Ein Film über das Londoner Bandenwesen sorgt für Schlagzeilen – dabei geht es nur am Rande um den Film. Foto: dpa/Michael Kappeler

Nach einer wüsten Schlägerei in einem Kino im englischen Birmingham nehmen zwei Kino-Ketten den Film, „Blue Story“ aus dem Programm. Kritiker sprechen von Rassismus.

Birmingham - Der Film „Blue Story“ über das Londoner Bandenwesen, der am vergangenen Wochenende in Großbritannien angelaufen ist, sorgt auf der Insel für Schlagzeilen. Bei der Premiere des Films in Birmingham begannen rund hundert Jugendliche eine Prügelei, die von der Polizei nur mit Mühe beendet werden konnte. Im Laufe der Schlägerei wurden mehrere Beamte verletzt. Die Polizei setzte Taser-Pistolen ein. Zwei Macheten und ein Messer wurden sichergestellt, sechs Teenager, darunter ein 13-jähriges Mädchen und ein 14-jähriger Junge, vor Ort festgenommen. Polizeibeamte der zuständigen West-Midlands-Polizei nannten den Vorfall den wohl schlimmsten, der ihnen je vorgekommen sei. Die Prügelei hatte am Samstagnachmittag um 17.30 Uhr im Kino-Foyer des Freizeitzentrums „Star City“ begonnen. Einige der Teenager drangen offenbar ohne Bezahlung in den Kinobereich ein.

Panik löste das Geschehen unter Eltern und Kindern aus, die sich zur gleichen Zeit dort aufhielten, um sich den Disney-Film „Die Eiskönigin 2“ anzuschauen. Eine Mutter, die mit ihrer Tochter im Kino war, erklärte, der Vorfall sei „einer der furchterregendsten Momente“ ihres Lebens gewesen. „Bewaffnete Polizei marschierte auf, mit Laser-Kanonen, und all die Leute, die sich prügelten, rannten in die Kinosäle hinein und versteckten sich – ich zittere immer noch“.

Überrascht von den Gewalttätigkeiten, stoppte nicht nur „Star City“ die Veranstaltung. Die Kinoketten Showcase und Vue Cinemas, die zusammen über etwa 120 Kinos in Großbritannien verfügen, strichen „Blue Story“ gleich ganz aus dem Programm. Eine andere Großkette – Odeon – erklärte, sie werde den Film weiter zeigen, habe aber „eine Reihe von Sicherheitsvorkehrungen“ getroffen, damit sich so etwas wie in Birmingham nicht wiederhole.

Kritiker werfen den Kino-Ketten Rassismus vor

Empört reagierten freilich der Filmemacher und Filmkritiker auf die Absetzung. Eine direkte Verbindung zwischen dem Film und den Prügeleien lasse sich nicht herstellen, fanden sie. Regisseur Andrew Onwubolu – in England unter dem Namen „Rapman“ bekannt – beteuerte, in „Blue Story“ gehe es „nicht um Gewalt, sondern um Liebe“. Er könne nur hoffen, dass die Schuld für die Ausschreitungen in „Star City“ den daran Beteiligten und nicht seinem Film zur Last gelegt werde.

Tatsächlich erzählt „Blue Story“ die Geschichte der Rivalität gewalttätiger Straßengangs in Süd-London. Filmexperten haben den Streifen durchweg gelobt. Die BBC pries ihn als außergewöhnliches, von der Kritik gefeiertes Feature-Debüt, das sich mit der Sinnlosigkeit von Banden-Gewalt beschäftigt. Es sei „vollkommen lächerlich“, dass die beiden Kino-Ketten den Film aus dem Verkehr gezogen hätten, urteilten die Kommentatoren. Einige Kritiker fragten sich sogar, ob der Beschluss rassistische Untertöne habe. Die Kino-Konzerne müssten erklären, warum sie der Öffentlichkeit „schwarze Kunst und schwarze Künstler vorenthalten“ wollten, meinte der Aktivist Umar Kankiya. Die Kino-Kette Vue wehrte sich am Montag mit dem Hinweis darauf, dass es nicht nur in Birmingham, sondern vielerorts in den ersten 24 Stunden nach Anlaufen des Films zu Zwischenfällen gekommen sei. Die West-Midlands-Polizei beeilte sich zu erklären, dass sie niemandem zu einem Absetzen des Films geraten habe: „Voreilige Schlüsse ziehen wir nicht.“