Auf dem Weg zur Vernunftehe? Martin Schulz und Angela Merkel kommen sich langsam näher... Foto: dpa

Union und SPD haben sich auf einen straffen Fahrplan für die Sondierungen geeinigt. Am 7. Januar sollen die Gespräche über eine Neuauflage der großen Koalition beginnen.

Berlin - Eigentlich sollte es ja alles schneller, kompakter und zielgerichteter gehen als in den endlosen Jamaika-Sondierungen. Aber aus dem Treffen der Spitzen von Union und SPD, bei dem es eigentlich nur um die Organisation kommender Sondierungen gehen sollte, wurde dann doch wieder sehr ausführlich debattiert – stundenlang. Wir fassen den Stand der Dinge zusammen.

Wie sieht der Fahrplan aus?

Im Januar soll es losgehen. Aber noch nicht gleich. Die CSU-Landesgruppe trifft sich vom 4. bis 6. Januar zur traditionellen Klausurtagung im Kloster Seeon. Das ist für die Partei stets ein wichtiges Treffen, um programmatische Festlegungen zu treffen. Die möglichen Koalitionäre nehmen darauf Rücksicht. Es geht also erst am 7. Januar mit den Sachverhandlungen los. Dazu sind nun 15 Themenschwerpunkte vereinbart worden. Ganz oben auf der Liste stehen „Finanzen und Steuern“. Ab dem 7. Januar wollen beide Seiten dann aber richtig aufs Tempo drücken. Bis zum 12. Januar sollen die Sondierungen dauern. Die SPD hat ihren Sonderparteitag nach hinten verschoben – auf den 21. Januar. Der soll dann formell über die Aufnahme von richtigen Koalitionsverhandlungen entscheiden. Die könnten sich nochmal ziemlich hinziehen. Im Falle erfolgreicher Verhandlungen rechnet Carsten Schneider, der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, mit einer Regierungsbildung „bis Ostern“.

Gibt es auf beiden Seiten rote Linien?

Es gibt auffallend wenig Vorfestlegungen. Das ist dann vielleicht auch eine Lehre aus den gescheiterten Jamaika-Runden. Klar ist, dass die Union auf der schwarzen Null besteht und keine Steuererhöhungen mitmachen will. Ganz sicher ist eine Ausweitung der Zuwanderung mit ihr nicht zu machen. Die SPD unterschreibt andererseits sicher keine starre Obergrenze. Sie dringt zwar auf mehr Gerechtigkeit im Gesundheitswesen. Aber es fällt neuerdings eine gewisse Flexibilität beim Thema Bürgerversicherung auf. Die Union würde die Abschaffung der Privaten Krankenkassen sicher nicht akzeptieren. Es ist deshalb ein Signal, wenn SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil darauf hinweist, dass gesetzliche Versicherte „oft keinen schnellen Termin beim Facharzt bekommen“ und viele Menschen nicht verstünden, „warum sie bei der Krankenversicherung mehr zahlen als ihr Arbeitgeber“. In diesen Punkten wären pragmatische und gesichtswahrende Lösungen sicher vorstellbar.

Wie ist die Stimmung in den Parteien?

Die Union freut sich über die (bis auf Weiteres) hergestellte Einigkeit zwischen CDU und CSU. Man wird also geschlossen verhandeln können. Allerdings entbrennt gerade eine höchst interessante Debatte darüber, was eigentlich passiert, wenn es nicht zu einer großen Koalition kommen würde. Es gibt Berichte, wonach der ehemalige Bundestagspräsident Norbert Lammert im kleinen Kreis die Prognose aufgestellt habe, dass es zu Neuwahlen kommen werde – mit neuem Spitzenpersonal. Das bedeutete das Ende der Ära Merkel. Lammert dementiert. Dennoch ist die Debatte nicht ganz zu stoppen. Auffallend ist, dass sich nun die saarländische Ministerpräsidentin Annette Kramp-Karrenbauer deutlich positioniert hat: Wenn die große Koalition scheitert, dann werde es Neuwahlen geben, hat sie gesagt. Manche weisen darauf hin, dass Kramp-Karrenbauer dann selbst als Kanzlerkandidatin gehandelt wird. Bringt sich da also jemand in Stellung? Es gibt jedenfalls Gegenreaktionen. Daniel Günther, der Ministerpräsident aus Kiel, will im Falle des Groko-Scheiterns viel lieber nochmal über Jamaika reden. Vielleicht auch um Merkel zu retten. Immerhin sieht er sich zu der Bemerkung genötigt, dass es „Unfug“ sei, nun den Rücktritt der Kanzlerin zu fordern. In der SPD kehrt in der Frage der Sondierungen nach dem Parteitag erstmal Ruhe ein. Auch Malu Dreyer, die auf dem Parteitag noch für eine tolerierte Minderheitsregierung geworben hatte, sagt nun, die SPD habe „keine Angst“ zu regieren. Es sei auch nicht so, „dass die SPD sich nach Opposition sehne“. Die Partei arbeitet sich derzeit eher an Sigmar Gabriels provokanten Thesen ab.

Zeichnen sich eigentlich schon Personalentscheidungen ab?

Nein, gar nicht. Andrea Nahles hat erneut betont, dass sie auch im Falle einer großen Koalition nicht ins Kabinett eintreten werde. In der Union ist man sich einig, dass frische Gesichter in einer künftigen Regierung vertreten sein müssten. Jens Spahn wird da immer genannt, manchmal auch Julia Klöckner. In der SPD hört man ähnliches. Dort fällt der Name der Innenpolitiker Eva Högl gelegentlich.