigsburg“, ruft der Frontsänger der Gruppe Masterboy, Thomas Schleh alias Klubbingman. Wer bei den stampfenden Beats der Eurodance-Musik noch nicht mental in der Zeit von vor 25 Jahren war, der ist es in diesem Augenblick.

Masterboy war eine der vielen Bandprojekte, die in den Jahren von 1989/90 an von Produzenten aus dem Boden gestampft wurden. Wenige Akkorde, ein eingängiger Refrain, Beats mit Anlehnung an die Techno-Szene, ein Mann rappt, eine Frau singt: Dieses Konzept prägte die Discomusik der 90er-Jahre. Doch was ist aus den Gruppen inzwischen geworden?

Die meisten Zuschauer sind über 40

Die Antwort gibt es bei den Music Open im Schloss Ludwigsburg, rund 10 000 Zuschauer strömen am Samstag in den ausverkauften Innenhof. Die meisten sind offenbar Zeitzeugen über 40, wie eine kleine Umfrage des Masterboy-Sängers zeigt. Doch viele Discokracher früherer Zeit sind über die Spotify-Listen auch der jüngeren Generation bekannt. Und so feiern die Fans, die sich wieder ganz jung fühlen, zusammen mit denen, die es tatsächlich sind.

Die Mischung ist vielversprechend: Von Culture Beat über Mr. President bis zu Snap sind viele Größen angekündigt, und alle kommen zu dem Acht-Stunden-Spektakel. Die Ludwigsburger Agentur Eventstifter darf sich als Veranstalter freuen, denn nicht alle Konzerte der Music Open sind ausverkauft.

Nicht jeder Star der 90er ist aber noch auf der Höhe der Zeit. Eine Enttäuschung etwa ist der Mr-President-Sänger Lazy Dee. Was hatte diese Formation nicht für Smash-Hits! Doch Lazy Dee spielt nur einen echten davon, „Coco Jambo“, den dafür gleich zwei Mal. Er stapft unmotiviert mit einer sehr blonden Sängerin daher, deren Stimme gegenüber der Originalinterpretin von einst, Lady Danii, doch sehr zu wünschen übrig lässt. Ganz anders Penny Ford von Snap, die sich mit dem Rapper Stoli frisch und energiegeladen gibt – und sich irgendwann sogar unters Publikum mischt, wo fleißig Selfies gemacht werden.

Masterboy hat Wurzeln in Baden-Württemberg

Den sympathischsten Auftritt geben allerdings Masterboy. Die schwäbische Gruppe gibt es tatsächlich noch, Rapper Klubbingman und Sängerin Trixi Delgado erwecken auch nicht den Eindruck, als seien sie noch 25. Sie stimmen den Hit „Land of Dreaming“ erst einmal A cappella mit dem Publikum an – und beweisen Ironie: „Wir waren nämlich in den 90ern schon alt“, sagt der 55-jährige Schleh grinsend. Ja, es gab in der oft als oberflächlich abgetanen Dancefloor-Szene echt gute Musiker.

Als es dunkel wird, beginnt es in Strömen zu schütten. Doch das hält die meisten Zuschauer nicht davon ab, zu einer fulminanten Bühnenshow von 2 Unlimited im Regen zu tanzen. In coolem Schwarz-Weiß-Outfit vollführt Ray Slijngaard auf der Bühne echte Kickbox-Einlagen, und die Menge brüllt beim Refrain „Techno, Techno, Techno, Techno“. So war das auch vor 25 Jahren, als der Song auf jeder Party und in jedem Tanzlokal lief. Es geht Schlag auf Schlag: Die Disco-Ikone Kate Ryan tänzelt mit strass-bestückten Stilettos über die Bühne, und dann taucht Jasmin Wagner alias Blümchen mit zwei riesigen, weißen Einhörnern auf der Bühne auf. „Ich bin wieder hier“, schmettert sie, die Stimme elektronisch bis zum Anschlag verstärkt.

Blümchen: Eine Show wie im MTV-Video

„Es ist wunderbar, mit euch im Regen zu stehen“, sagt die 39-Jährige im roten Lackmantel. Wie in den MTV-Clips der 90er ist alles inszeniert, egal ob der „Kleine Satellit“ piept oder „Herz an Herz“ geschmachtet wird. Blümchen hat als einzige Gruppe des Abends ein echtes Comeback geschafft. Spät am Abend intonieren Culture Beat dann „Mr. Vain“. Dumm nur, dass der Morgen nach der Party nicht mehr leicht ist wie vor 25 Jahren. . .